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Mitteilung vom 06.09.23

Presse-Infos | Kultur

"Moderne in Herne"

Sonderausstellung zur Archäologie der Moderne im LWL-Museum für Archäologie und Kultur

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Herne (lwl). Ab Freitag (8.9.) zeigt das LWL-Museum für Archäologie und Kultur in Herne (bis 18.8. 2024) seine nächste große Sonderausstellung: "Modern Times. Archäologische Funde der Moderne und ihre Geschichten" widmet sich dem neuesten Arbeitsfeld der Archäologie. Aufsehenerregende Funde der LWL-Archäologie für Westfalen aus der Zeit zwischen 1800 und 2000 werden der Öffentlichkeit präsentiert und Objekten aus Finnland, Frankreich, Belgien, Österreich und den USA gegenübergestellt. Darunter sind Funde aus dem Protestcamp "Republik Freies Wendland" in Gorleben, vom Gelände des weltberühmten Woodstock-Festivals in den USA sowie aus einem Videospiele-Grab in der Wüste New Mexicos.

"Das LWL-Archäologiemuseum ist für seine innovativen Projekte bekannt. Auch die aktuelle Ausstellung ist ein Novum und zeigt auf erstaunliche Weise, was die Archäologie zur Erforschung der vergangenen 200 Jahre beitragen kann", so der Direktor des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL), Dr. Georg Lunemann. "Denn auch Schrott, Schutt und Müll können eine Geschichte erzählen."

Fast die Hälfte der rund 100 präsentierten Fundkomplexe kommt aus Westfalen. In den vergangenen 15 Jahren widmet sich die LWL-Archäologie zunehmend der Erforschung der Moderne. International bekannt geworden sind die Ausgrabungen in der frühen Eisenindustrie-Anlage Steinhauser Hütte in Witten, aber auch die Untersuchungen an Orten des nationalsozialistischen Terrors wie in den Erschießungsplätzen bei Warstein und im ehemaligen Kriegsgefangenenlager Stalag 326, Schloss Holte-Stukenbrock, stießen auf breites Interesse in der Bevölkerung.
"Es ist daher nur folgerichtig, dass wir die Ergebnisse in einer groß angelegten Schau nun der Öffentlichkeit präsentieren", erläutert LWL-Chefarchäologe Prof. Dr. Michael Rind. Andererseits sensibilisiere die Ausstellung auch für die Herausforderungen der Archäologie der Moderne. Rind: "Die Dimension der zu untersuchenden Flächen, zum Beispiel in der Industriearchäologie, ist mit den traditionellen Methoden der Archäologie kaum zu bewältigen und erfordert die Entwicklung neuer Herangehensweisen. Auch die Größe und Masse der Funde ist eine Herausforderung für die Konservierung, Restaurierung, Lagerung und Präsentation."

Durchaus bewusst sei dem Ausstellungsteam, so Museumsleiterin Dr. Doreen Mölders, dass die Archäologie gemeinhin am wenigsten mit der Erforschung des 19. und 20. Jahrhunderts in Verbindung gebracht werde. Denn die Geschichtswissenschaft liefere ja mit ihren schriftlichen Quellen sowie dem Bild-, Ton- und Videomaterial bereits detailliertes Wissen über die jüngste Epoche.

Mölders: "Allerdings kann Geschichtswissenschaft nur über jene Ereignisse und Handlungen sprechen, die auf irgendeine Weise dokumentiert sind. Außerdem sind nicht alle Quellen gleichermaßen verlässlich." Die Archäologie leiste gerade wegen ihrer Greifbarkeit der materiellen Quellen einen "handfesten Beitrag zur Geschichte". Mehr noch als ihre historische Indizienfähigkeit sei die Archäologie jedoch als Wissenschaft der Dinge im Stande, die Abhängigkeit des Menschen zu den Objekten zu beschreiben, die er selbst produziert hat. "Dementsprechend steht die Mensch-Ding-Beziehung im Zentrum der Ausstellung", so Mölders.

Sechs Kategorien
Die archäologischen Objekte sind anhand von sechs Kategorien - Innovation, Gefühl, Zerstörung, Besonderes, Zweck und Erinnerung - ausgestellt. Die Kategorien mäanderten in Form von Bändern durch die Ausstellungshalle, kreuzten sich und bildeten Knotenpunkte. Mölders: "Der Verweis zur Akteur-Netzwerk-Theorie des Philosophen Bruno Latour ist mit dieser Gliederung und Gestaltung durchaus gewollt."

Nachhaltige Ausstellungsgestaltung
Aber nicht nur mit dem Thema beschreitet die Ausstellung einen neuen Weg. Erstmals wurden umweltfreundliche Produkte für Gestaltung und Grafik verwendet und - wo möglich - auf Recycling geachtet. Auch wird der "ökologische Fußabdruck" der Ausstellung vermessen. "Denn nur, wenn wir wissen, in welchem Bereich wir welche Emissionen verursachen, können wir diese auch reduzieren" erklärt Mölders.

Die nachhaltige Ausstellungsgestaltung ist ein Baustein der Nachhaltigkeitsstrategie des LWL. "Zahlreichen LWL-Einrichtungen haben bereits vielfältige Maßnahmen für den Umweltschutz ergriffen. Für den nachhaltigen Ausstellungsbau legt das LWL-Archäologiemuseum nun Ansätze vor, die auf andere LWL-Museen und darüber hinaus übertragen werden können", erläutert Lunemann.

Die Umsetzung der ressourcenschonenden Ausstellungsgestaltung wird gefördert im Programm Zero - Klimaneutrale Kunst- und Kulturprojekte der Kulturstiftung des Bundes. Der Leiter des Programms, Nils Hilkenbach: "Mit dem antragsoffenen 'Fonds Zero' möchten wir Kultureinrichtungen darin unterstützen, nachhaltige Produktionsformen und neue Ästhetiken mit geringstmöglicher Emission zu erproben. Wir freuen uns, dass wir mit dem LWL-Museum für Archäologie und Kultur ein Museum fördern konnten, das mit seinen Erfahrungen in eine große öffentliche Institution hineinwirken kann."

Inhalte der Ausstellung
Der zeitliche Rahmen der Sonderausstellung reicht vom Beginn der Industrialisierung um 1800 bis zur Jahrtausendwende. Alle ausgestellten Exponate stammen aus archäologischen Fundkontexten und seien meist "keine Schätze oder Hochglanzexponate", so Mölders. Auch Kunst finde sich selten. "Und dennoch sind die Funde nicht außer Acht zu lassen, wenn es darum geht, die Gegenwart zu verstehen. Denn die Archäologie untersucht im Besonderen die Hand-lungen des Menschen in Verbindung mit Objekten."

Aus dieser Perspektive ergibt sich eine Gliederung der Exponate, die von der Ereignisgeschichte abrückt. Am Beispiel der sechs Kategorien geht die Ausstellungen Fragen nach der Mensch-Ding-Beziehung nach: Welche Dinge erschafft der Mensch zu welchem Zweck? Welchen Zweck haben die Dinge über ihre eigentliche Funktion hinaus? Wann dienen Dinge der Erinnerung, wann sind sie Ausdruck von Gefühlen? Wie fördern Dinge innovative Entwicklungen und wann sind sie Werkzeug der Zerstörung? Sind Dinge bloße Helfer oder machen sie Menschen zu etwas ganz Besonderem?

Auf dieser Grundlage sind rund 100 Geschichten rund um archäologische Objekte entstanden. Sie erzählen von der Innovationsbereitschaft der frühen Industriegesellschaft ebenso wie von der zerstörerischen Gewalt der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Einige Geschichten konzentrieren sich auf den reinen Zweck der Objekte, andere wiederum sind Beispiele dafür, dass in der Spätmoderne die Dinge zunehmend das Individuelle betonen sollen. Die Geschichten zum Thema Erinnerung bildeten selbst einen Erinnerungsraum, und einige der Objektgeschichten könnten starke Gefühle hervorrufen, heißt es aus dem Ausstellungsteam.

Geschichte an der Wand und vier Studioausstellungen
Die Exponate werden von einer Collage der Ereignisgeschichte an der Hallenwand und von Nischen gerahmt, in denen die Herausforderungen der Archäologie der Moderne erläutert werden.

Flankiert wird die Ausstellung außerdem von vier Studioausstellungen über bedeutetende Fundplätze der Moderne in Westfalen: Das Offizierslager Adam-Kaserne in Soest ( ausgestellt vom 20.10. bis 10.12.2023), die Erschießungsplätze der Endphase des Zweiten Weltkriegs zwi-schen Warstein und Meschede (12.1. bis 3.3.2024), das Kriegsgefangenenlager Stalag 326 in Schloss Holte-Stukenbrock (5.4. bis 26.5.2024) und die Steinhauser Hütte in Witten (21.6 bis 11.8.2024).

Die Geschichten können die Besucherinnen und Besuchern über eine App nachvollziehen. Für die Darstellung der App kann das eigene Smartphone genutzt werden. Das LWL-Museum stellt aber auch Tablets zur Verfügung, die für den Rundgang ausgeliehen werden können.

Zusätzlich bietet das LWL-Museum für Archäologie und Kultur Führungen für verschiedene Gruppen und ein Rahmenprogramm mit Vorträgen und ein Spielewochenende zur Sonderausstellung an.


Alle Termine mit detaillierten Beschreibungen auf der Internetseite https://www.sonderausstellung-herne.lwl.org/de/veranstaltungen/.

Begleitend zur Ausstellung erscheint der Katalog "Modern Times. Archäologische Funde der Moderne und ihre Geschichten". Das reich bebilderte, 632 Seiten umfassende Buch ist zum Preis von 34,95 Euro im Museumsshop erhältlich.

Die Sonderausstellung wurde gefördert im Programm Zero - Klimaneutrale Kunst- und Kulturprojekte der Kulturstiftung des Bundes. Gefördert von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien. Das Projekt wurde außerdem gefördert von der LWL-Kulturstiftung und dem Förderverein des LWL-MAK sowie der Herner Sparkasse.

Mehr Informationen auf der Internetseite zur Ausstellung: https://www.sonderausstellung-herne.lwl.org/de/

LWL-Museum für Archäologie und Kultur, Europaplatz 1, 44623 Herne, Tel. 02323 94628-0



Pressekontakt:
Frank Tafertshofer, LWL-Pressestelle, Telefon: 0251 591-235 und Bianca Kühlborn, LWL-Archäologie für Westfalen, Telefon: 0251 591-3504
presse@lwl.org



LWL-Einrichtung:
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Westfälisches Landesmuseum
Europaplatz 1
44623 Herne
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Der LWL im Überblick:
Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) arbeitet als Kommunalverband mit 20.000 Beschäftigten für die 8,3 Millionen Menschen in der Region. Der LWL betreibt 35 Förderschulen, 21 Krankenhäuser, 18 Museen sowie zwei Besucherzentren und ist einer der größten deutschen Hilfezahler für Menschen mit Behinderung. Er erfüllt damit Aufgaben im sozialen Bereich, in der Behinderten- und Jugendhilfe, in der Psychiatrie und in der Kultur, die sinnvollerweise westfalenweit wahrgenommen werden. Ebenso engagiert er sich für eine inklusive Gesellschaft in allen Lebensbereichen. Die neun kreisfreien Städte und 18 Kreise in Westfalen-Lippe sind die Mitglieder des LWL. Sie tragen und finanzieren den Landschaftsverband, dessen Aufgaben ein Parlament mit 125 Mitgliedern aus den westfälischen Kommunen gestaltet.


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