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Mitteilung vom 26.09.02

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"Bilderstreit und Sinnenlust": LWL und Burghofmuseum Soest beleuchten Heinrich Aldegrever

Bewertung:

Soest (lwl). Die Kunstgeschichte zählt Heinrich Aldegrever (1502-1555/61) zu den "Kleinmeistern". Damit soll aber nicht seine Leistung bewertet werden, vielmehr wurde er nach dem kleinen Format seiner Kupferstiche benannt. Lange Zeit stand er im Schatten Albrecht Dürers. Doch mittlerweile ist allgemein anerkannt, dass er ein Werk mit eigenständigen Zügen geschaffen hat, das sehr viel mehr vom Spätstil der Renaissance, dem Manierismus, geprägt ist. Anlässlich seines 500. Geburtstages zeigen der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) und das Burghofmuseum Soest in der Zeit vom 29. September bis zum 24. November erstmals das in Soest gesammelte, fast vollständige Werk des Künstlers.

Dabei will die Ausstellung mehr als nur einen Überblick über das umfangreiche Schaffen Aldegrevers geben, der heute als einer der wichtigsten Kupferstecher der Renaissance gilt. Die Ausstellungsmacher Klaus Kösters vom Westfälischen Landesmedienzentrum des LWL und Dr. Reimer Möller, Leiter des Burghof-Museums, zeigen, wie der Künstler Aldegrever sich dem sehr spannenden Auseinandersetzungen um den neuen evangelischen Glauben und dem Kampf um ein neues, vom Mittelalter losgelöstes Weltbild verbunden fühlte. Dabei erhellen sie zwei bisher vernachlässigte Themen: Zum einen untersuchen sie die Rolle, die das neue lutherische Bekenntnis sowohl in der Grafik von Aldegrever als auch in seinem Leben spielte. "Das Wort 'Bilderstreit' im Ausstellungstitel macht deutlich, dass es damals nicht ganz so friedlich zuging", so die Ausstellungsmacher.

Den zweiten bisher wenig beachteten Aspekt im Werk Aldegrevers rückt die Ausstellung unter dem Titel "Sinnenlust" ins Licht: Während die religiösen Bilder gut erforscht sind, hat die Fachwelt Aldegrevers weltliche Themen bisher unter dem Stichwort "Renaissance" recht allgemein abgehandelt. "Schaut man aber genauer hin, so sind die Kupferstiche interessante Dokumente einer Zeit, in der man Körperlichkeit, Sexualität und die Rolle der Geschlechter neu bewertete. Es fällt auf, wie sehr sich der Künstler nicht nur mit der nackten menschlichen Gestalt, sondern auch mit mehr oder weniger 'sanktionierten' erotischen Themen auseinandergesetzt hat. Dabei hat er aber niemals den Boden der 'allgemeinen' Moral verlassen", stellen Kösters und Möller fest. Deshalb fragt die Ausstellung: Für wen waren diese Bilder bestimmt? Sollten sie die öffentliche Moral in den protestantischen Städten unterstützten? Oder waren sie nicht auch für den wachsenden Kreis privater Sammler gedacht, die sich an Erotika erfreuten?

Über Heinrich Aldegrevers Lebensweg sind nur wenige Daten bekannt: Geboren wurde er 1502 in Paderborn. Möglicherweise ging er zur Ausbildung in das benachbarte, bedeutendere Soest. Auf der in der Gesellenzeit vorgeschriebenen Wanderung muss er mit niederländischer Kunst in direkte Berührung gekommen sein, die sein Werk ebenso stark beeinflusste wie die Kunst Albrecht Dürers. Ob er allerdings bei dem großen Nürnberger Meister in die Lehre ging, wie manche seiner Biogra-phen behaupteten, ist nicht gesichert. Um 1526/27 kehrte er nach Soest zurück.

Zunächst malte Aldegrever Altartafeln sowie Heiligen- und Madonnendarstellungen. Später richtete er sich immer mehr auf mythologische Szenen, Genrebilder und Ornamententwürfe aus.

Dabei bevorzugte er nun den Kupferstich. "Vielleicht waren es die fehlenden Aufträge für Altargemälde, vielleicht eigener Antrieb, der ihn dazu brachte, sich neu zu orientieren. Sicherlich hat die protestantische Kritik an dem Bilderkult und der Prachtentfaltung in der katholischen Kirche Aldegrever beeinflusst und auch den Kunstmarkt verändert", vermuten die Ausstellungsmacher. Auf jeden Fall zeigen einige seiner Kupferstiche, die scharf mit der katholischen Geistlichkeit ins Gericht gehen, dass er überzeugter Lutheraner war. Die Datierungen auf Aldegrevers Stichen enden 1555, danach muss er gestorben sein, spätestens jedoch 1561. Aus diesem Jahr ist ein Brief erhalten, in dem es um das Erbe von Heinrich Aldegrevers Sohn geht.

Zur Ausstellung ist ein Katalog erschienen: Bilderstreit und Sinnenlust - Heinrich Aldegrever 1502-2002, 122 Seiten, 167 Abbildungen, 14,80 Euro, ISBN 3-935019-65-3.

Bilderstreit und Sinnenlust - Heinrich Aldegrever 1502-2002
Sonderausstellung des LWL und des Burghofmuseums Soest
29. September bis 24. November;
Öffnungszeiten: dienstags bis samstags 10 bis 12 Uhr und 15 bis 17 Uhr; sonntags 11 bis 13 Uhr

Weitere Stationen der Ausstellung:
Städtische Heimatmuseum Lippstadt: 8. Dezember 2002 bis 19. Januar 2003,
Hellwegmuseum der Stadt Unna: 26. Januar bis 27. April 2003






Pressekontakt:
Markus Fischer Telefon: 0251 591-235
presse@lwl.org




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