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Mitteilung vom 18.02.14

Presse-Infos | Kultur

Reiz & Scham. Kleider, Körper und Dessous

Ausstellung im LWL-TextilWerk Bocholt reizt mit Blicken auf das Darunter

Bewertung:

Bocholt (lwl). Lange weiße Rüschenunterhose, darüber ein atemberaubend eng geschnürtes Korsett, Reifrock und Unterröcke. Was vielen heute altmodisch und bieder erscheint, war vor 150 Jahren hocherotisch, vor allem, wenn die seidenen Unterröcke auch noch verheißungsvoll raschelten. Ein tiefes Dekolleté, ein nackter Arm oder gar eine entblößte Schulter ¿ nicht immer war dies jenseits der großen Bälle erlaubt. In der Ausstellung ¿Reiz & Scham. Kleider, Körper und Dessous¿ (4.4. bis 2.11.2014) zeigt der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) in seinem TextilWerk Bocholt, wie sich das "Darüber " und das ¿Darunter¿ im Laufe der letzten 150 Jahre Jahrhunderte gewandelt haben.
Große Roben und Straßenkleidung, Outfits für den Strand und solche für den Tabubruch, vor allem aber jede Menge Unterwäsche ¿ vom Liebestöter bis zum Hauch von nichts unserer Tage - erzählen von Sittlichkeits- und Tugendvorstellungen ihrer Zeit und dem Spiel mit körperlichen Reizen.
Auf rund 800 Quadratmetern präsentiert das LWL-Industriemuseum mehr als 400 originale Kleidungsstücke. Die Schau ist eine Zusammenführung von ursprünglich zwei Ausstellungen aus dem LVR-Industriemuseum. Für die Präsentation im TextilWerk Bocholt wurden zahlreiche Exponate aus der Sammlung des LWL-Industriemuseums ergänzt.

Kleider und Körper seit 1850
Welche Partien des weiblichen Körpers durften wann und wo gezeigt werden und welche nicht? Im ersten Teil zeigt die Ausstellung, wie sich im Laufe von 150 Jahren die enge Grenze zwischen ¿gerade noch erlaubt¿ und ¿eigentlich schon verboten¿ veränderte. ¿Beine, Busen, Po oder Taille - ihre Bedeckung oder Enthüllung in der Kleidung und den Accessoires offenbart die jeweiligen Grenzen von Reiz und Scham¿, erklärt Kurator Martin Schmidt vom LWL-Industriemuseum.
In vier Zeitschnitten ¿ um 1900, 1920er, 1950er und 1980er Jahre ¿ stellt die Schau die unterschiedlichen Konventionen vor, die auf der Straße, am Strand oder beim Abendball galten. Martin Schmidt: ¿Ein tief ausgeschnittenes Ballkleid oder ein knapper Bikini, die im Ballsaal des Kaiserreichs bzw. auf einer Ferieninsel der 1980er selbstverständlich waren, würden im Berufsalltag oder auf der Straße gänzlich unpassend, ja schamlos wirken. Schon das zeigt, wie relativ und wenig ¿naturgegeben` Reiz- und Schamgrenzen waren und sind.¿
Eine wichtige Rolle spielen Übergänge, in denen die jeweiligen Normen hinterfragt wurden. Oft gehen diese mit Zeiten politischen Veränderungen oder wirtschaftlichen Krisen einher. Impulse geben auch einzelne gesellschaftliche Gruppierungen, vor allem die künstlerische Avantgarde. ¿Solche Übergangszeiten wie etwa die Reformzeit nach 1900 oder auch die 1970er Jahre werden in der Ausstellung sichtbar sein¿, ergänzt der Kurator.
Ergänzt werden die vier Zeitschnitte jeweils durch ein ¿rotes Kabinett¿, in dem Besucher einen Blick in gesellschaftliche Tabu-Bereiche werfen können: auf die versteckte und öffentlich verleugnete erotische Welt in Männerzirkeln und Bordells, aber auch auf die provokativen Grenzüberschreitungen, die die Künstler ganz bewusst begehen und mit denen sie dann auch immer wieder den Wandel in Gang setzen.

Dessous ¿ 150 Jahre Kulturgeschichte der Unterwäsche
Im zweiten Teil der Ausstellung ändert sich die Perspektive: Rüschenwäsche, atemberaubend eng geschnürte Korsetts und BHs spielen hier die Hauptrolle. Dabei zeigt sich, dass der Blick auf die Unterkleidung nicht nur aus historischer Perspektive viel mit dem jeweiligen Betrachter und der Epoche zu tun hat. Martin Schmidt: ¿Für die Näherin war das Dessous vielleicht nur ein Stück Stoff, in dem viel Arbeit steckte. Der Arzt sah in ihm ungesunde, weil nicht wärmende Wäsche." Erotik pur verspricht der letzte Teil der Ausstellung, der einen Reigen durch die Zeit von der ¿femme fatale¿ über die ¿Sexbombe¿ zum ¿Vamp¿ präsentiert.
Modejournale, Fotos, Accessoires und Filmausschnitte eröffnen Blicke auf das ¿Darunter¿. Im Mittelpunkt aber steht die Unterwäsche selbst: Mehr als 200 Originalexponate: Korsetts und Krinolinen des 19. Jahrhunderts oder auch den Hauch von Nichts der modernen Dessous, die mit sehr viel weniger Stoff auskommen als ihre Vorgänger, frühe Modelle aus den Anfängen des Büstenhalters, edle Seidenensembles aus den 1930er Jahren und panzerartige Mieder der Wirtschaftswunderzeit ¿ das Nebeneinander der Stile zeigt den Wandel der Unterwäsche im Zeitenspiegel
Doch dieser historische Blick zurück ist nur einer von vielen. Beispiel Korsett: Eine junge Frau nutzte im 19. Jahrhundert ganz selbstverständlich das Schnürmieder, um ihren Körper in eine zierliche Idealform zu bringen: Umso schmaler der Hüftumfang, desto besser die Heiratschancen. Der erotische Blick: Männer empfanden das Korsett immer schon ausgesprochen anziehend und aufregend. Es hebt und betont den Busen. Schnüre und Schleifen, Knöpfe und Häkchen inszenieren das An- und Ablegen. Der medizinische Blick: Der Arzt sah in einem engen Korsett das ungesunde Kleidungsstück, das Organe einschnürt. Der aktuelle Blick: Heute wird das Korsett in der Oberbekleidung zitiert. Das berühmteste Beispiel ist das von Jean-Paul Gaultier geschaffene ¿goldene Korsett¿, das Madonna auf ihrer ¿Like a Virgin¿-Tour 1990 trug. Martin Schmidt: ¿Dank ihres Outfits und Auftritts drohte Madonna in Kanada sogar eine Haftstrafe.¿
Verblüffend auch, wie unterschiedlich in verschiedenen Zeiten über die Unterwäsche gedacht wurde. Eine Flut von weißer Wäsche ¿ heute wohl eher als störend empfunden ¿ reizte im 19. Jahrhundert noch die erotischen Phantasien des Mannes: ¿Er sah, von hellem Licht umflossen, Thérèse in Untertaille und Unterrock, strahlend, die Haare hinter dem Kopf zu einem dichten Knoten aufgebunden. Ein warmer Duft ging von ihr aus, ein Duft von weißer Wäsche und frischgewaschener Haut.¿

Reiz & Scham. Kleider, Körper und Dessous
4.4.-2.11.2014
LWL-Industriemuseum Textilwerk Bocholt I Spinnerei
Industriestraße 5, 46395 Bocholt
Geöffnet Di-So 10-18 Uhr
Tel. 02871 21611-0
http://www.lwl-industriemuseum.de


Fotos zum Downlaod zu dieser Meldung Sie unter http://www.lwl.org/pressemitteilungen



Pressekontakt:
Markus Fischer, LWL-Pressestelle, Telefon: 0251 591-235
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