LWL-Newsroom

Mitteilung vom 21.10.05

Presse-Infos | Der LWL

¿Volkesmund tut Wahrheit kund¿ - Volkskundler fragen nach Meinungen auch zu Fernsehen

Bewertung:

Westfalen (lwl). Ist das Fernsehen in den Augen der Menschen immer noch ¿Teufelszeug¿, wie es in den 1950er Jahren oft gesagt wurde? Wie prägen die Fernsehgewohnheiten den Alltag der Menschen heute? Das sind nur zwei der Fragen, auf die das Projekt ¿Mein 18. November¿ Antworten geben soll.
Im Rahmen des Projekts sammeln die Volkskundliche Kommission beim Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) und das Seminar für Volkskunde/Europäische Ethnologie der Universität Münster ¿Geschichten aus dem Alltag¿, nämlich vom 18. November 2005. Die Experten haben schon Vermutungen mit welchen Themen sich die Menschen in ihren Berichten beschäftigen werden. ¿Was das ist, verraten wir aber noch nicht¿, sagt Dr. Lutz Volmer von der LWL-Kommission. Denn: Die Volkskundler möchten sichergehen, dass die Westfalen ihnen nicht nach der Nase reden. ¿Wenn die Aktion vorbei ist, packen wir aus¿, verspricht Dr. Volmer. Erste Einblicke in das gesammelte Material wird ein Buch mit bis zu 100 ausgewählten Berichten geben, das ein Jahr nach dem Stichtag erscheinen soll.

Durch die bewusst offene Fragestellung ¿ quasi kann jeder über seinen 18. November das schreiben, was ihm gerade in den Sinn kommt und was ihm wichtig ist ¿ hoffen die Volkskundler, näher an die Menschen zu kommen, als es selbst die geschicktesten Demoskopen vermögen. ¿Wenn wir den Leuten einzelne, sehr konkrete Fragen stellen, laufen wir Gefahr, dass wir Lebensbereiche abfragen, die zwar Wissenschaftler interessieren, für Otto Normalverbracher aber völlig nebensächlich sind. Wir gehen eben nicht wie eine Telefonumfrage vor, die immer wieder einzelne Details in Erfahrung bringen will, zum Beispiel wer Lotto spielt, welche Partei gewählt wird und was für ein Auto oder welche Zigarettenmarke gerade von welcher Altersgruppe bevorzugt wird¿, betont Volmer.

Die Kinderjahre des Fernsehens sind ein gutes Beispiel, um zu zeigen, worum es den Volkskundlern geht: So gibt es aus der Frühzeit des Fernsehens zahlreiche Berichte im Archiv der LWL-Kommission. Da erzählen Zeitzeugen davon, wie sich die Menschen in Trauben vor den Schaufenster-Scheiben der Rundfunkgeschäfte versammelten, um einen Blick auf einen Fernseher zu werfen. Und immer wieder wird beschrieben, wie diejenigen, die als erste einen Fernseher in ihren Wohnzimmern stehen hatten, sich vor den vielen Besuchen der Nachbarn, Freunde und Bekannten kaum zu retten vermochten und wohl oder übel ihr Wohnzimmer zu einem kleinen Kino umbauen mussten.

Das spielte sich alles innerhalb einer kurzen Zeitspanne Mitte der 1950er Jahre ab und ist heute fast völlig vergessen. Berichte der damals älteren Generation gipfelten in der Aussage ¿Fernsehen ist Teufelszeug¿. Die Menschen damals beklagten, dass für Gespräche innerhalb der Familie kaum noch Zeit bliebe, die Arbeiten im Haushalt nur noch mit Mühe erledigt werden könnten oder die Dorfgaststätten leer blieben. Solche Einstellungen und das damit verbundene Lebensgefühl waren kennzeichnend für diesen Zeitabschnitt. Letztlich hat das Fernsehen unseren Alltag unauffällig, aber nachhaltig verändert: Alle Sitzgelegenheiten im Wohnzimmer richten sich auf den Fernseher aus, zur ¿Tagesschau¿-Zeit zwischen 20 Uhr und 20.15 Uhr wagt es niemand mehr anzurufen und der Fernseh-Krimi von gestern ist heute wichtiges Gesprächsthema.

Am Ende des Projektes ¿Mein 18. November¿ könnten ¿ vorausgesetzt es machen möglichst viele Westfalen mit ¿ Erkenntnisse stehen, die jeden interessieren ¿ nicht nur die Wissenschaftler. Konkrete Ergebnisse des Projekts könnten zum Beispiel sein, ob und zu welchen Mahlzeiten die Familien sich noch am Esstisch treffen oder ob sich mittlerweile jedes Familienmitglied zwischen Kantine und Dönerbude selbst versorgt.

Info:
Mitmachen bei der Aktion ¿Mein 18. November¿ kann jeder, der aus Westfalen stammt oder sich mit der Region verbunden fühlt. Gesammelt werden Berichte darüber, wie die Westfalen ¿ihren¿ 18. November 2005 verbracht haben. Je ausführlicher die Teilnehmer schreiben, umso ergiebiger ist das Projekt. Alle Berichte werden im Archiv der Volkskundlichen Kommission für die Zukunft archiviert. Wer mitmacht, kann unter seinem Namen oder anonym schreiben. Wer eine ¿50¿ auf den Briefumschlag schreibt, kann sicher sein, dass die Volkskundler seinen Brief erst in 50 Jahren öffnen. Alle sollten aber Geschlecht, Geburtsjahr, Geburtsort, Familienstand, Wohnort und Beruf angeben. Die Briefe gehen an: ¿Mein 18. November¿, Scharnhorststraße 100, 48151 Münster, per Fax an 0251/83-28393 oder per E-Mail an briefe@mein18november.de.



Pressekontakt:
Markus Fischer, Tel. 0251 591-235
presse@lwl.org




Der LWL im Überblick:
Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) arbeitet als Kommunalverband mit 20.000 Beschäftigten für die 8,3 Millionen Menschen in der Region. Der LWL betreibt 35 Förderschulen, 21 Krankenhäuser, 18 Museen sowie zwei Besucherzentren und ist einer der größten deutschen Hilfezahler für Menschen mit Behinderung. Er erfüllt damit Aufgaben im sozialen Bereich, in der Behinderten- und Jugendhilfe, in der Psychiatrie und in der Kultur, die sinnvollerweise westfalenweit wahrgenommen werden. Ebenso engagiert er sich für eine inklusive Gesellschaft in allen Lebensbereichen. Die neun kreisfreien Städte und 18 Kreise in Westfalen-Lippe sind die Mitglieder des LWL. Sie tragen und finanzieren den Landschaftsverband, dessen Aufgaben ein Parlament mit 125 Mitgliedern aus den westfälischen Kommunen gestaltet.


Der LWL auf Facebook:
https://www.facebook.com/LWL2.0






Ihr Kommentar




zur Druckansicht dieser Seite

zu den aktuellen Presse-Infos