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Mitteilung vom 18.04.13

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Im Guten Glauben. Religiöse Vielfalt im Ruhrgebiet

Foto-Ausstellung zur Glaubensvielfalt im Industriemuseum Zeche Hannover

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Bochum (lwl). Buddhisten in Bochum, Hindus in Hamm, Orthodoxe in Oberhausen: Das Ruhrgebiet ist eine Region der religiösen Vielfalt. Tiefe Einblicke in das bunte Bild der Religionen gibt die Foto-Ausstellung ¿Im Guten Glauben. Religiöse Vielfalt im Ruhrgebiet¿, die der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) am Freitag, 19. April, in seinem Industriemuseum Zeche Hannover in Bochum eröffnet.

Die Herner Fotografin Brigitte Kraemer hat sich auf die Spuren der Religionen und Konfessionen im Ruhrgebiet begeben und mit ihrer Kamera die Glaubenswelten des Ruhrgebiets zwischen Fest, Gebet und Alltag der Gemeinden festgehalten. ¿Im Mittelpunkt stehen die Menschen und die Orte der Frömmigkeit. In der Gesamtschau werden dabei Gegensätze, aber auch oft überraschende Ähnlichkeiten erkennbar¿, erklärt LWL-Museumsleiter Dietmar Osses.

Neben lang etablierten Religionen und alten Traditionen der beiden großen christlichen Kirchen treten heute viele neu gewonnenen Riten. Mancherorts prägen imposante Gotteshäuser wie der Dom in Essen das Bild der Stadt, doch auch in Hinterhöfen und ehemaligen Industriebauten finden Gottesdienste von Religionsgemeinschaften statt. So finden sich im Ruhrgebiet viele kleine Moscheen in ehemaligen Wohnhäusern oder Werkstätten, und der Hinduistische Sri Varasithi Vinayagar Tempel in Hattingen ist in einer ehemaligen Werkshalle zu finden.

Das stille Gebet, fern ab der Öffent¬lichkeit, bleibt den Blicken Außenstehender im Alltag meist verborgen. Die Bilder der Herner Fotografin Brigitte Kraemer geben Einblicke in neue Glaubensräume und vergessen geglaubte Traditionen, zeigen rauschende Feste und stille Gebete, repräsentative Prozessionen und innere Einkehr. ¿Die Blicke auf die vielfältige religiöse Praxis zeigen dabei das Gemeinsame in der Vielfalt und das Fremde im scheinbar Bekannten¿, so Osses.

Die Ausstellung führt die Besucher zu Prozessionen der Hindus zum Sri Kamadchi Ampal Tempel in Hamm, der jüdischen Gemeinde zur Bochumer Synagoge und der katholischen Gemeinden auf die Halde Prosper-Haniel in Bottrop. Sie zeigt Feste und Alltag in der Mescid-i Aksaa Moschee in Gelsenkirchen und der Fatih Moschee in Essen, im Sri Varasithi Vinayagar Tempel in Hattingen und der syrisch-orthodoxen Sankt Petrus und Paulus Kirche in Herne. Die Fotos geben Einblicke in die griechisch-orthodoxe Gemeinde in Herten, die slowenische und die polnische Gemeinde in Essen, die afrikanische Gemeinde in Oberhausen wie auch in die ökumenischen Gottesdienste in Oberhausen. Ausblicke in den buddhistischen Ekö;¿Tempel in Düsseldorf und in die Gurdwara Singh Sabha Gemeinde der Sikhs in Moers vervollständigen das Bild der religiösen Vielfalt in der Region.

Die Fotografin Brigitte Kraemer
Brigitte Kraemer lebt und arbeitet als freischaffende Fotografin in Herne. Nach dem Studium der visuellen Kommunikation an der Folkwangschule für Gestaltung in Essen erstellte sie Fotoreportagen für verschiedene Magazine wie den Stern, den Spiegel und das Zeit-Magazin. Ihre Arbeiten wurden unter anderem mit dem Lead Award in Gold und Silber sowie dem Deutschen Fotobuchpreis des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels ausgezeichnet.

In der Sammlung des LWL-Industriemuseums ist Brigitte Kraemer mit den Serien ¿So nah, so fern ¿ Türkische Zuwanderer im Ruhrgebiet¿, ¿Die Bude. Trinkhallen im Ruhrgebiet¿ und ¿Im Guten Glauben. Religiöse Vielfalt im Ruhrgebiet¿ vertreten.

Hintergrund: Religiöse Vielfalt im Ruhrgebiet
Zahlenmäßig haben die beiden großen christlichen Kirchen im Ruhrgebiet die höchste Bedeutung. In einigen Regionen war die Reformation schon früh auf fruchtbaren Boden gefallen. Protestantische Glaubensflüchtlinge aus den Niederlanden verstärkten den Anteil der Protestanten in der Region. Die Industrialisierung brachte im 19. Jahrhundert Millionen von Menschen ins Revier, die ihre Religion mitbrachten. So entstanden vor allem zahlreiche neue katholische und evangelische Gemeinden, die um die Jahrhundertwende viele aufwändige Kirchengebäude errichteten. Bergwerksgesellschaften und Hüttenbetrieb unterstützten den Kirchenbau vor Ort.

Vor dem Hintergrund des Kulturkampfs zwischen dem protestantischen Herrscherhaus und der katholischen Kirche entwickelte sich Ende des 19. Jahrhunderts ein regelrechter Wettbewerb der großen Kirchen im Ruhrgebiet. Die polnische Einwanderung sorgte zudem für die Verstärkung der katholischen Gemeinden und Gründung zahlreicher polnischer Gebetsbruderschaften und religiöser Vereine.

Auch die jüdischen Gemeinden wuchsen, so dass in Ruhrgebietsstädten wie Essen und Dortmund um 1900 große Synagogen entstanden. Sie wurden während der Zeit des Nationalsozialismus zerstört und entweiht. Mit der Verfolgung und Vernichtung der Juden kam das jüdische Leben im Ruhrgebiet bis 1945 weitgehend zum Erliegen.

Flüchtlinge und Vertriebene brachten vor allem den beiden großen christlichen Kirchen in den 1940er und 1950er Jahren weiteren Zulauf. Mit den angeworbenen Gastarbeitern, die ab 1956 in die Region kamen, nahm die religiöse Vielfalt deutlich zu. Während die italienischen Arbeitsmigranten auf die gut ausgebildete Auslandsbetreuung der Missione Cattolica zurückgreifen konnten, war im Ruhrgebiet für Zuwanderer mit islamischen Glauben keine Infrastruktur vorhanden. So entwickelten sich zunächst provisorische Gebetsräume in Hinterzimmern von Zechen, Wohnheimen oder in Gebäuden auf Hinterhöfen.

Mit der zunehmenden Globalisierung hat sich in den letzen Jahren die Vielfalt der Religionen im Revier weiter verstärkt. Als Folge der Einwanderung zahlreicher Juden aus Osteuropa haben die jüdischen Gemeinden gegenwärtig wieder die Mitgliederzahlen der Vorkriegsjahre erreicht. In Bochum, Gelsenkirchen und Duisburg sind in den letzen Jahren neue repräsentative Synagogen entstanden. Die islamischen Gemeinden konnten ebenfalls einige Neubauten errichten, die neben der rein religiösen auch wichtige gesellschaftliche Funktionen übernehmen, wie beispielsweise die DiTIB Merkez-Moschee in Duisburg, die sich als interreligiöse und interkulturelle Bildungsstätte versteht. Und die hinduistische Gemeinde hat in Hamm 2002 den Sri-Kamadchi-Ampal-Tempel errichtet, den größten Dravida-Tempel Europas, der jährlich zum Tempelfest tausende Pilger aus ganz Europa anzieht. Rund 150 verschiedene Kirchen und religiöse Gemeinschaften sind heute im Ruhrgebiet tätig.



Pressekontakt:
Markus Fischer, LWL-Pressestelle, Telefon: 0251 591-235 und Christiane Spänhoff, LWL-Industriemuseum, Telefon: 0231 6961-127
presse@lwl.org



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44793 Bochum
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