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Mitteilung vom 17.07.09

Presse-Infos | Soziales

LWL-Experte:

Behindertenhilfe wird sich stark verändern

Bewertung:

Münster (lwl). Die Hilfen für Menschen mit Behinderung müssen sich in den nächsten 20 Jahren grundlegend ändern. Nach Ansicht von Dr. Fritz Baur, dem stellvertretenden Chef des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL), werden Heime an Bedeutung verlieren, weil die Hilfen sich direkt an den behinderten Menschen richten.

¿Die sogenannte personenzentrierte Hilfe ist die Zukunft. Wir werden nicht mehr so stark Strukturen und Institutionen finanzieren, sondern direkt den Menschen, der dann entscheidet, welche Hilfen er wie in Anspruch nehmen will¿, sagte Baur am Freitag (17.7.) in Münster. Der LWL und der Landschaftsverband Rheinland (LVR) geben zusammen jährlich rund drei Milliarden Euro für insgesamt 115.000 Menschen mit Behinderungen in NRW aus und sind damit die größten Zahler von Behindertenhilfe in Deutschland.

Als Beispiel für Veränderungen nannte Baur das ambulant betreute Wohnen für Menschen mit Behinderungen, das an die Stelle eines Heimes die Betreuung in der eigenen Wohnung setze. Baur: ¿Der Ansprechpartner ist dann die Sozialarbeiterin, die einmal oder auch viermal in der Woche kommt und nach dem rechten sieht.¿ Auch das persönliche Budget sei ein mögliches Instrument, mit dem der behinderte Mensch selber entscheide, welchen Dienst er beschäftige.

Er habe den Eindruck, dass unter Betroffenen und Fachleuten ein Umdenken eingesetzt habe, das mit den grundlegenden Reformen in der Psychiatrie in den 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts vergleichbar sei, so der Sozialfachmann weiter. Damals habe man sich von den großen Anstalten verabschiedet und kleinere Einheiten eingerichtet.

¿Wir werden in der Behindertenhilfe Heime, Werkstätten und Spezialeinrichtungen aber weiter brauchen¿, warnte Baur vor zu großen Erwartungen. Gerade mehrfach- und schwerbehinderte Menschen bräuchten einen starken und verlässlichen Rahmen für ihr Leben, den Institutionen besser bieten könnten als individuelle Hilfen.

Trotz Kostendrucks habe die Gesellschaft eine Verpflichtung, diese Kosten zu schultern. Die Ausgaben für die Behindertenhilfen steigen bundesweit jährlich um rund 500 Millionen Euro, nach Prognosen von Fachleuten mindestens noch die nächsten zehn Jahre.

Hintergrund:
Baur ist Mitglied einer Arbeitsgruppe von Bund und Ländern, die Empfehlungen zur Eingliederungshilfe für behinderte Menschen entwickelt. Baur war 14 Jahre lang Sozialdezernent des LWL, bevor er 2007 Kämmerer des Kommunalverbandes und Stellvertreter des LWL-Direktors wurde. Von 1997 bis 2008 war er Vorsitzender der Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Sozialhilfeträger. Er ist Autor zahlreicher sozialrechtlicher Publikationen und Herausgeber des "Handbuches der Grundsicherung und Sozialhilfe" (Kommentar zum Sozialgesetzbuch II und XII).



Pressekontakt:
Frank Tafertshofer, LWL-Pressestelle, Telefon: 0251 591-235
presse@lwl.org




Der LWL im Überblick:
Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) arbeitet als Kommunalverband mit 20.000 Beschäftigten für die 8,3 Millionen Menschen in der Region. Der LWL betreibt 35 Förderschulen, 21 Krankenhäuser, 18 Museen sowie zwei Besucherzentren und ist einer der größten deutschen Hilfezahler für Menschen mit Behinderung. Er erfüllt damit Aufgaben im sozialen Bereich, in der Behinderten- und Jugendhilfe, in der Psychiatrie und in der Kultur, die sinnvollerweise westfalenweit wahrgenommen werden. Ebenso engagiert er sich für eine inklusive Gesellschaft in allen Lebensbereichen. Die neun kreisfreien Städte und 18 Kreise in Westfalen-Lippe sind die Mitglieder des LWL. Sie tragen und finanzieren den Landschaftsverband, dessen Aufgaben ein Parlament mit 125 Mitgliedern aus den westfälischen Kommunen gestaltet.


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