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Mitteilung vom 04.05.16

Presse-Infos | Soziales

Expertin fordert bessere Schutzmaßnahmen

Frauen mit Behinderung werden häufiger Opfer von Gewalt

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¿Gewalt an Frauen mit Behinderung¿ war das zentrale Thema einer Fachtagung, zu der die Stadt Recklinghausen und die Behindertenhilfe des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) am Dienstag geladen haben. Prof. Dr. Claudia Hornberg von der Uni Bielefeld erklärt im Interview, welche Erfahrungen Frauen mit Behinderung im Alltag erleben.

1. Gibt es Besonderheiten, mit denen sich Frauen mit Behinderung im Alltag auseinandersetzen müssen, die andere in dieser Form nicht kennen?

Ja, die gibt es durchaus. Im Hinblick auf die gynäkologische Versorgung erschweren vor allem Kommunikationsbarrieren zwischen Ärzten und Patientinnen den Zugang. Frauen mit Behinderung werden daher häufig nur mangelhaft aufgeklärt und kaum in Entscheidungsprozesse wie etwa Verhütungsfragen einbezogen. Besonders deutlich wird die Ungleichbehandlung dadurch, dass die Drei-Monats-Spritze zur Verhütung Frauen ohne Behinderung aufgrund der Nebenwirkungen viel seltener verordnet wird als Frauen mit Behinderung. Insbesondere einigen Frauen mit kognitiven Beeinträchtigungen wird die Familiengründung durch systematische Verhütungsmaßnahmen oder gar Sterilisation außerdem erschwert oder ganz verwehrt.

2. Gibt es Zahlen, wie viele Frauen mit Behinderung Opfer von Gewalt werden?

Frauen mit Behinderung erfahren im Verlauf ihres Lebens häufiger Gewalt als der Durchschnitt der weiblichen Bevölkerung. Bis zu 90 Prozent der Frauen mit Behinderungen, die 2013 im Rahmen der repräsentativen Studie ¿Lebenssituationen und Belastungen von Frauen mit Beeinträchtigungen und Behinderungen in Deutschland¿ befragt wurden, berichteten von psychischer Gewalt im Erwachsenleben. Viele erfahren auch körperliche Gewalt und sexuellen Missbrauch.

3. Welche Formen von Gewalt sind in diesem Zusammenhang besonders häufig?

Besonders häufig sind psychische Gewalt und psychisch verletzende Handlungen. Das reicht von verbalen Beleidigungen und Demütigungen über Benachteiligung und Ausgrenzung bis hin zu Drohung, Erpressung und Psychoterror. Die Täterinnen und Täter stammen dabei besonders häufig aus dem näheren Umfeld der Opfer. Insgesamt ist das Risiko, Gewalt zu erleben, für Frauen mit Behinderungen aber in allen Lebensbereichen deutlich erhöht. Leben Frauen in Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen, werden sie auch dort häufig Opfer von Gewalt ¿ durch andere Bewohner, aber auch durch das Personal.

4. Wo liegen die besonderen Herausforderungen des Schutzes von Frauen mit Behinderung?

Wie aktuelle Studien zeigen, sehen sich Frauen mit Behinderung häufig mit körperlicher, sexueller und psychischer Gewalt konfrontiert, sind aber gleichzeitig unzureichend davor geschützt. Dringend nötig sind deshalb niedrigschwellige und barrierefreie Schutz- und Unterstützungsangebote für diese verletzliche Gruppe. In der Bevölkerung vorherrschende Vorurteile und Diskriminierung müssen daher abgebaut werden. Gleichzeitig sollten durch frühzeitig einsetzende Angebote zur Gewaltprävention und Gesundheitsförderung das Selbstvertrauen und Selbstbewusstsein von Frauen mit Behinderungen gestärkt werden. Dazu gehört auch ein respektvoller und solidarischer Umgang seitens der Ämter und Behörden. Frauen mit Behinderung müssen im Sinne der Teilhabe das gleiche Recht auf Selbstbestimmung haben wie alle anderen Menschen.



Pressekontakt:
Hannah Reichelt, LWL-Pressestelle, Telefon: 0251 591-5400
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