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Mitteilung vom 12.07.13

Presse-Infos | Kultur

Fossile Wirbelsäulenknochen aus der Trias entdeckt

Fossilien stammen womöglich von Fisch- oder Schwimmsaurier

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Münster (lwl). Die Fundmeldung eines Hobby-Fossiliensammlers hat am 20. Juni für außergewöhnliche Aktivitäten im LWL-Museum für Naturkunde des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) gesorgt. Die Fachleute des LWL haben nach Besichtigung der Fundstelle und Feststellung der Richtigkeit und Wichtigkeit des Fundes umgehend mit einer Rettungsgrabung begonnen. Am vergangenen Mittwoch (10. Juli) wurden nun die versteinerten Knochen als Block geborgen und gut verpackt in ein Zwischenlager des LWL-Museums gebracht.

Eine Rettungsgrabung wird organisiert
Am späten Abend des 20. Juni traf ein Anruf von Sönke Simonsen aus Bielefeld im LWL-Museum für Naturkunde ein. Simonsen teilte mit, dass der Hobbysammler Michael Mertens aus Schwaney in einer aktiven Tongrube der Firma Lücking in Warburg (Kreis Höxter) auf der flachen Sohle der Grube ein Stück einer versteinerten Wirbelsäule gesichtet hat und dies melden wollte. Direkt am nächsten Morgen fuhr der LWL-Paläontologe Dr. Detlef Grzegorczyk zur Fundstelle und überprüfte die Meldung. Der Fachmann fand die Wirbel in zusammenhängender Form, sichtbar auf einer Schichtfläche liegend. Anschließend ging alles sehr schnell. Die Untere Denkmalbehörde der Stadt Warburg und später auch die Obere Denkmalbehörde des Kreises wurden informiert. Eine Rettungsgrabung wurde organisiert und die Fundstelle gesichert. Das Museum entschloss sich, die Wirbel in einem großen Block zu bergen. So sollten weitere, eventuell noch im Boden verborgene Knochen, geschützt werden.

Bedeutung des Fundes
Dr. Detlef Grzegorczyk: ¿Diese unter marinen und brackischen (Mischmilieu aus Süß- und Salzwasser) Bedingungen gebildeten Schichten enthalten normalerweise fast ausschließlich Reste von wirbellosen Tieren wie Muscheln, Schnecken, usw. Daher stellt der Fund dieser Wirbelsäule eines Wirbeltieres eine wissenschaftliche Besonderheit dar und auch allgemein ist ein derartiger Fund für norddeutsche Trias selten." Bei der genaueren Untersuchung und Bearbeitung der Fundstelle fanden sich weitere Wirbel und einzelne Knochen. Sie entpuppten sich als die von einem oder eventuell mehreren Reptilien.

Dr. Alfred Hendricks, Direktor des LWL-Museums für Naturkunde, sagt zu dem Fund: ¿Wir vermuten, dass es sich um einen Fisch- oder Schwimmsaurier, also um ein Meeresreptil, aus der oberste Trias (Rhät) handelt. Damit wäre der Fund ca. 201 Millionen Jahre alt.¿ Zum jetzigen Zeitpunkt ist jedoch noch nicht mit Bestimmtheit zu sagen, so Hendricks weiter, ob es sich wirklich um Fisch- oder Schwimmsaurierknochen handelt. Aufgrund der Gesteinsschicht und der Tatsache, dass sich zur damaligen Zeit, also vor über 201 Millionen Jahren, an dieser Stelle der Kreis Höxter auf dem Meeresboden befand, und dass damals Fisch- oder Schwimmsaurier dort lebten, liegt die Vermutung jedoch nahe. Hendricks: ¿Wir sind sehr froh, dass Herr Mertens uns ordnungsgemäß den Fund gemeldet hat. Dank seines Engagements konnte ein zwar nicht einmaliger, aber durchaus seltener Fund für die Nachwelt gerettet werden. Herr Mertens hat gut beobachtet. Eine hervorragende Leistung, wenn man bedenkt, dass er erst seit ca. drei Jahren Fossilien sucht¿.

Wirbelsäulenfragmente, Rippen und Phalangen
Michael Böckmann, der Leiter der geologischen Präparation des LWL-Museums, hat zusammen mit seinem Team die Bergung durchgeführt. ¿Wir fanden neben der Wirbelsäule ein weiteres, kleineres Stück Wirbelsäule. Ansonsten nur noch Einzelfunde, wie Rippenfragmente oder Hand- bzw. Fußknochen (Phalangen). Falls die fossilen Knochen zusammen gehören sollten, wird sich aller Wahrscheinlichkeit nach dennoch kein vollständiges Skelett finden lassen¿, erklärt der Präparator. Ein Stück Wirbelsäule von ca. 80 cm Länge und etwa 4 cm Durchmesser, lag sichtbar an einer Stelle. Unmittelbar daneben lag ein zweites Wirbelsäulenstück von ca. 30 cm Länge und etwa 2 cm Durchmesser. Zwischen den beiden Wirbelsäulenstücken klafft eine Lücke. Böckmann: ¿Eventuell handelt es sich um ein Individuum, welches gekrümmt auf dem Boden gelegen hat. Wir vermuten, dass beim Tonabbau einer der Bagger bereits ein Stück der Wirbelsäule versehentlich entfernt hat, bevor der Fund auffallen konnte.¿

Bergung des Fundes
Rings um die Fossilien wurde das Gestein rinnenartig entfernt und der Block somit ringsum freigelegt. Insgesamt hat der Block eine Größe von ca. 200x100 cm. Da die Sedimente in die das Fossil eingebettet ist, durch Witterungseinflüsse sehr leicht zerfallen, wurde über die Fossilien vor der Bergung eine Schicht Kunstharz, verstärkt mit Glasfasermatten, aufgetragen. So konnten die einzelnen Versteinerungen im Verbund gesichert werden. Später wurden Metallschwerter unter den zu bergenden Block getrieben. Obenauf kam eine Metallplatte, welche durch Gewindestangen mit den Schwertern verbunden wurde. Anschließend konnte der Gesteinsblock von rund 2 Tonnen vom Boden gelöst werden. Ein Bagger drehte ihn auf den Rücken, so dass die stabile Harz-Glasfaserverstärkung nun unten lag. Mittels eines LKWs wurde der Fund anschließend ins Außenlager des Museums transportiert, wo er die nächsten Wochen gut verpackt gelagert wird, bis das Museum für die weitere Bearbeitung des Fundes Kapazitäten frei hat. Dann werden die Fossilien von den Spezialisten des LWL vollständig freigelegt und präpariert um herauszufinden, wie bedeutend das Stück ist.



Pressekontakt:
Frank Tafertshofer, LWL-Pressestelle, Telefon: 0251 591-235 und Bianca Fialla, LWL-Museum für Naturkunde, Telefon: 0251 591-6066
presse@lwl.org



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