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Mitteilung vom 12.09.07

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Neues zur Frühgeschichte der Stadt Münster

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Münster (lwl). Rund 30 archäologische Untersuchungen haben zwischen 1949 und 1999 auf dem Münsteraner Domplatz, abseits des sakralen Bereichs um Domkirche und Domkloster, stattgefunden. Die Ergebnisse hat nun der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) veröffentlicht und setzt damit die im Liudger-Jahr 2005 begonnene Diskussion um den Anfang Münsters fort.

Der Mittelalterarchäologe Martin Kroker hat sich in seiner Dissertation ¿Die Domburg. Archäologische Ergebnisse zur Geschichte der Domimmunität vom 8. bis 18. Jahrhundert¿ der Aufgabe gewidmet, die vielen kleinen und größeren Ausgrabungen im Bereich der Domburg auszuwerten und zu einem Bild zusammenzufügen.

Seine Ergebnisse erbrachten gegenüber der bisherigen Forschungsmeinung völlig überraschend ein grundlegend verändertes Bild der Frühgeschichte Münsters: Die Domburg war nicht die Keimzelle der späteren Stadt Münster. Erst mit der fränkischen Eroberung und der Gründung eines Klosters durch den Missionar Liudger entstand hier eine Siedlung. Dagegen mehren sich die Anzeichen dafür, dass die sächsische Siedlung in der Gegend des späteren Stiftes Überwasser gelegen hat.

¿Im Augenblick liegt hier, wie man als Staatsanwalt sagen würde, ein begründeter Anfangsverdacht vor. Doch ist die Veröffentlichung auch einer Vermutung wichtig, damit sich Archäologen, Historiker und die interessierte Bevölkerung von bisherigen Denkvorstellungen befreien. Diese beruhten auf Rückschreibung von Geschichte allein aus der schriftlichen und kartographischen Überlieferung¿, bewertet Dr. Gabriele Isenberg, die Leiterin der LWL-Archäologie für Westfalen, die europäische Dimension des Domburg-Projekts.

Neben der Vorlage der Grabungsdokumentationen mit über 400 Fotos und Zeichnungen von Plana und Profilen sowie dem Befundkatalog stellt der Autor die Ergebnisse jeder einzelnen Grabung vor und fügt sie unter Einarbeitung der Schriftquellen und einem Vergleich Münsters mit der Situation anderer norddeutscher Bischofsstädte zu einem Gesamtbild zusammen. Eine dreibändige, über 600 Seiten starke Publikation ist daraus geworden.

Martin Kroker konnte fünf Siedlungsphasen unterscheiden. Die erste Phase umfasst die vorgeschichtliche Besiedlung des Domhügels. Hervorzuheben ist, dass die Siedlung der römischen Kaiserzeit im 2. und 3. Jahrhundert n. Chr. auf dem Domhügel überraschend groß war.

Die bisher auf dem Domplatz lokalisierte Siedlung Mimigernaford vom Ende des 7. beziehungsweise Anfang des 8. Jahrhunderts gab es dagegen hier nicht. Die karolingische Domburg der zweiten Siedlungsphase um das Domkloster entwickelte sich schnell zu einer stadtähnlichen Anlage und bildete den Kern der mittelalterlichen Stadt Münster.

Seit der Jahrtausendwende entstanden in einer dritten Phase zahlreiche Steinbauten, die vom zunehmenden Wohlstand und Selbstbewusstsein der Bewohner zeugen. Seit dem frühen 12. Jahrhundert wurde die Domimmunität fast nur von der hohen Geistlichkeit bewohnt. Die Reste prachtvoller Residenzen, die sogenannten Kurien der Domherren, die in der vierten Siedlungsphase entstanden sind, haben die Ausgräber an vielen Stellen dokumentiert.

Diese Situation änderte sich erst wieder im frühen 19. Jahrhundert. Mit der Säkularisation, durch die Zerstörungen des 2. Weltkriegs und schließlich durch die Umbauten seit der Nachkriegszeit veränderte sich das Bild des Domplatzes.

Der Band ¿Die Domburg¿ ist der zweite von drei Bänden, in denen die 2004 abgeschlossenen Untersuchungen vorgelegt werden. Der erste Band über das Domkloster war 2005 erschienen, der dritte Band über den Domherrenfriedhof ist in Vorbereitung. Finanziert wurde das Gesamtprojekt vom Land Nordrhein-Westfalen, dem Bistum Münster, dem LWL und der Stadt Münster.

Martin Kroker, Der Dom zu Münster 3.

Die Domburg. Archäologische Ergebnisse zur Geschichte der Domimmunität vom 8 - 18. Jahrhundert. Denkmalpflege und Forschung in Westfalen 26, 3 (Zabern, Mainz 2007). 3 Teile: Teil 1: 364 Seiten Text mit 328 Abbildungen, Teil 2: 266 Seiten Befundkatalog, Teil 3: Mappe mit 81 Beilagen. ISBN 978-3-8053-3609-3. 79 Euro. Erhältlich in jeder Buchhandlung.



Pressekontakt:
Dr. Yasmine Freigang, Tel. 0251 5907-267 und Frank Tafertshofer, Telefon: 0251 591-235
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