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Decret über die Militair-Conscription im Königreich Westphalen, 25. April 1808
Grundsätze

Art. 1. Jeder Westphälinger ist verbunden, sein Vaterland mit den Waffen zu vertheidigen, sobald der König ihn dazu auffordert.

Art. 2. Die Armee wird theils durch militairische Conscription, theils durch freywillige Werbung gebildet.

Art. 3. Die Anzahl der auszuhebenden Conscribirten beruhet auf der Kenntniß von der der Armee abgehenden Mannschaft.


Erste Section: Von der militairischen Conscription.

Art. 4. Die militairische Conscription erstreckt sich auf alle westphälische Unterthanen, vom vollendeten zwanzigsten bis zum zurückgelegten fünf und zwanzigsten Jahre.

Art. 5. Die militairische Conscription hat mit dem ersten Januar 1808 ihren Anfang genommen, und jeder westphälische Unterthan, der in diesem Zeitpunkte sein zwanzigstes Jahr vollendet hatte, aber noch nicht in das sechs und zwanzigste eingetreten war, ist conscribirt.

Art. 6. Gleichwohl sollen in den Conscriptions-Listen d i e s e s J a h r e s nicht aufgeführt werden:
1) Die Westphälinger, welche schon gegenwärtig Waffen tragen;
2) diejenigen, welche ihr Corps ohne einen besondern Abschied verlassen haben ... [die Deserteure]
3) Alle Westphälinger, welche am ersten April dieses Jahres bereits verheirathet waren;
4) diejenigen desselben Alters, welche Wittwer oder geschieden sind, sobald sie Kinder haben,
5) diejenigen Officiers desselben Alters, welche durch Entlassung oder Verabschiedung außer Dienst gekommen sind;
6) jeder Staatsdiener, wie auch jeder Religionslehrer, welcher die heiligen Weihen hat.

Art. 7. Die Conscribirten werden in fünf Classen abgetheilt.
Die erste umfaßt alle nicht ausgenommenen westphälischen Unterthanen, welche am ersten Januar jedes Jahres ihr zwanzigstes Jahr zurückgelegt haben:
die zweyte Classe diejenigen, welche zu derselben Zeit ihr ein und zwanzigstes Jahr;
die dritte die, welche zu derselben Zeit ihr zwey und zwanzigstes Jahr,
die vierte die, welche zu derselben Zeit ihr drey und zwanzigstes Jahr, und endlich
die fünfte Classe diejenigen, welche zu derselben Zeit ihr vier und zwanzigstes Jahr vollendet haben. [...]

Art. 8. Um der Armee die zur Ergänzung der Stämme erforderliche Mannschaftsanzahl zu verschaffen, muß eine jede Classe bey der ersten Aushebung in folgenden Verhältnissen beytragen:
Die erste Classe, drey Zehntel,
Die zweyte Classe, drey Zehntel,
Die dritte Classe, zwey Zehntel,
die vierte und fünfte Classe, jede ein Zehntel.

Art. 9. Um in den vorbestimmten Verhältnissen die erforderliche Anzahl herbeizuschaffen, soll in jeder Classe von den Conscribirten gelooset werden.

Art. 10. So oft keine außerordentliche Aushebung statt findet, und die Recrutirung bloß zur Absicht hat, die ertheilten Abschiede zu ersetzen und die Stämme nach dem Friedensfuß zu ergänzen, soll die erste Classe allein die verlangten Contingente stellen, hingegen in dem Falle einer Vermehrung des Hauptbestandes der Armee oder einer außerordentlichen Aushebung bey Gelegenheit eines Krieges, sollen auch die vier übrigen Classen, eine nach der andern, dazu ihren Beytrag geben.

Art. 11. Die im Dienste sich befindenden Conscribirten erhalten in Friedenszeiten ihren Abschied, wenn sie ihr 25stes Jahr zurückgelegt haben. [...]

Art. 13. In gewöhnlichen Zeiten wird jährlich ein Fünftel der Armee durch Recrutierung erneuert, weswegen dann auch nach diesem Verhältnisse die Abschiede in der Armee ertheilt werden müssen, und zwar dergestalt, daß vorzugsweise die Aeltesten im Dienste, ferner solche, die zur Betreibung eines nützlichen Gewerbes geschickt, die zur Unterstützung der Familie unentbehrlich geworden sind und endlich ganz vorzüglich diejenigen, welche eine schlechte Gesundheit haben, entlassen werden sollen.

Art. 14. Die Unterpräfekten sind unter der Aufsicht des Präfecten mit allem, was sich auf die Abfassung der Listen der Conscribirten bezieht, beauftragt. [...]

Art. 15. Zuerst sollen die Maires, jeder für seine Municipalität, eine Liste verfertigen. [...]
Jeder vermöge seines Alters in der Conscription Begriffene muß, der bestimmten Befreyungsgründe ungeachtet, sich selbst stellen [...]

Art. 47. Von der Conscription sind befreyt:
1) Diejenigen, welche nicht die Größe von 1 Metre 544 Millimeter (oder 4 Fuß 9 Zoll) haben;
2) Diejenigen, welche mit einem wesentlichen physischen Fehler, der sie zum Militairdienste durchaus untauglich macht, behaftet sind;
3) Diejenigen, welche an einem Hauptfehler in den vorzüglichsten Organen leiden.
4) Der einzige Sohn 60jähriger Eltern oder einer Witwe, sofern er zu der Erhaltung [Unterhaltung] dieser Personen notwendig ist. Dieser Fall soll nach den den Maires der Gemeinde gegebenen, und von den Unterpräfecten beglaubigten Bescheinigungen beurtheilt werden;
5) der Aelteste einer, aus unmündigen, elternlosen Kindern bestehenden Familie, der die Geschäfte derselben besorgt, ihr Vermögen verwaltet oder ihren Handel betreibt [...].
6) Unsere Pagen und die Zöglinge Unserer königlichen Militairschule;
7) jeder allein übrigbleibende Sohn einer Familie, welche bereits zwey Söhne unter den Fahnen verlohren hat; und endlich
8) jeder Sohn einer Familie, welche drey Söhne unter den Fahnen verloren hat.

Art. 48. Jeder Conscribirte kann einen Andern statt seiner stellen, in so fern Wir nicht durch ein Decret das Gegentheil bestimmen werden.
Jeder auf diese Art ersetzte Conscribirte ist verbunden, dem Staate eine Summe von 100 Franken, der mit dem Stellvertreter nach Belieben zu treffenden Verabredungen unbeschadet, zu bezahlen.

Art. 49. Die Stellvertreter können nur aus solchen genommen werden, welche von der Conscription frey, in dem Umfange des Departements des Conscribirten wohnhaft, von guter Gesundheit, und unter dem Alter von 32 Jahren sind. Gleichwohl sollen sie, wenn sie schon 5 Jahre gedient haben, bis zum vierzigsten Jahre zugelassen werden. Keiner ist als Stellvertreter zulässig, welcher nicht Zeugnisse guter Aufführung und Sitten beybringt, oder über welchen ein entehrendes Urtheil gesprochen ist.

Art. 51. Der Stellvertreter muß wenigstens 1 Metre 651 Millimetre (oder 5 Fuß 1 Zoll) haben.

Art. 53. So oft der Stellvertreter eines Conscribirten, bevor er zwey volle Jahre in einem Corps gedient hat, desertirt, muß der Conscribirte binnen 14 Tagen, von der Zeit des erhaltenen Befehls angerechnet, einen andern Stellvertreter auf seine Kosten stellen und dem Corps zuführen, oder selbst marschiren [...]

Art. 54. Stirbt ein ersetzter Conscribirter, so muß der Stellvertreter bey der Armee bleiben, gleich als wenn er für sich selbst marschirt wäre.
Zweyte Section. Von der freywilligen Werbung. [Art. 82-84]


Dritte Section. Allgemeine Vorschriften.

Art. 85. Jeder conscribirte oder freywillig angeworbene Soldat, der nach 5 Dienstjahren in Friedenszeiten, oder bey Ertheilung der Abschiede nach dem Kriege sich von Neuem zum Dienst verbindlich macht, soll, während der ersten fünf Jahre seiner Wiederannahme täglich eine Zulage von 3 Centimen; nach 10 Jahren, wenn er im Dienste verbleibt, noch ausserdem 3 Centimen mehr ... erhalten.

Art. 86. Jeder conscribirte oder freywillig angeworbene Soldat, welcher nicht in den vorgeschriebenen Fristen bey seinem Corps sich stellt und keine hinreichend bescheinigte Verhinderungsursachen anzuführen vermag, soll als Deserteur verfolgt, verurtheilt und bestraft werden.

Aus: Gesetz-Bülletin des Königreichs Westphalen, 2. Theil, No. 38, S. 3-121.
 
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