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Mitteilung vom 17.02.20

Presse-Infos | Soziales

LWL-Messe der Inklusionsunternehmen 2020 in Dortmund

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Dortmund/Nordkirchen (lwl). In Westfalen-Lippe sorgen rund 170 Inklusionsunternehmen für Inklusion im Arbeitsleben. Menschen mit und ohne Behinderung arbeiten in den Firmen zusammen, die sich auf dem freien Markt beweisen müssen. Und die Arbeitsplätze für die Menschen mit Behinderung sind im Schnitt deutlich kostengünstiger als die Plätze in den Werkstätten für Menschen mit Behinderung.

Bei der LWL-Messe der Inklusionsunternehmen am 18. März in der Messe Dortmund präsentieren sich Firmen, die der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) bei ihrer Arbeit unterstützt. Eines der Inklusionsunternehmen kommt aus Nordkirchen (Kreis Coesfeld).

Wie eine große Familie - In der Integrationsküche Nordkirchen werden täglich über 1600 Essen gekocht
Es duftet nach Tomatensauce und gebratenem Hackfleisch. In der Auslage der knallig-roten Theke dampfen gefüllte Paprika. Die Kantine der Integrationsküche Nordkirchen rüstet sich für den großen Ansturm. Jetzt, um kurz nach halb zwölf ist es noch ruhig, aber das wird sich in der nächsten Stunde ändern. Torsten Wißmann und seine Kollegen nutzen die Zeit und essen das, was sie in den Stunden zuvor selbst gekocht haben. Der 38-Jährige, der aus der Werkstatt für Menschen mit Behinderungen (WfbM) des Caritasverbandes in Nordkirchen zur Integrationsküche wechselte, gehört zu den Mitarbeitern mit Handicap und arbeitet dort seit Mai 2016 auf einem sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplatz.

Sie mögen ihn hier, er gilt als ruhig, zuverlässig und eigentlich immer gut gelaunt. Wenn Torsten morgens um 7.30 Uhr seinen Dienst antritt, weiß er genau, was zu tun ist. Lebensmittel heranschaffen, Gemüse oder Fleisch anbraten, in großen Töpfen umrühren, später auch spülen oder mit einem der Elektro-Fahrzeuge Essen auf dem weitläufigen Gelände der Vestischen Caritas-Kliniken, zu der die Integrationsküche gehört, ausfahren. Bis 14.30 Uhr dauert Torstens Arbeitstag, dann hat er Feierabend. Für ihn ist die Arbeit aber keine Last, ganz im Gegenteil: "Ich koche sehr gerne, deswegen finde ich meinen Job auch so gut." Die Kollegen sind für ihn, so sagt er, "wie eine große Familie."

Niemand wird überfordert
So etwas hört Thomas Pliquett gerne. Er ist Geschäftsführer der Integrationsküche Nordkirchen und Kaufmännischer Direktor der Vestischen Caritas Kliniken Kinderheilstätte. "Wir schauen genau hin, wie belastbar der einzelne Mitarbeiter ist", sagt Pliquett. Niemand soll in Nordkirchen überfordert werden.

Seit Anfang 2016 gibt es die Integrationsküche Nordkirchen. "Früher hatten die Einrichtungen ihre eigenen kleinen Küchen, das war alles nicht mehr kostendeckend. Man braucht heute gut 1.500 Essen täglich, um wirtschaftlich zu sein. Wir hatten hier in Nordkirchen nur 500", so Pliquett. Man habe vor der Entscheidung gestanden: "Bauen wir eine neue Großküche, die leistungsfähiger ist als die bisherigen zusammen, oder lassen wir es?"

Auf Expansionskurs
Die neue Küche wurde gebaut, auch weil sich neben der Muttergesellschaft Institutionen wie das NRW-Sozialministerium, das LWL-Inklusionsamt Arbeit, die Stiftung Wohlfahrtspflege NRW und die Aktion Mensch finanziell engagierten. Während der Planungsphase wurde Pliquett durch die Betriebswirtschaftliche Beratungsstelle für Inklusionsbetriebe bei der Handwerkskammer Münster unterstützt. Pliquett und seine Kollegen schauten sich andere Großküchen an, recherchierten die technischen Notwendigkeiten, kalkulierten das Investitionsvolumen - und machten sich dann an die Kundenakquise. Klar war, dass die neue Integrationsküche die Kinderheilstätte versorgen sollte, aber auch weitere Einrichtungen in Nordkirchen wie die Gesamtschule, Kindergärten oder die Werkstatt des Caritasverbandes für den Kreis Coesfeld in Nordkirchen.

Der Start 2016 mit 850 Essen war gut, aber noch ausbaufähig. 2019 kamen weitere Werkstätten aus dem Caritas-Verbund in Lüdinghausen und Lünen sowie die Vestische Kinder- und Jugendklinik in Datteln hinzu. "Heute sind wir bei 1.600 Essen täglich", sagt Pliquett. "Das ist dann auch die Grenze für einen Ein-Schicht-Betrieb." Schließlich müssten sich alle Mitarbeiterinnen zurechtfinden. Auch deren Zahl ist gestiegen. Waren es vor kurzem noch 25, werden es bald 33 sein, 16 davon sind Menschen mit Beeinträchtigungen. "Wir achten darauf, dass wir verschiedene Behinderungsgrade bei uns haben", sagt Pliquett. In der Integrationsküche arbeiten Menschen mit geistiger, psychischer und körperlicher Behinderung Seite an Seite mit Menschen ohne Handicap. "Wir schauen vor allem auf die individuelle Qualifikation", deshalb seien die jeweiligen Teams auch sehr gemischt.

Betriebswirtschaftlich organisiert
Die Integrationsküche Nordkirchen steht in einem harten Wettbewerb. Sie ist streng betriebswirtschaftlich organisiert: vom Betriebsleiter über den Küchenchef, die Köche und Wirtschaftlerinnen bis zu den Küchenhilfen und Fahrern. Sogar eine Diätassistentin wird beschäftigt. Und selbstverständlich bietet eine moderne Großküche wie die in Nordkirchen in heutiger Zeit auch regionale, vegetarische und vegane Essensalternativen an.

Mit drei Transportern liefern Wißmanns Kollegen täglich die Mahlzeiten aus, jedes Auto beladen sie mit 350 Essen, gut verpackt in Thermobehältern. "Der Preis bei uns ist etwas höher als bei den Branchenriesen, ¬aber dafür ist das Essen auch regionaler", sagt Pliquett. Und sehr geschmackvoll. "Wir wollen zufriedene Kunden haben, gute Qualität ist da entscheidend. Ein Mittagessen für zwei Euro können wir deshalb nicht bieten", so Pliquett.

Menschliches Maß
Auch einer Expansion um jeden Preis erteilt der Kaufmännische Direktor eine Absage. "Wir wollen in unserem Kerngebiet bleiben, ein 25-Kilometer-Radius ist in Ordnung, mehr aber auch nicht", sagt Pliquett. Und fügt hinzu: "Wir sind und bleiben die regionale Großküche für Nordkirchen und Umgebung." Überhaupt hat in der Integrationsküche alles ein menschliches Maß. Eine Pädagogin kümmert sich bei Bedarf um die Beschäftigten mit Beeinträchtigungen. Probleme werden möglichst sofort angesprochen. "Der Krankenstand unserer Mitarbeiter mit Beeinträchtigungen ist nicht höher als bei den Mitarbeiterinnen ohne Beeinträchtigungen", sagt Pliquett nicht ohne Stolz.

Torsten Wißmann ist ganz selten krank. Es gefällt ihm in Nordkirchen, woanders zu arbeiten, kann er sich nicht vorstellen. Nur sein Lieblingsessen, das gibt es in der Integrationsküche nicht so häufig: "Sauerbraten mit Königsberger Klopsen."

Hintergrund
Die Integrationsküche Nordkirchen gehört zu den Ausstellern auf der LWL-Messe der Inklusionsunternehmen in Dortmund. Die LWL-Messe bringt Unternehmen, Menschen mit und ohne Behinderung, Entscheiderinnen und Entscheider sowie Interessierte zusammen. Am 18. März 2020 findet sie zum fünften Mal statt, in diesem Jahr erstmals in der Messe Dortmund mit mehr Platz für die rund 130 Ausstellenden und unter dem Motto "Inklusion entfaltet".

Hintergrund Inklusionsunternehmen
In Westfalen-Lippe gibt es zurzeit rund 170 Inklusionsunternehmen oder -abteilungen in Firmen aus Industrie, Handel und Gewerbe, in denen etwa 2.200 Menschen mit Behinderung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt arbeiten. Die Betriebe, die zum großen Teil Mitarbeiter mit Handicaps beschäftigen, sind rechtlich und wirtschaftlich selbstständig. Sie muÌ¿ssen sich wie jedes andere Unternehmen am freien Markt behaupten.

Der LWL unterstuÌ¿tzt diese Firmen mit Mitteln aus der Ausgleichsausgabe, die Unternehmen leisten muÌ¿ssen, die nicht mindestens fuÌ¿nf Prozent ihrer Arbeitsplätze mit schwerbehinderten Mitarbeiterinnen besetzen. Die Inklusionsunternehmen bekommen ZuschuÌ¿sse zu Investitionen, betrieblichem Mehraufwand, Betreuung und Lohnkosten. An der Finanzierung beteiligen sich auch die Bundesagentur fuÌ¿r Arbeit, das Land Nordrhein-Westfalen uÌ¿ber das Programm "Integration unternehmen!" sowie die Stiftung Wohlfahrtspflege NRW und die Aktion Mensch. Hinzu kommen Mittel aus dem Förderprogramm "Inklusionsinitiative II - AlleImBetrieb" des Bundes. Die Arbeitsplätze sind im Schnitt deutlich kostengünstiger als die Plätze in den Werkstätten fuÌ¿r Menschen mit Behinderung.

Die LWL-Messe der Inklusionsunternehmen wird präsentiert unter http://www.lwl-messe.de. Geschichten, Infos und Wissenswertes rund um das Thema »Arbeiten und Inklusion« bietet der Blog: http://www.inklusives-arbeitsleben.lwl.org, der auch bei Facebook unter http://www.facebook.com/inklusives.arbeitsleben vertreten ist. Ein Kurzfilm zum Thema Inklusionsunternehmen ist hier zu sehen: https://www.youtube.com/watch?v=8klZxW-77dg&feature=youtu.be



Pressekontakt:
Markus Fischer, LWL-Pressestelle, Telefon: 0251 591-235
presse@lwl.org



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Der LWL im Überblick:
Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) arbeitet als Kommunalverband mit 20.000 Beschäftigten für die 8,3 Millionen Menschen in der Region. Der LWL betreibt 35 Förderschulen, 21 Krankenhäuser, 18 Museen sowie zwei Besucherzentren und ist einer der größten deutschen Hilfezahler für Menschen mit Behinderung. Er erfüllt damit Aufgaben im sozialen Bereich, in der Behinderten- und Jugendhilfe, in der Psychiatrie und in der Kultur, die sinnvollerweise westfalenweit wahrgenommen werden. Ebenso engagiert er sich für eine inklusive Gesellschaft in allen Lebensbereichen. Die neun kreisfreien Städte und 18 Kreise in Westfalen-Lippe sind die Mitglieder des LWL. Sie tragen und finanzieren den Landschaftsverband, dessen Aufgaben ein Parlament mit 125 Mitgliedern aus den westfälischen Kommunen gestaltet.


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