LWL-Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

Mitteilung vom 09.03.23

Presse-Infos | Soziales

Inklusion gesellschaftlich vorantreiben

GrünBau-inklusiv aus Dortmund ist bei der LWL-Messe der Inklusionsunternehmen dabei

Bewertung:

Dortmund (lwl). Die LWL-Messe der Inklusionsunternehmen bringt Unternehmen, Menschen mit und ohne Behinderung, Entscheiderinnen und Entscheider sowie Interessierte zusammen. Am 15. März 2023 findet sie bereits zum fünften Mal statt. In diesem Jahr erstmals in der Messe Dortmund, mit mehr Platz für die rund 120Ausstellenden und unter dem Motto "Inklusion entfaltet". Das Dortmunder Unternehmen GrünBau-inklusiv ist einer der Inklusionsbetriebe auf der Messe und war der erste Betrieb in Deutschland, der die Ausbildung zur Baumaschinenführung auch für gebärdensprachlich orientierte Menschen mit Hörbehinderung angeboten hat:

Ein Blick, ein Nicken, eine Geste mit dem Arm: Die Beschränkung auf non-verbale Kommunikation wäre nicht aufgefallen, wenn man nicht weiß, dass fast die Hälfte aller Angestellten bei GrünBau-inklusiv schwerbehindert und ein großer Teil von ihnen hörbehindert ist. "Wir haben anfangs viel getestet, welche Gruppen für die körperlich harte Arbeit geeignet sind", erzählt Michael Stober, ehemaliger Geschäftsführer des Inklusionsunternehmens. "Viele Bewerberinnen und Bewerber mit körperlichen Behinderungen haben jedoch schnell erkannt, dass sie trotz ihrer Motivation im Bereich des Garten- und Landschaftsbaus nicht richtig aufgehoben sind." Bewerber:innen mit Lernbehinderungen, psychischen Beeinträchtigungen und insbesondere Menschen mit Hörbehinderung haben aber gut zum Dortmunder Unternehmen gepasst und stellen heute mit 15 von 35 Angestellten fast die Hälfte der Beschäftigten.

Der Trupp in der Klönnestraße in Dortmund arbeitet an verschiedenen Aufgaben gleichzeitig. Zwei Angestellte fahren auf Geländemähern die Rasenflächen ab, zwei weitere sind mit Freischneidern auf dem Gelände unterwegs. Koordiniert werden sie von Oleg Bolgert, der von Anfang an bei GrünBau-inklusiv dabei war. Seine Erfahrung hat ihn gelehrt, dass funktionierende Kommunikation nicht vom Gehör, sondern vom Willen zur Kommunikation abhängt: "Die Kommunikation klappt immer gut, solange beide Seiten auch ein Interesse haben, verstanden zu werden. Und das ist eigentlich immer der Fall."

Mit den Kopfhörern auf den Ohren und so vielen Kollegen mit Hörbehinderung haben sich schnell allgemeinverständliche Gesten eingebürgert. Arbeitsanweisungen und die allgemeine Kommunikation tauscht das Team so auch ohne Worte mühelos aus: Bolgert zeigt beispielsweise während des Arbeitens auf sich und einen Kollegen und deutet mit einer schnellen Armbewegung an, dass sie als nächstes die Wiese hinter der Häuserzeile angehen werden. "Den Versuch mit Zetteln zu arbeiten, haben wir in der Praxis schnell wieder aufgegeben", erzählt Stober.

Wie jeden zweiten Freitag wird auch heute Nachmittag das komplette Außenteam in der Zentrale des Unternehmens GrünBau-inklusiv gGmbH zum Freitalk zusammenkommen - einem Austausch unter den Mitarbeiter:innen, der mit Unterstützung einer Dolmetscherin in Gebärdensprache abgehalten wird. Anja Coumans, Geschäftsführerin seit Januar 2022, legt besonderen Wert auf solche Maßnahmen. Denn das atmosphärische Miteinander und der Austausch zwischen Beschäftigten mit und ohne Behinderung sind kein Zufallsprodukt, sondern mit vielen Maßnahmen erarbeitet. Und ein wichtiges Signal für die Gesellschaft.

Mit zu diesen Maßnahmen gehören Kollegen-Seminare, die alle Beschäftigten besuchen. Hier verbringen zwei bis drei Kolleg:innen ohne Behinderung ein Wochenende mit einer Kollegin oder einem Kollegen mit Behinderung und lernen den Alltag und die Probleme des jeweils anderen kennen. Zusätzlich gibt es regelmäßig Gesundheitswochen für alle Angestellten des Mutterkonzerns und alle drei bis vier Monate ein Treffen mit dem Integrationsfachdienst, der Menschen mit Beeinträchtigungen und auch Inklusionsbetriebe bei der Zusammenarbeit unterstützt.

Gleiche Chancen für alle
Wichtig ist es dem Unternehmen auch, allen Mitarbeiter:innen die Möglichkeit zur fachlichen Weiterbildung zu geben. Was sich einfach anhört, kann schon beim akustischen Warnsignal des Radladers schwierig werden. Dennoch engagiert sich das Inklusionsunternehmen aus Dortmund hier besonders. Und war so beispielsweise der erste Betrieb in Deutschland, der die Ausbildung zur Baumaschinenführung auch für gebärdensprachlich orientierte Menschen mit Hörbehinderung angeboten hat.

Bis es dazu kam, war die Klärung von vielen Rahmenbedingungen notwendig - der bürokratische Aufwand enorm. Das hielt Stober und die anderen Verantwortlichen des Betriebs allerdings nicht davon ab, nach diesem ersten Erfolg weiterzumachen: Es folgte die Möglichkeit, den Kettensägenschein auch mit einer Hörbehinderung zu machen, und 2019 wurden mit Unterstützung der Berufsgenossenschaft alle Mitarbeiter:innen mit Hörbehinderung zu Sicherheitsbeauftragten ausgebildet.

Angesichts der großen wirtschaftlichen Konkurrenz, sind diese Maßnahmen nicht ganz uneigennützig. Der Fachkräftemangel trifft den Garten- und Landschaftsbau ebenso wie andere Branchen, kreative Lösungen zur Weiterbildung sind ein Mittel von vielen, sich als attraktiver Arbeitsgeber zu positionieren.

Die Mühe zahlt sich aus: In der zehnjährigen Unternehmensgeschichte hat sich die Anzahl der Angestellten von 28 auf 35 erhöht und der Umsatz mehr als verdoppelt. Neben dem größten Kunden, den Dortmunder Stadtwerken/der Dortmunder Energie- und Wasserversorgung GmbH, hat GrünBau-inklusiv mit dem Schwerpunkt auf der gärtnerischen Grünpflege bei Wohnbaugesellschaften, Firmen und Privatkunden seine ganz eigene Nische gefunden und sich am Markt etabliert.

Doch deshalb will sich Coumans nicht ausruhen. Sie lässt anklingen, dass besonders bei der Auftragsgewinnung mit öffentlichen Auftraggebern Verbesserungspotenzial besteht: "Unsere Mitarbeiter benötigen für die gleiche Arbeit einfach mehr Zeit, was sich am Preis bemerkbar macht. Wir brauchen eine gesonderte Betrachtung bei der Auftragsvergabe, wenn wir für Städte und Kommunen arbeiten wollen."

Unterstützen soll hier der NRW-Runderlass, der ermöglicht, dass Inklusionsunternehmen bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen bevorzugt werden. Doch nur wenige öffentliche Stellen kennen und nutzen diese Möglichkeit, erklärt Coumans. Hier gilt es daher, weiterhin aktiv für die Kompetenz und Stärke von Inklusionsunternehmen zu werben - auch auf Messen wie der LWL-Inklusionsmesse in Dortmund.

Hintergrund Inklusionsunternehmen
In Westfalen-Lippe gibt es zurzeit über 170 Inklusionsunternehmen oder -abteilungen in Firmen aus Industrie, Handel und Gewerbe, in denen knapp 2.200 Menschen mit Behinderung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt arbeiten. Die Betriebe, die zum großen Teil Mitarbeiter mit Handicaps beschäftigen, sind rechtlich und wirtschaftlich selbstständig. Sie muÌ¿ssen sich wie jedes andere Unternehmen am freien Markt behaupten.

Der LWL unterstuÌ¿tzt diese Firmen mit Mitteln aus der Ausgleichsausgabe, die Unternehmen leisten muÌ¿ssen, die nicht mindestens fuÌ¿nf Prozent ihrer Arbeitsplätze mit schwerbehinderten Mitarbeiter:innen besetzen. Die Inklusionsunternehmen bekommen ZuschuÌ¿sse zu Investitionen, betrieblichem Mehraufwand, Betreuung und Lohnkosten. An der Finanzierung beteiligen sich auch die Bundesagentur fuÌ¿r Arbeit, das Land Nordrhein-Westfalen uÌ¿ber das Programm "Integration unternehmen!" sowie die Stiftung Wohlfahrtspflege NRW und die Aktion Mensch. Hinzu kommen Mittel aus dem Förderprogramm "Inklusionsinitiative II - AlleImBetrieb" des Bundes. Die Arbeitsplätze sind im Schnitt deutlich kostengünstiger als die Plätze in den Werkstätten fuÌ¿r Menschen mit Behinderung.

Die LWL-Messe der Inklusionsunternehmen wird präsentiert unter http://www.lwl-messe.de.



Pressekontakt:
Markus Fischer, LWL-Pressestelle, Telefon: 0251 591-235
presse@lwl.org



LWL-Einrichtung:
LWL-Inklusionsamt Arbeit
Von-Vincke-Str. 23-25
48143 Münster
Karte und Routenplaner



Der LWL im Überblick:
Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) arbeitet als Kommunalverband mit 20.000 Beschäftigten für die 8,3 Millionen Menschen in der Region. Der LWL betreibt 35 Förderschulen, 21 Krankenhäuser, 18 Museen sowie zwei Besucherzentren und ist einer der größten deutschen Hilfezahler für Menschen mit Behinderung. Er erfüllt damit Aufgaben im sozialen Bereich, in der Behinderten- und Jugendhilfe, in der Psychiatrie und in der Kultur, die sinnvollerweise westfalenweit wahrgenommen werden. Ebenso engagiert er sich für eine inklusive Gesellschaft in allen Lebensbereichen. Die neun kreisfreien Städte und 18 Kreise in Westfalen-Lippe sind die Mitglieder des LWL. Sie tragen und finanzieren den Landschaftsverband, dessen Aufgaben ein Parlament mit 125 Mitgliedern aus den westfälischen Kommunen gestaltet.


Der LWL auf Facebook:
https://www.facebook.com/LWL2.0






Ihr Kommentar




zur Druckansicht dieser Seite

zu den aktuellen Presse-Infos