LWL-Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

Mitteilung vom 29.06.15

Presse-Infos | Kultur

Aus Nigeria ins LWL-Industriemuseum

Koli Kanté ist unbegleiteter minderjähriger Flüchtling und macht auf der Zeche Zollern ein Praktikum

Bewertung:

Dortmund (lwl). Der junge Mann im Blaumann beugt sich über den Bohrer. In das schwarz lackierte Untergestell eines Drehkrans bohrt er unter den Augen von Werner Lammers ein Loch für eine Niete. Der Schlosser ist voll des Lobes: ¿Er lernt schnell¿, sagt der LWL-Mitarbeiter. Vier Monate hat der 16-jährige Koli Kanté ein Praktikum im LWL-Industriemuseum Zeche Zollern in Dortmund gemacht. Jeden Dienstag kam er morgens in die Werkstatt auf dem großräumigen Gelände in Dortmund-Bövinghausen und lernte etwas über Metall, Fräsarbeiten und alte Maschinen, und ganz nebenbei auch über das Miteinander und die Zusammenarbeit in einem Betrieb.

Keine Perspektive in Nigeria

Seit rund einem Jahr lebt Koli Kanté in Deutschland. Vor etwa zwei Jahren entschied sich der damals 14-Jährige sein Heimatland Nigeria zu verlassen. ¿Seine Eltern hat er nie kennengelernt. Sie gaben ihn als kleines Kind an seine Tante ab. Dort gab es für ihn keine Perspektive¿, sagt Peter Krieweth. Der Gesamtvertrauensmann der schwerbehinderten Menschen beim LWL kümmert sich zusammen mit seiner Frau, die ehrenamtlicher Vormund für den Jungen ist, seit rund einem Jahr um den 16-Jährigen. ¿Kolis großer Traum ist es, Fußballer zu werden¿, sagt Peter Krieweth. In der Fußballschule in Nigeria erkannten sie sein großes Talent und empfahlen dem Teenager, in Europa eine Karriere anzustreben.

Gefährliche Flucht nach Deutschland

Mit zehn weiteren Kindern versuchte der damals 14-Jährige schließlich monatelang auf dem Landweg über Mali, Algerien und durch die Sahara nach Marokko seinem Traum näher zu kommen. Ihr Ziel war die spanische Enklave Melilla. Koli Kanté schaffte es mit Verletzungen die gewaltigen Grenzanlagen zu überwinden und versteckte sich schließlich hinter dem Ersatzreifen eines Lkws, der auf dem Weg nach Europa war. ¿Als er bei einem Stopp des Transporters, einen französisch sprechenden Menschen hörte, kam er aus seinem Versteck, weil er sich in Frankreich wähnte¿, erzählt Peter Krieweth. Es war jedoch der französische Fahrer selbst, der gerade Halt in Spanien machte. Der Fahrer kümmerte sich um den Jungen und päppelte ihn auf. Koli Kanté wollte jedoch nicht in Spanien bleiben. Sein Traum war es jetzt, Deutschland zu erreichen - das Land, von dem er so viel Gutes gehört hatte. Er schaffte es schließlich bis nach Bochum. Dort meldete er sich bei den Behörden und wohnt seitdem in einer betreuten Wohngruppe der Caritas mit weiteren 18 minderjährigen unbegleiteten Flüchtlingen. Mit ihnen besucht er eine Schule, in der er Deutsch lernt und nun seinen Hauptschulabschluss gemacht hat. Nach den Sommerferien wird er an der Volkshochschule Bochum für die Fachoberschulreife büffeln.

Terror in der Heimat

Seine Deutschkenntnisse sind gut. ¿Er versteht alles und ist wissbegierig¿, sagt Werkstattleiter Patrick Schad, der Koli Kanté an seinem ersten Praktikumstag in Empfang genommen hat. Wenn es einmal mit der Verständigung auf Deutsch nicht funktioniert, geht es auf Englisch weiter. Manchmal fragen ihn die Männer aus der Werkstatt nach seiner Heimat. Dann erzählt Koli Kanté von den wilden Tieren in Afrika, von der Gewalt in Nigeria durch die terroristische Vereinigung Boko Haram und manchmal auch von seiner Flucht.

Kanté träumt von einer Fußballkarriere

Koli Kanté ist gerne auf der Zeche Zollern. Vor Kurzem hätte der Schüler an einem Schulausflug ins Phantasialand teilnehmen können. Er hat zugunsten seines Praktikumstages verzichtet. ¿Mir gefällt hier alles¿, sagt er und ist bei jeder neuen Aufgabe, sei es die Bedienung eines Hochdruckreinigers oder die Beaufsichtigung einer Maschine, voll konzentriert. ¿Koli ist oft so vertieft, dass er manchmal sogar vergisst, rechtzeitig Feierabend zu machen¿, sagt Schlosser Werner Lammers. Dann müssen ihn die Werkstattmitarbeiter daran erinnern, dass bald sein Zug zum Fußballtraining abfährt. Im Moment trainiert er beim SV Lünen und hofft, zu einem Probetraining bei Borussia Dortmund und dem VfL Bochum eingeladen zu werden.

¿Er weiß aber auch, dass ihm eine gute Ausbildung in Deutschland viele Chancen eröffnet¿, sagt Peter Krieweth. Das Praktikum auf der Zeche Zollern habe Koli so gut gefallen, dass er sich mittlerweile eine handwerkliche Ausbildung vorstellen könne. Peter Krieweth und seine Frau werden seinen Weg weiterhin eng begleiten und ihm helfen, sich in Deutschland zurechtzufinden: ¿Er ist uns sehr ans Herz gewachsen¿, sagt der LWLer. Vor wenigen Tagen haben sie Koli als Pflegekind angenommen.



Pressekontakt:
Markus Fischer, LWL-Pressestelle, Telefon: 0251 591-235
presse@lwl.org



LWL-Einrichtung:
LWL-Museum Zeche Zollern
Grubenweg 5
44388 Dortmund
Karte und Routenplaner



Der LWL im Überblick:
Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) arbeitet als Kommunalverband mit 20.000 Beschäftigten für die 8,3 Millionen Menschen in der Region. Der LWL betreibt 35 Förderschulen, 21 Krankenhäuser, 18 Museen sowie zwei Besucherzentren und ist einer der größten deutschen Hilfezahler für Menschen mit Behinderung. Er erfüllt damit Aufgaben im sozialen Bereich, in der Behinderten- und Jugendhilfe, in der Psychiatrie und in der Kultur, die sinnvollerweise westfalenweit wahrgenommen werden. Ebenso engagiert er sich für eine inklusive Gesellschaft in allen Lebensbereichen. Die neun kreisfreien Städte und 18 Kreise in Westfalen-Lippe sind die Mitglieder des LWL. Sie tragen und finanzieren den Landschaftsverband, dessen Aufgaben ein Parlament mit 125 Mitgliedern aus den westfälischen Kommunen gestaltet.


Der LWL auf Facebook:
https://www.facebook.com/LWL2.0






Ihr Kommentar




zur Druckansicht dieser Seite

zu den aktuellen Presse-Infos