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Mitteilung vom 30.06.17

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"Reif für die Insel" und "Lust auf Leben"

Neue Ausstellungen im LWL-Textilwerk Bocholt

Bewertung:

Bocholt (lwl). Urlaub ist die kleine Flucht aus dem Alltag. Und nirgendwo kann man die arbeitsfreien Wochen schöner verbringen als auf einer Insel. Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) stellt in der Ausstellung "Reif für die Insel" ab Sonntag (2.7.) in seinem Industriemuseum Textilwerk in Bocholt die drei Ferienparadiese Sylt, Hiddensee und Mallorca vor.

Gleichzeit präsentiert das LWL-Industriemuseum in einem weiteren Saal der ehemaligen Spinnerei unter dem Titel "Lust auf Leben!" Fotografien von Johannes Weber aus dem münsterländischen Dorf Nottuln (Kreis Coesfeld), die er zwischen 1946 und 1955 gemacht hat und die das Leben in der Nachkriegszeit dokumentieren. Beide Ausstellungen werden Sonntag um 11 Uhr in der Spinnerei des LWL-Textilwerks eröffnet und laufen dort bis 31. Dezember 2017.

Reif für die Insel
Sylt, Hiddensee und Mallorca - jede dieser Inseln verkörpert ein bestimmtes Klischee: die Insel der Schönen und Reichen in der Nordsee, die Insel der Einzelgänger und Naturliebhaber in der Ostsee, die Insel der Massen und der Stars im Mittelmeer. Die Wirklichkeit ist allerdings vielschichtiger. Mit rund 500 Exponaten - Bademoden, Plakaten, Postkarten, Souvenirs, Gemälden und Fotografien - zeigt die Ausstellung, wie sich der Tourismus an den verschiedenen Orten entwickelt und wie sich die Urlaubskleidung verändert hat. Das Spektrum der Objekte reicht vom 100 Jahre alten, mit Rüschen besetzten Badeanzug für Damen bis zur Jukebox mit Strandhits, vom Westerland-Bass eines Mitglieds der Rockband "Die Ärzte" bis zum Original-Inventar eines kompletten Gästezimmers aus Hiddensee. Video-Interviews mit Insulanern, die ganz persönliche Geschichten erzählen, bereichern die Präsentation.

"Die Ausstellung zeigt auf erfrischende und kompakte Weise, wie die Deutschen Urlaub machten und machen: vom Kaiserreich bis heute, in West und Ost, im Inland und im Ausland. Ein tolles Thema, das Spaß macht", erklärte LWL-Kulturdezernentin Dr. Barbara Rüschoff-Parzinger am Freitag (30.6.) bei der Vorstellung der Schau im LWL-Textilwerk Bocholt.

Tatsächlich steckt in der Geschichte des Tourismus mehr als Sonne, Sand und Meer. "Urlaub ist die Kehrseite der Arbeitswelt und immer auch ein Spiegel der Gesellschaft. Veränderungen machen sich immer auf beiden Seiten bemerkbar. Das zeigt unsere Ausstellung ganz deutlich", so Dirk Zache, Direktor des LWL-Industriemuseums. Drei Leitfragen haben die Konzeption der im LWL-Industriemuseum Schiffshebewerk Henrichenburg entwickelten Schau bestimmt: Wie wurden die Inseln entdeckt? Wer fuhr und fährt aus welchen Gründen dorthin? Welche Folgen hat der Tourismus für die Zielorte? In Bocholt wurde die Frage nach den modischen Veränderungen auf den Inseln vertieft. "Wir haben die in Waltrop erstmals gezeigte Schau noch um viele Stücke aus unserer Sammlung ergänzt", hebt Martin Schmidt, wissenschaftlicher Referent im LWL-Textilwerk, den besonderen Reiz der Präsentation hervor.

Sylt
Westerland darf sich seit 1855 "Seebad" nennen - zu diesem Zeitpunkt stand Sylt noch unter dänischer Hoheit. Bald entstanden die ersten Hotels. Am Strand gab es ein Herren- und ein Damenbad. Ab 1902 durften sich dann im Familienbad - dem ersten in Preußen - die Geschlechter mischen. Sylt stieg zur "Königin der Nordsee" auf, mit Modeschauen, Hunderennen und Tanzabenden. Seit 1927 verbindet der als technische Meisterleistung gefeierte Hindenburgdamm Sylt mit dem Festland.

Nach dem Krieg entwickelte sich die Insel zum Treffpunkt der Eliten aus Wirtschaft und Medien. Gunter Sachs, Axel Springer und Berthold Beitz gehörten zu den Stammgästen, was die Auswahl der Reisekleidung bei den Inselbesuchern stark beeinflusste. Auch wer noch nicht da war, kennt die Insel-Silhouette: der Autoaufkleber ist der meist verkaufte in Deutschland. Das VIP-Image ist bis heute geblieben und zeigt sich deutlich in der auf Sylt getragenen Kleidung, auch wenn der eigentliche Reiz der Insel in ihrer Strand- und Dünenlandschaft liegt.

Hiddensee
Auf Hiddensee geht es ungezwungener zu - der fahrbare Untersatz taugt auf der autofreien Insel nicht als Statussymbol. Auch die Kleidung spiegelt die Naturverbundenheit der Hiddensee-Urlauber wieder. In der Weimarer Republik war die Insel der "Balkon von Berlin". Gerhart Hauptmann und Asta Nielsen besaßen hier Sommerhäuser; Thomas Mann, Albert Einstein, Joachim Ringelnatz und Heinrich George suchten Erholung. In der DDR galt Hiddensee als das begehrteste Reiseziel des Landes. Der Freie Deutsche Gewerkschaftsbund kontrollierte die Zuteilung fast aller freien Betten auf der Insel. "Die Hiddenseer durften einige Zimmer direkt an Privatgäste vermieten. Sie vergaben jeden Winkel in Scheune, Stall und Stiege an Schwarzschläfer", so Schmidt. Einige Gäste versuchten die DDR zu verlassen und nach Dänemark zu fliehen - für sie war Hiddensee der Start zu einer ganz besonderen Reise.

Mallorca
Ab 1900 etablierte sich Mallorca mit der Kathedrale von Palma als Kulturreiseziel, während sich erst später auch der Strandurlaub entwickelte. In den 1930er Jahren bildete sich eine Kolonie von Deutschen, von denen einige Zuflucht vor dem Nationalsozialismus suchten. Spätestens als der Düsenjet Ende der 1960er Jahre das Propellerflugzeug ablöste, setzte sich Mallorca als erschwinglicher Urlaubsort mit Sonnengarantie bei den Deutschen durch. Heute stellen sie 40 Prozent der 9,7 Millionen Touristen. Hatten die ersten Pauschaltouristen noch mit Hut und Krawatte im Flieger gesessen, fuhren bald die "Ballermänner" mit einheitlichen Motto-T-Shirts los, um ordentlich "die Sau 'raus zu lassen". Für das Ausstellungsprojekt hat das LWL-Industriemuseum die Ruhrgebietsfotografin Brigitte Kraemer zur Partymeile von S'Arenal geschickt.
Überfüllte Strände mit maroden Bettenburgen verschlechterten in den 1990er Jahren den Ruf der Insel. Diesen Trend hat Mallorca gestoppt, indem es neben dem Strand auch die Berge, den Sport und die Kultur hervorhebt.

Rahmenprogramm
An zwei Sonntagen im Monat findet um 15 Uhr eine öffentliche Führung durch die Sonderausstellung statt. Die Teilnahme ist jeweils kostenlos; Besucher zahlen nur den normalen Eintritt. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich. Gruppen können Führungen an frei zu vereinbarenden Terminen buchen.

Auch Kleinkunstabende, Lesungen und Vorträge gehören zum Begleitprogramm. Die nächsten Termine:

Do, 13.07.2017 | 19 Uhr
"Fantasie! Herr Staatsanwalt!". Badeanzug & Bikini im Wandel von Mode und Moral
Vortrag von Martin Schmidt

So, 10.09.2017 | 15 Uhr
Mascha meets Ringelnatz. Literarisch-musikalische Performance zu Texten von Mascha Kaléko und Joachim Ringelnatz mit der Schauspielerin Tanja Hellwig und dem Gitarristen Michael Grünwald

Do, 19.10.2017 | 19 Uhr
Mallorca und die Popmusik. Vortrag von Dr. Ingo Grabowsky mit musikalischer Begleitung
durch Carlo Robok

Do, 23.11.2017 | 19 Uhr
Mallorca und die Deutschen. Zur Geschichte des Tourismus, Vortrag von Dr. Arnulf Siebeneicker

Kosten: jeweils nur Museumseintritt

Lust auf Leben!
In über 6.000 Fotografien hielt der Amateurfotograf Johannes Weber zwischen 1946 und 1955 mit seiner Leica-Kleinbildkamera das Leben im münsterländischen Nottuln fest. Für die Ausstellung wählte das LWL-Medienzentrum 80 aussagekräftige Fotografien der Sammlung Weber aus. Sie erzählen von einer vergessenen Welt, die bis vor einem halben Jahrhundert in vielen Dörfern und Kleinstädten Westfalens Alltag war, und zeugen von der "Lust auf Leben!" in der entbehrungsreichen Nachkriegszeit. Die Fotografien werden gemeinsam mit historischen Strickmaschinen präsentiert, denn Weber war auch "Haus- und Hoffotograf" seines Arbeitgebers, des Stumpfherstellers Gebr. Rhode. "Diese Verbindung haben das LWL-Medienzentrum und das LWL-Textilwerk auf die Idee eines gemeinsamen Projektes gebracht. Ich freue mich sehr, dass neben dem Buch eine eindrucksvolle Ausstellung entstanden ist, die an keinem passenderen Ort hätte gezeigt werden können", betonte Rüschoff-Parzinger.

Ursprünglich bei der Hamburger Nordwolle beschäftigt, war Weber im Winter 1945/46 an den Sitz seines neuen Arbeitgebers, der Strickerei Gebr. Rhode, nach Nottuln gezogen. Als versierter Amateurfotograf aus der Großstadt fotografierte er die Menschen im Dorf bei besonderen Anlässen. Schützenfeste, Prozessionen, Hochzeiten, Kommunion, Glockenweihe und Grundsteinlegung bilden meist den Rahmen seiner Aufnahmeserien.

Seine Fotografien zeigen aber auch die Entwicklung des Strumpfherstellers Rhode, des damals einzigen Industriebetriebes vor Ort, sowie die herausgehobene Position der Fabrikantenfamilie. "Der Spannungsbogen zwischen dem Alltag der Unternehmer und dem münsterländischen Dorfleben macht einen großen Reiz der Weberschen Fotografien aus", findet Museumsleiter Dr. Hermann Josef Stenkamp. Eine fototechnische Besonderheit der Sammlung sind stereoskopische 3D-Fotografien vom Dorfbild Nottulns, die Weber ebenfalls mit seiner Leica aufnahm. Eine Rarität auch seine frühen Schützenfestfotografien, die noch unter alliiertem Waffenverbot entstanden und die Schützen zunächst nur mit Holzknüppeln bewaffnet, später mit der Armbrust, zeigen.


Eröffnung
Bei der Eröffnung der beiden Ausstellungen am Sonntag (2.7.) um 11 Uhr begrüßt Gertrud Welper, stellvertretende Vorsitzende der LWL-Landschaftsversammlung, die Gäste. Daneben spricht Hanni Kammler, stellvertretende Bürgermeisterin der Stadt Bocholt, ein Grußwort. Martin Schmidt vom LWL-Textilwerk moderiert die Talkrunde mit Dirk Zache, Direktor des LWL-Industriemuseums, Dr. Arnulf Siebeneicker, Leiter des LWL-Industriemuseums Schiffshebewerk Henrichenburg und Anja Drachter, Leiterin von FIRST Reisebüro Drachter in Bocholt. Musikalisch wird der Vormittag von der Jazz-Band "Groove Affairs" begleitet.


Begleitpublikationen
Zur Ausstellung "Reif für die Insel" ist im Klartext Verlag ein reich bebildertes Begleitbuch mit Aufsätzen von 25 Autoren erschienen: Reif für die Insel - Tourismus auf Sylt, Hiddensee und Mallorca, Hg. LWL-Industriemuseum, Arnulf Siebeneicker und Mathias Wagener, 455 S., Essen 2016, ISBN 978-3-8375-1668-5, Preis: 19,95 Euro.

Begleitend zur Ausstellung "Lust auf Leben!" ist ein Bildband mit 170 Fotografien sowie Beiträgen zur Textil- und Fotogeschichte im Tecklenborg-Verlag erschienen: Dorfleben in den Nachkriegsjahren. Nottuln 1946-1955, Hg. LWL-Medienzentrum für Westfalen, Hans-Peter Boer, Hermann Josef Stenkamp, Stephan Sagurna, 200 S., Steinfurt 2016, ISBN 978-3-944327-46-4, Preis: 19,90 Euro.


Reif für die Insel - Tourismus auf Sylt, Hiddensee und Mallorca
2.7.2017-31.12.2017

Lust auf Leben! Fotos von Johannes Weber aus seinem Dorf, 1946-1955
2.7.2017-31.12.2017

LWL-Industriemuseum Textilwerk Bocholt (Spinnerei)
Geöffnet Di-So 10-18 Uhr
http://www.lwl-industriemuseum.de



Pressekontakt:
Markus Fischer, LWL-Pressestelle, Telefon: 0251 591-235 und Christiane Spänhoff, LWL-Industriemuseum, Telefon: 0231 6961-127
presse@lwl.org



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Der LWL im Überblick:
Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) arbeitet als Kommunalverband mit 20.000 Beschäftigten für die 8,3 Millionen Menschen in der Region. Der LWL betreibt 35 Förderschulen, 21 Krankenhäuser, 18 Museen sowie zwei Besucherzentren und ist einer der größten deutschen Hilfezahler für Menschen mit Behinderung. Er erfüllt damit Aufgaben im sozialen Bereich, in der Behinderten- und Jugendhilfe, in der Psychiatrie und in der Kultur, die sinnvollerweise westfalenweit wahrgenommen werden. Ebenso engagiert er sich für eine inklusive Gesellschaft in allen Lebensbereichen. Die neun kreisfreien Städte und 18 Kreise in Westfalen-Lippe sind die Mitglieder des LWL. Sie tragen und finanzieren den Landschaftsverband, dessen Aufgaben ein Parlament mit 125 Mitgliedern aus den westfälischen Kommunen gestaltet.


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