LWL-Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

Mitteilung vom 16.04.15

Presse-Infos | Kultur

In Serie ¿ 150 Jahre Möbelindustrie in Westfalen

LWL zeigt neue Ausstellung im Ziegeleimuseum Lage

Bewertung:

Lage (lwl). Gründerzeitküchenschränke, Gelsenkirchener Barock und moderne Designersessel: Seit 150 Jahren ist Westfalen die Möbelregion Deutschlands. Fast alle großen Hersteller von Küchen-, Schlaf- und Wohnzimmermöbeln haben hier ihren Sitz. Unter dem Titel ¿In Serie ¿ 150 Jahre Möbelindustrie in Westfalen¿ präsentiert der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) von Sonntag (19. 4.) bis zum 4. Oktober in seinem Ziegeleimuseum Lage (Kreis Lippe) eine Ausstellung über die Geschichte der Möbelindustrie in der Region, stellt Vertriebswege dar und zeigt die Nutzung der in Lippe hergestellten Möbel in den Arbeiterhaushalten des Ruhrgebiets.

¿Die Möbelindustrie hat über viele Jahrzehnte Westfalen geprägt. Sie ist gleichzeitig ein Bindeglied zwischen den verschiedenen Regionen: In Ostwestfalen wurden die Möbel produziert, die Käufer lebten überwiegend im industriellen Ballungsraum Ruhrgebiet¿, sagte LWL-Kulturdezernentin Dr. Barbara Rüschoff-Thale am Donnerstag (16. 4.) bei der Vorstellung der Ausstellung in Lage. Das Besondere der neuen Schau sei, dass sie die Geschichte der Firmen und Produktionstechniken mit der Entwicklung von Wohntrends und Modedesign verbinde. ¿So entsteht vor den Augen der Besucher eine kleine Kulturgeschichte des Wohnens¿, erklärte die Kulturdezernentin weiter.

Die Ausstellung zeigt Gründerzeitküchenschränke aus dem 19. Jahrhundert, lippische ¿Wertmöbel¿ aus massivem Nussbaum, die erste Anbauküche der Firma Poggenpohl ¿Form 1000¿, einen Schrank aus der Zeit des Gelsenkirchener Barocks, die Schlafzimmermode der 1970er Jahre und das bekannte Designsofa ¿Conseta¿ der Firma COR aus Rheda-Wiedenbrück, dass seit über 50 Jahren hergestellt wird. 17 Figurinen mit Kleidern der jeweiligen Zeit verdeutlichen den Modegeschmack der Bevölkerung in Westfalen.


Hintergrund
Die zunehmende Verstädterung und die steigenden Einkommen veränderten in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts die Einrichtungsgewohnheiten der Menschen. Um diesen neuen Bedarf in den Ballungsräumen zu decken, erweiterten viele Tischlereien in der Region Ostwestfalen-Lippe ihre Produktionsstätten und gingen schließlich zu Serienfertigung von Möbeln in arbeitsteiliger Herstellung über. Diese Entwicklung erforderte maschinelle Neuheiten, wie etwa Band- und Kreissägen, die ebenfalls in der Region produziert wurden.

Die erste industriell fertigende Möbelfabrik war die 1861 gegründete Möbelfabrik Kopka in Herford. Die Kunden Kopkas waren die Arbeiter in der aufstrebenden Industrie des Ruhrgebiets, sie besaßen Anfang des 19. Jahrhunderts erstmals genügend Kapital, um auch in die Anschaffung von Möbeln zu investieren. Meist waren es Wohnküchenschränke, Schlafzimmermöbel und einfache Sofas, die sie von den Herstellern aus Ostwestfalen erwarben.

Nach den Worten von Willi Kulke, Leiter des LWL-Ziegeleimuseums Lage, war die Geschichte der Möbelindustrie immer von konjunkturellen Schwankungen geprägt: ¿Dem Boom der Gründerzeit Ende des 19. Jahrhunderts folgten die Wirtschaftskrisen in den 1920/30er Jahren. Im Zweiten Weltkrieg produzierten viele westfälische Möbelhersteller für die Wehrmacht Kasernenmobiliar, Krankenbetten und Munitionskisten. In dieser Zeit wurden in den Firmen auch viele Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene beschäftigt.¿

Nach dem Zweiten Weltkrieg begann die Hochphase der einheimischen Möbelindustrie. Der rasche Wiederaufbau der zerstörten Städte und die notwendige Anschaffung von preiswerten Möbeln für die neue Wohnung sorgte bis Anfang der 1970er-Jahre für einen scheinbar nicht enden wollenden wirtschaftlichen Aufschwung. ¿Einbauküche, Cocktailsessel und das schicke Schlafzimmer für die Eltern und ein modern eingerichtetes Kinderzimmer gehörten in fast jeden Haushalt¿, so der LWL-Museumsleiter.

Anfang der 1970er Jahre beendete die erste Wirtschaftskrise der Nachkriegszeit diese Goldgräberzeit der Möbelindustrie. Viele Firmen begannen Teile ihrer Produktion nach Osteuropa auszugliedern. Seit dieser Zeit mussten viele renommierte Firmen die Produktion einstellen, weil sie der wachsenden Konkurrenz aus Polen oder Tschechien nicht mehr gewachsenen waren. Fehlende Investitionen und veraltete Produktionsstätten bedeuteten das Ende dieser meist von Familien geführten Unternehmen.

Die Möbelindustrie in Westfalen hat sich heute auf den wachsenden Wettbewerb eingestellt. Willi Kulke: ¿Moderne Designmöbel, Spezialmöbel für Senioren, eine rationelle Herstellung von qualitativ hochwertigen Küchenmöbeln garantieren viele Arbeitsplätze in der Region.¿

Zur Eröffnung der Ausstellung am Sonntag (19.4.) um 11 Uhr sind Gäste herzlich willkommen. Der Eintritt ist frei.


Begleitprogramm:

10.5. 14 Uhr
Erzählcafé:
Die Firma Bergmann Polstergestelle. Der ehemalige Firmeninhaber Gustav Bergmann erzählt aus 100 Jahren Firmengeschichte.

7.6. 14 Uhr
Erzählcafé:
Die Lebensgeschichte des Ferdinand Matuszek. Friedhelm Schäffer von der Erinnerungs- und Gedenkstätte Wewelsburg und Oliver Nickel, Leiter der Dokumentationsstätte Stalag 326 Senne, lesen aus der Lebensgeschichte des polnischen Zwangsarbeiters Ferdinand Matuszek (1926-2014), der ab 1942 im Kreis Minden eingesetzt wurde und nach dem Krieg in der westfälischen Möbelindustrie arbeitete.

21.6. 14 Uhr
Erzählcafé:
Gustav Kopka der Serienmöbel-Pionier. Experte und ¿Kopka-Sammler¿ Manfred Pirscher und der Herforder Stadtarchivar Christoph Laue geben Einblicke in die Anfänge der Möbelindustrie in der Region und erklären, was die Firma Kopka für Ostwestfalen-Lippe bedeutete.

29.6. ¿ 3.7.
Ferienspiele Möbelherstellung
. Kinder im Alter von sieben bis elf Jahren lernen eine Woche lang unter der Anleitung von Museumspädagogen unterschiedliche Materialien und Techniken zur Gestaltung von Möbeln kennen. Sie verzieren alte Stühle und bauen einfache Wohnelemente (Anmeldung erforderlich).

2.7. 10 Uhr
Exkursion:
Betriebsbesichtigung bei Poggenpohl in Herford
Einmal Mäuschen spielen und sehen wie die Küchen hergestellt werden, die in vielen Haushalten täglich genutzt werden. Informative Betriebsführung durch die Produktionshallen des Herforder Küchenherstellers Poggenpohl (Anmeldung erforderlich).

19.7. 14 Uhr
Exkursion:
Führung durch das private Firmenarchiv von Gustav Bergmann. Der Inhaber der 2007 in Konkurs gegangenen Lagenser Firma Bergmann Polstergestelle gibt eine Führung durch sein persönliches Archiv zur Firmengeschichte (Anmeldung erforderlich).

13.9. 14 Uhr
Film:
Die Satire ¿Kitchen Stories¿ auf der Großbildleinwand. Feldforscher werden von ¿Schwedens führendem Haushaltsforschungsinstitut¿ (Radio Stockholm) in die norwegische Ödnis der 1950er- Jahre geschickt um Bewegungsabläufe männlicher Singles in der heimischen Küche zu beobachten - lakonische, typisch skandinavische Komödie.

In Serie ¿ 150 Jahre Möbel aus Westfalen
19.4.2015 - 4.10.2015
LWL-Industriemuseum I Ziegeleimuseum Lage
Sprikernheide 77, 32791 Lage
Geöffnet Di-So 10-18 Uhr
http://www.lwl-industriemuseum.de

Ausstellungskatalog:
LWL-Industriemuseum (Hrsg.): In Serie. 150 Jahre Möbelindustrie in Westfalen, Essen 2015.
Erhältlich im Museumsshop



Pressekontakt:
Markus Fischer, LWL-Pressestelle, Telefon: 0251 591-235 und Willi Kulke, LWL-Industriemuseum Ziegelei Lage, Tel. 05232 9490-11
presse@lwl.org



LWL-Einrichtung:
LWL-Museum Ziegelei Lage
Sprikernheide 77
32791 Lage
Karte und Routenplaner



Der LWL im Überblick:
Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) arbeitet als Kommunalverband mit 20.000 Beschäftigten für die 8,3 Millionen Menschen in der Region. Der LWL betreibt 35 Förderschulen, 21 Krankenhäuser, 18 Museen sowie zwei Besucherzentren und ist einer der größten deutschen Hilfezahler für Menschen mit Behinderung. Er erfüllt damit Aufgaben im sozialen Bereich, in der Behinderten- und Jugendhilfe, in der Psychiatrie und in der Kultur, die sinnvollerweise westfalenweit wahrgenommen werden. Ebenso engagiert er sich für eine inklusive Gesellschaft in allen Lebensbereichen. Die neun kreisfreien Städte und 18 Kreise in Westfalen-Lippe sind die Mitglieder des LWL. Sie tragen und finanzieren den Landschaftsverband, dessen Aufgaben ein Parlament mit 125 Mitgliedern aus den westfälischen Kommunen gestaltet.


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