Landschaftsverband Westfalen-Lippe - 11.05.18 - 15:19 Uhr

URL: https://www.lwl.org/LWL/Kultur/fremde-impulse/die_baudenkmale/Impuls-Pioniere-Gussstahlherstellung

De Wendel und van Braam in Witten

Bergbau und Stahlproduktion, in Witten über viele Jahrzehnte prägende Industriezweige, erreichten hier mit auswärtiger Hilfe schon früh große Bedeutung. Die Ruhr als Transportweg und die oberflächennahen Kohleflöze des Ruhrtals boten traditionell genutzte Standortvorteile; nur mit ausländischem Kapital und Know-how gelang früh ein konsequenter Ausbau der Kohleförderung und des eisenschaffenden Gewerbes, womit sich bereits das Industriezeitalter ankündigte.

Dabei spielte auch die Französische Revolution eine Rolle: Nach 1789 flohen viele Adelige aus Frankreich, weil sie sich vor Verfolgung fürchteten. Darunter war auch Chevalier de Wendel, ein Familienmitglied der französischlothringischen Stahldynastie de Wendel d’Hayange. Er verfügte über wertvolles Wissen zur Verhüttungstechnik; ab 1800 unterstützte er Friedrich Lohmann d. Ä. beim Aufbau einer koksbefeuerten Eisenhütte in Witten. Lohmann kam aus der Nähe von Schwelm; 1790 hatte er den alten Herrensitz Burg Berge – später Haus Witten genannt – gepachtet, um dort Stahl zu produzieren. Auch ein Hüttenwerk für die eigene Roheisenbasis war geplant. Dabei sollte Steinkohlenkoks statt Holzkohle verwendet werden, wozu es Vorbilder in England, Frankreich und Belgien gab, die de Wendel kannte. Als dieser jedoch 1802 aufgrund einer Amnestie nach Frankreich zurückkehrte, verlor das Projekt seinen Initiator und dessen Know-how; der Kokshochofenbau scheiterte. Durch eigene Versuche gelang Friedrich Lohmann 1812 dann die Herstellung von Gussstahl, der qualitativ dem englischen Vorbild gleichkam; die Basis für sein eigenes Tiegelstahlwerk war gefunden.

Einer anderen Generation entstammte der vermögende Niederländer Johann Jacob van Braam, der 1851 bei Witten Schloss Steinhausen an der Ruhr erwarb. Van Braams Ziel war es, dort an der Ruhr gewinnbringend zu investieren. Schon die Vorbesitzer des Schlosses, die Familie von Elverfeld, hatten sich als Bergbaufachleute auf den Wittener Gruben engagiert. Van Braam erwarb nun nicht nur deren Schloss, sondern auch ihre Anteile an der nahegelegenen Zeche Nachtigall, heute ein Standort des LWL-Industriemuseums. Nach kräftigen Investitionen van Braams wurde diese zu einer der größten Tiefbauzechen südlich der Ruhr. Der Niederländer förderte auch Karl Ludwig Berger, der im Keller seiner Wittener Villa versuchte, Gussstahl herzustellen. Als das gelang, baute Berger 1853/54 mit Beteiligung von van Braam und anderen eine Gussstahlfabrik. Deren Standort an der Ruhr wird bis heute von den Deutschen Edelstahlwerken genutzt.

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