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Mitteilung vom 07.08.19

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Seltener Fund aus Frankreich

Strandfund wirft neues Licht auf frühere Verbreitung von Wasserbüffeln in Europa

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Münster/Bielefeld/Bonn(wvk/mk/lwl). Ein Zufallsfund eines aufmerksamen Urlaubers an der französischen Atlantikküste hat sich zum Glücksfall für die Wissenschaft entwickelt. Was zunächst aussah wie ein seltsam schweres Stück Treibholz, entpuppte sich nach Vergleich mit anderen Fossilien als ein etwa 400.000 Jahre altes Horn-Fragment eines Wasserbüffels.

Ein Expertenteam aus Münster, Bielefeld und Bonn hat zusammengearbeitet und sich das Objekt genauer angesehen. Unter der Leitung des Paläontologen Prof. Dr. Wighart von Koenigswald haben Dr. Achim Schwermann, Paläontologe am LWL-Museum für Naturkunde, der Geologe Dr. Mark Keiter vom Naturkunde-Museum Bielefeld und Amateur-Forscher Frank Menger (Bürgerwissenschaftler) diesen besonderen Fund genau untersucht.

Fossilien von Wasserbüffeln sind in Europa äußerst selten, bislang kennt man nur Bruchstücke von Schädeln. Sie sind aber ein wichtiges Zeugnis von Klimaveränderungen in der jüngeren geologischen Vergangenheit. Nördlich der Alpen existieren nicht einmal zehn Fundstellen, an denen bislang diese Tiere nachgewiesen wurden.

Entsprechend wenig ist darüber bekannt, zu welchen Zeiten und wie weit sie bis nach Europa vorgedrungen sind. Der Fund aus Frankreich erweitert die bekannte Verbreitung von Wasserbüffeln in Europa um mehr als 500 Kilometer nach Westen, bis an die Atlantikküste. Nun ist klar, dass diese Tiere in der Vergangenheit in weiten Teilen Europas vorkamen.

Wildlebende Wasserbüffel sind wärmeliebende Tiere. Man kennt sie heute vor allem in ihrer domestizierten Form aus Asien. Nördlich der Alpen konnten sie in der Vergangenheit nur während sogenannter Interglaziale überleben - das sind Phasen sehr warmen Klimas zwischen den großen Eisvorstößen in Mitteleuropa. Während dieser Warmzeiten lebten in Europa neben riesigen Waldelefanten sogar Flusspferde - und eben Wasserbüffel.

Das Forscherteam unter der Leitung des Bonner Paläontologen Wighart von Koenigswald nahm den Fund dieses versteinerten Knochens zum Anlass, die gesamten bisherigen Funde von Wasserbüffel-Fossilien in Europa erneut unter die Lupe zu nehmen. Bisher war man davon ausgegangen, dass Wasserbüffel während mehrerer großer Warmphasen nach Europa einwanderten und zwischen 400.000 und 120.000 Jahren alt sind. Die neue Untersuchung sowie inzwischen besser datierbare Fundstellen zeigen jedoch, dass die jungen Nachweise hinterfragt werden müssen und Wasserbüffel wahrscheinlich nur während älterer Warmzeiten vor etwa 400.000 Jahren nach Europa vordrangen.

Die Studie:
v. Koenigswald, W., Schwermann, A.H., Keiter, M. & Menger, F. (2019): First evidence of Pleistocene Bubalus murrensis in France and the stratigraphic occurrences of Bubalus in Europe. - Quaternary International, DOI: 10.1016/j.quaint.2019.06.019, 9 S.

Die Autoren:
Wighart von Koenigswald ist emeritierter Professor für Paläontologie an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn. Er hat über viele Jahrzehnte die Entwicklung von Säugetieren in der jüngeren Erdgeschichte studiert und zahlreiche Fachpublikationen und Bücher zum Thema veröffentlicht.
Achim H. Schwermann ist Spezialist für Wirbeltierpaläontologie und arbeitet am LWL-Museum für Naturkunde des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) in Münster, unter anderem im Bereich paläontologische Bodendenkmalpflege.
Mark Keiter ist Geologe am Naturkunde-Museum Bielefeld und betreut dort unter anderem die mehr als 50.000 Objekte umfassende geowissenschaftliche Sammlung. Das seltene Wasserbüffel-Fossil wurde ihm im Rahmen der in Bielefeld regelmäßig stattfindenden Gesteins- und Fossil-Beratungsstunde vorgelegt.
Frank Menger ist ein sehr erfolgreicher Amateur-Paläontologie. Er lebt in der Region Darmstadt und hat zahlreiche bedeutende Fossilien aus den Kalt- und Warmzeiten des Eiszeitalters aus den Kiesgruben vor der Vernichtung bewahrt und für die Wissenschaft gerettet, darunter auch vollständige Schädel von Wasserbüffeln.



Pressekontakt:
Frank Tafertshofer, LWL-Pressestelle, Telefon: 0251 591-235 und Bianca Fialla, LWL-Museum für Naturkunde, Telefon: 0251 591-6066
presse@lwl.org



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