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Mitteilung vom 31.05.13

Presse-Infos | Kultur

¿Heiter bis göttlich¿

Kloster Dalheim zeigt Kultur des Spiels im Kloster

Bewertung:

Lichtenau-Dalheim (lwl). Vom 1. Juni bis 3. November zeigt das LWL-Landesmuseum für Klosterkultur in Lichtenau-Dalheim (Kreis Paderborn) eine kaum bekannte Seite der Klöster. Unter dem Titel ¿Heiter bis göttlich¿ präsentiert die Stiftung Kloster Dalheim in dem ehemaligen Kloster mit rund 300 Exponaten einen umfassenden Querschnitt der klösterlichen Spielkultur vom frühen Mittelalter bis in die Gegenwart.

Auf 600 Quadratmetern erfahren die Besucher Erstaunliches über die Bedeutung des Spiels für den Alltag im Kloster und seinen Bezug zur klösterlichen Weltsicht. Über 60 Leihgeber aus Westfalen und dem gesamten Bundesgebiet, aus Österreich, Ungarn, der Schweiz, Frankreich und Großbritannien haben sich an der zweiten großen Sonderausstellung im 2007 eröffneten Museum beteiligt.

Tennis und Fußball im Kloster
¿Der Mensch muss spielen, wenn er menschlich leben will¿, zitierte der Direktor des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL), Dr. Wolfgang Kirsch, den Dominikaner Thomas von Aquin bei der Präsentation der Ausstellung am Freitag (31.5.).

Obwohl im Mittelalter insbesondere das Glücksspiel vielerorts verboten gewesen sei, habe der berühmte Kirchenlehrer die Bedeutung des Spiels als menschliches Grundbedürfnis bereits im 13. Jahrhundert erkannt. Kirsch: ¿Die Bedeutung des Spiels als eine Art Auszeit vom Alltag ist bis heute ungebrochen.¿

Dass Klöster über Jahrhunderte hinweg ihren Bewohnern auch ¿Spielräume¿ boten, verdeutliche die neue Ausstellung: ¿Hier ist zu sehen, warum Tennis, Krocket, Fußball und Würfeln ebenso zur klösterlichen Kultur gehören wie das sprichwörtliche ,Beten und Arbeiten`¿, sagte Kirsch.

¿Für diese Ausstellung nutzt das Museum das ganze Haus ¿ sogar die Klausur und den Klostergarten¿, so Kirsch weiter. Die Präsentation gliedert sich in fünf Abteilungen, darunter die großen Themenbereiche ¿Spiele und Spieler¿, ¿Geistiges und Geistliches Spiel¿ und ¿Klostermotive in Spiel und Spielzeug¿. Inszenierungen in der historischen Klausur des ehemaligen Klosters Dalheim zeigen beispielhaft, welche Orte die Klosterbewohner in Mittelalter und Barock zum Spielen nutzten. Im Konventgarten bieten Spielstationen von der Kegelbahn bis zum Schachpavillon Raum und Gelegenheit zum Mitspielen.

Vom Schwirrknochen über Schach bis Schlagball lernen die Besucher verschiedene Spiele aus Klöstern kennen. Sie begegnen unterschiedlichem klösterlichen Spielpersonal vom Abt bis zum Klosterschüler und entdecken, wie religiöses Spielzeug den Glauben und Schau-Spiele biblische Geschichten begreifbar machten.

¿Durch die Kooperation mit renommierten Museen, Bibliotheken, Archiven, Klöstern und privaten Sammlungen ist es uns gelungen, die Vielfalt dieses faszinierenden Themas erfahrbar zu machen¿, dankte die LWL-Kulturdezernentin und Vorstandsvorsitzende der Stiftung Kloster Dalheim, Dr. Barbara Rüschoff-Thale, den Leihgebern.

Zu den Leihgebern gehören international renommierte Institutionen wie das Victoria and Albert Museum in London (Großbritannien) oder die Stiftsbibliothek St. Gallen (Schweiz).

Hintergrund:

Klösterliche Spielkultur

Die Tradition der klösterlichen Spielkultur reicht weit zurück. Zwar bezeichnet die Benediktregel im 6. Jahrhundert in Kapitel 48,1 Müßiggang als den Feind der Seele. ¿Spiel ist jedoch nicht zwangsläufig mit Müßiggang gleichzusetzen¿, erläuterte die Projektleiterin der Ausstellung, Dr. Helga Fabritius. Auch waren Spiel und Spielen nicht überall einer Geringschätzung als sinnlosem Zeitvertreib ausgesetzt. Viele Klosterregeln sahen im Mittelalter Zeiten der Rekreation und Erholung für die Ordensleute vor, in denen auch gespielt werden durfte. ¿Gerade der mittelalterliche Begriff von Spiel ist viel weiter gefasst, als wir das heute kennen¿, erläuterte Fabritius. Er umfasse neben Vergnügen und Zeitvertreib auch sportliche oder geistige Wettkämpfe sowie die musischen Bereiche Tanzen, Musizieren und Schauspielen.

Schriftliche Quellen, archäologische Funde, Objekte und bildliche Darstellungen zur Kultur des Spiels im Kloster erzählen von geistlicher Lotterie und Freiluft-Kegeln ebenso wie von szenischen Darstellungen im Gottesdienst und virtuosen musikalischen Aufführungen. Insbesondere der Jesuitenorden veranstaltete im 16. Jahrhundert Theateraufführungen, die helfen sollten, den christlichen Glauben zu verbreiten.

Als im Barock die Klöster mit weltlichen Autoritäten konkurrierten, widmeten sich auch Klostervorsteher zur Repräsentation verstärkt dem Spiel. Berichte sprechen von Billard- und Musikzimmern sowie von Tafelrunden an Spieltischen.

¿Auch das Tennisspiel soll vor mehr als 900 Jahren im Kloster erfunden worden sein¿, schilderte Fabritius: ¿Im Kreuzhof übten sich Ordensleute ¿ geschützt vor den Augen der Öffentlichkeit ¿ in einem tennisartigen Spiel bei dem der Ball zunächst noch mit der bloßen Hand über das Schrägdach der Kreuzgänge in die gegenüberliegende Kreuzgangarkade geschlagen wurde.¿

Spielzeug aus zehn Jahrhunderten
Archäologische Funde erzählen von den heiteren Stunden beim Murmel-, Würfel- und Bocciaspiel. Edle Schachfiguren, Karten und Jetons laden an den Spieltisch der Äbtissin, während die didaktischen Spiele an den moralischen Lehrstunden für Novizen und Ordensleute teilhaben lassen.

Christkind-Wiegen und Christkind-Figuren zeigen die Frömmigkeit der Ordensschwestern im Mittelalter, während farbenfrohe Holzfiguren vom Palm-Esel über Grabwächter bis zum Himmelfahrts-Christus an die inszenierten klösterlichen Prozessionen und Gottesdienste erinnern. ¿Die Klöster waren Hersteller, Erfinder und Bewahrer von Spielen¿, berichtet Fabritius. Fein gearbeitete wertvolle Reliquiare und Preziosen werden ebenso präsentiert wie kostbare jahrhundertealte Handschriften und unterstreichen den Stellenwert des Spielens. Medienstationen nehmen mit in die Welt der klösterlichen Spielkultur gestern und heute.

Kloster im Spiel
¿Die vielfach unbekannte, verschlossen wirkende Welt hinter Klostermauern weckt häufig die Neugierde Außenstehender und bietet Raum für Spekulationen, die in Stereotypen und Klischees münden¿, stellten Fabritius und ihr Team im Zuge der Ausstellungsrecherchen fest. Diese Vorstellungen spiegelten sich bis heute auch in den Spielzeugregalen wider, in denen Mönche, Nonnen und Klosteranlagen in den verschiedensten Zusammenhängen auftauchen. Vom ¿Mönch-ärgere-dich-nicht¿ bis zur aufziehbaren Plastik-Nonne findet auch das Kloster im Spiel mit einer eigenen Abteilung Eingang in die Sonderausstellung.

Präsentation
Verantwortlich für die gesamte Ausstellungsgestaltung (Konzept, Architektur, Grafik) zeichnet das Büro Thöner von Wolffersdorff GbR, das bereits der 2010 eröffneten und inzwischen mehrfach preisgekrönten Dalheimer Dauerausstellung ihr Erscheinungsbild verlieh.

¿Die Designer aus Augsburg und München haben dafür gesorgt, dass sich das spielerische Element auch in der Ausstellungsgestaltung widerspiegelt¿, freute sich Rüschoff-Thale über einen Ausstellungsrundgang, der historische Bausubstanz, moderne Architektur und Exponate in Szene setzt.

Sponsoren
Die Sonderausstellung wird gefördert von:
der LWL-Kulturstiftung, der Kunststiftung NRW, der Stiftung der Sparkasse Paderborn für den Kreis Paderborn, der Kulturstiftung der Westfälischen Provinzial Versicherung und der Rudolf-August Oetker Stiftung.

Katalog
Zur Ausstellung "Heiter bis göttlich. Die Kultur des Spiels im Kloster" gibt die Stiftung Kloster Dalheim. LWL-Landesmuseum für Klosterkultur einen 212 Seiten starken, reich bebilderten Katalog heraus. Der Katalog erscheint im Kunstverlag Josef Fink und ist für 16,90 Euro erhältlich.

Eröffnung am 1. Juni mit ¿Nacht der Spiele¿ und Konzert
Die Ausstellung ¿Heiter bis göttlich¿ startet am Samstag, 1. Juni, um 14 Uhr bei freiem Eintritt. Abends findet von 18 bis 22 Uhr eine kostenlose ¿Nacht der Spiele¿ statt ¿ mit Schauspielern und Mitspielgelegenheiten für Kinder und Erwachsene. Im Gartenpavillon steht ein Schachspiel zur Verfügung, Kegelbahn und Murmelecke wurden eingerichtet. Verschiedenes Spielzeug vom Springseil über Schwirrer und Peitschenkreisel bis hin zu Stelzen ist jederzeit kostenlos im Museumsfoyer gegen ein Pfand entleihbar.

Am gleichen Tag führt das Konzert des fünfköpfigen Berliner Ensembles ¿Vox Nostra¿ um 19 Uhr mit gregorianisch anmutenden Gesängen aus der originalen Liedersammlung ¿Carmina Burana¿ des 13. Jahrhunderts in die Welt mittelalterlicher Spielkultur. Im Zentrum des Konzerts steht das ¿Officium lusorum¿ ¿ eine parodistische Messfeier für Spieler und Spielsüchtige (Karten 25/20/15 bzw. 22/17/12 Euro unter Telefon 05292 9319-224).

Mitspielen erwünscht ¿ Museumspädagogisches Programm für alle Altersgruppen
Das museumspädagogische Programm zur Ausstellung richtet sich an Spielbegeisterte aller Altersklassen. Kinder begeben sich mit einem kleinen Begleitheft auf den Spuren des ¿Novizen Adalbert¿ auf eigene Faust durch das Kloster oder entdecken beim Kindergeburtstags- programm Spielorte im Kloster.

Beim SpieleParadies wagen sich Spielbegeisterte ab acht Jahren einmal im Monat an Brettspiele rund ums Kloster. Thementage bieten Aktionen speziell für Familien, und bei den KunstHandwerkKursen lernen Jugendliche und Erwachsene z.B. alles rund um den Bau eines Langbogens oder die Pfeilherstellung. Gruppen können im Anschluss an eine Führung die grundlegenden Techniken des Bogenschießens erlernen. Für Jugend- und Schülergruppen wurde ein RollenSpiel entwickelt, bei dem sich die Gruppen mit Kostümen und Requisiten in die Rolle der Dalheimer Chorherren begeben und gemeinsam eine vorgegebene Aufgabe lösen.

Spezielle Führungen durch die Sonderausstellung sind auch für Menschen mit besonderen Bedürfnissen möglich: Die Dalheimer KlosterSchule bietet Führungen in Deutscher Gebärdensprache, für blinde und sehbehinderte Menschen sowie für Menschen mit Demenz an.

Führungen für Einzelbesucher
Ob sündhaftes Glücksspiel, didaktisches Rätsel oder Aufführung im Rahmen der Liturgie: Spiele tauchen auch im Kloster in vielfältiger Form auf. Sonn- und feiertags lernen Besucher bei öffentlichen Führungen ab 15 Uhr Fußballheilige und spielsüchtige Äbte kennen. Sie entdecken die Symbolik im Spiel und finden wie die Chorherren Erholung beim Schach-, Boule- oder Kegelspiel im Dalheimer Klostergarten (Teilnahmegebühr pro Erwachsenem: 2,50 Euro zzgl. Museumseintritt).

Führungen für Kinder und Erwachsene
inklusive Ausprobieren von Spielen und Spielzeug vom Springseil über Schwirrer und Peitschenkreisel, Kegeln und Murmelspiel bis hin zu Stelzen im Dalheimer Klostergarten starten samstags sowie sonn- und feiertags um 15.30 Uhr (Teilnahmegebühr pro Erwachsenem: 2,50 Euro zzgl. Museumseintritt).

Führungen für Gruppen
durch die Sonderausstellung, durch den Konventgarten und die Klosteranlage können Dienstag bis Freitag von 11 bis 16 Uhr unter Telefon (0 52 92) 93 19-225 oder auf Anfrage per E-Mail unter besucherservice.dalheim@lwl.org gebucht werden.

Laufzeit der Sonderausstellung:
01.06. bis 03.11.2013

Öffnungszeiten
dienstags bis sonntags sowie feiertags
10 bis 18 Uhr
montags geschlossen

Eintrittspreise während der Zeit der Sonderausstellung
Erwachsene 9,00 Euro
Gruppen ab 16 Personen je Person 7,00 Euro
Kinder/Jugendliche (6 bis 17 Jahre), Schüler 3,00 Euro
Schüler/innen bei Teilnahme an einem museumspädagogischen
Angebot (2 Begleiter frei) 2,50 Euro
Ermäßigte* 4,50 Euro
Familientageskarte 19,00 Euro
LWL-MuseumsCard gültig

Stiftung Kloster Dalheim
LWL-Landesmuseum für Klosterkultur
Am Kloster 9
33165 Lichtenau
Telefon: (05292) 9319-0
Fax: (05292) 9319-119
E-Mail: kloster-dalheim@lwl.org

Informationen zur Ausstellung sowie das gesamte Begleitprogramm unter http://www.heiter-bis-goettlich.lwl.org

Bildunterzeile zum Bild "Wertvolle Preziose":
Kulturgeschichtlich betrachtet sind Klöster und Stifte in vielerlei Hinsicht Erfinder und Bewahrer ¿ auch in Bezug auf die Kultur des Spiels. Durch Stiftungen gelangten hochwertige Spielfiguren oder Spielkästchen in ihren Besitz. Aufbewahrt, umgearbeitet oder umgenutzt überdauerten die Preziosen die Jahrhunderte. Dieses mit einem Schachspielenden Liebespaar verzierte Elfenbeinkästchen stammt aus der ehemaligen Stiftskirche St. Ursula in Köln. In dem ursprünglich weltlichen Kästchen (14. Jahrhundert) wurden Reliquien der Hl. Ursula aufbewahrt.

Bildunterzeile zum Bild "So ein Theater":
Um den christlichen Glauben zu verbreiten bedient sich der Jesuitenorden des Theaters. Das jesuitische Drama greift vor allem auf biblische Stoffe und Legenden zurück, aber auch Mythen und Sagen sind gängige Inhalte. Das Jesuitentheater breitet sich schnell im katholischen Europa aus. Im deutschsprachigen Raum sind ab dem 16. Jahrhundert rund 8.000 Aufführungen belegt. Dieses Blatt zeigt einen Kostümentwurf vermutlich für Medusa.



Pressekontakt:
Frank Tafertshofer, LWL-Pressestelle, Telefon: 0251 591-235 und Elisabeth Fisch, Stiftung Kloster Dalheim. LWL-Landesmuseum für Klosterkultur, Telefon: 05292 931-9113
presse@lwl.org



LWL-Einrichtung:
Stiftung Kloster Dalheim
LWL-Landesmuseum
Am Kloster 9
33165 Lichtenau-Dalheim
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Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) arbeitet als Kommunalverband mit 20.000 Beschäftigten für die 8,3 Millionen Menschen in der Region. Der LWL betreibt 35 Förderschulen, 21 Krankenhäuser, 18 Museen sowie zwei Besucherzentren und ist einer der größten deutschen Hilfezahler für Menschen mit Behinderung. Er erfüllt damit Aufgaben im sozialen Bereich, in der Behinderten- und Jugendhilfe, in der Psychiatrie und in der Kultur, die sinnvollerweise westfalenweit wahrgenommen werden. Ebenso engagiert er sich für eine inklusive Gesellschaft in allen Lebensbereichen. Die neun kreisfreien Städte und 18 Kreise in Westfalen-Lippe sind die Mitglieder des LWL. Sie tragen und finanzieren den Landschaftsverband, dessen Aufgaben ein Parlament mit 125 Mitgliedern aus den westfälischen Kommunen gestaltet.


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