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Mitteilung vom 27.09.19

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LWL-Archäologen entdecken erneut über 11.500 Jahre alte Funde

Abschluss der jüngsten Grabungskampagne in und vor der Blätterhöhle

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Hagen (lwl). Die Blätterhöhle in Hagen ist für die Steinzeit einer der wichtigsten Fundplätze in Westfalen und darüber hinaus. Jetzt sind Archäologen kurz davor die fünfte Grabungskampagne unter der Leitung des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) abzuschließen. Und sie haben dabei erneut besondere Funde wie Pfeilspitzen aus Feuerstein gemacht, die einen Einblick in die Welt der Menschen vor über 11.500 Jahren erlauben.

Seit August gräbt die LWL-Archäologie für Westfalen zusammen mit Studierenden der Ruhr-Universität Bochum und der Universität zu Köln wieder in der Blätterhöhle und auch auf dem Platz vor der Höhle. Dort fanden sie wiederum verschiedene Pfeilspitzen aus Feuerstein. Sie lassen sich der ältesten Schicht auf dem Platz zuordnen, die bereits vor drei Jahren entdeckt wurde. "Diese Spitzen sind in ihrer Form teilweise noch völlig unbekannt und auch ungewöhnlich", erläutert Prof. Dr. Michael Baales, Leiter der Außenstelle Olpe der LWL-Archäologie.

Solche Neuentdeckungen machen den Vorplatz der Höhle für die Forscherinnen besonders interessant. "Eigentlich ist jede neue Pfeilspitze, die wir derzeit auf dem Vorplatz finden, eine Überraschung für uns", führt Grabungsleiter Wolfgang Heuschen an. "Es gibt aus dieser Zeit weit und breit keine Vergleiche."

Die Wissenschaftler förderten neben weiteren Steingeräten auch deren Herstellungsreste zu Tage. Die Menschen schlugen sich damals aus Feuerstein und Kieselschiefer ihre Werkzeuge zurecht, wobei zahlreiche Abschläge entstanden. Daneben fanden sich außerdem neue Reste der von den damaligen, hochmobilen Menschengruppen gejagten Tiere. Auch mehrere Holzkohlen konnten die Archäologinnen bergen. Diese sollen noch mit der sogenannten Radiokarbonmethode untersucht werden, um eine genauere Datierung zu erhalten.

Besonders fiel den Experten des LWL auf, dass sie mehrere teils große und flache Flussgerölle fanden. Diese kommen an der Blätterhöhle nicht vor und wurden extra hergebracht. "Einige weisen deutliche Zurichtungsmarken oder auch Schliffspuren auf der Oberfläche auf", erklärt Heuschen. "Ganz offensichtlich hat man häufig derartige Gerölle als Arbeitsunterlagen für verschiedene Tätigkeiten genutzt." Kleine, stabförmige Gerölle, sogenannte Retuscheure, dienten zudem der Zurichtung von Feuersteinartefakten.

Auch in der Höhle selbst forschten die LWL-Archäologen zusammen mit den Studierenden weiter. Dort vervollständigten sie das große Schichtenprofil, anhand dessen sich deren Abfolge und ihre Entstehung besser verstehen lässt. Dabei legten sie auch einige weitere Menschenknochen frei: drei Wirbel, je ein Fingerknochen und ein Schulterblatt. "Ihre Analyse wird helfen, die in der Höhle einst durchgeführten Bestattungspraktiken besser zu verstehen", so der langjährige Projektleiter Dr. Jörg Orschiedt von den Reiss-Engelhorn-Museen/Curt-Engelhorn-Zentrum Archäometrie in Mannheim. "Zudem wurden auch mehrere Tierknochen geborgen, offensichtlich von kleineren Tieren, die in der Höhle verendet sind oder eingeschleppt wurden."

Hintergrund
Seit der Entdeckung der Menschenreste aus der Mittel- und Jungsteinzeit in der Blätterhöhle im Jahr 2004, haben verschiedene Ausgrabungen in insgesamt 13 Kampagnen diesem Fundplatz viele Geheimnisse entlockt und dabei immer wieder neue Fragen aufgeworfen. Fünf dieser Kampagnen erfolgten unter Leitung der Außenstelle Olpe der LWL-Archäologie in Abstimmung mit Dr. Jörg Orschiedt und der Stadt Hagen. Finanziert wurden sie dabei mit Mitteln des Denkmalförderprogramms des Landes Nordrhein-Westfalen.

Wie die Geländearbeiten weitergehen sollen, wird derzeit diskutiert. Der Vorplatz ist für eine sinnvolle Arbeit aufgrund der immer enger werdenden Fläche zu klein geworden, je tiefer in die Ablagerungen vorgedrungen wird. Hier müssen nun Überlegungen angestellt werden, ob und wie die Voraussetzungen geschaffen werden können, die Fläche zu erweitern. "In den vergangenen Jahren haben wir vor allem durch die Grabungen auf dem Vorplatz mit der Entdeckung eines einzigartigen Fundensembles vom Ende der Altsteinzeit ein äußerst spannendes Kapitel der Steinzeitforschung für die Region und weit darüber hinaus aufschlagen können", so Baales.

Eine weitere Kampagne in der Höhle selbst ist jedenfalls durch die neue Stadtarchäologie Hagen, in Abstimmung mit der LWL-Archäologie, für nächstes Jahr in Aussicht gestellt worden. Wichtig ist aber auch vor allem, dass die Auswertung der umfangreichen Grabungsdaten nun in Angriff genommen wird. "Dies ist uns sehr wichtig", betont Baales. "Wir wollen unsere spannenden sowie neuen Ergebnisse der interessierten Öffentlichkeit und der Fachwelt so bald wie möglich zur Verfügung stellen."



Pressekontakt:
Frank Tafertshofer, LWL-Pressestelle, Telefon: 0251 591-235 und Jens Schubert, LWL-Archäologie für Westfalen, Tel.: 0251 591-3504
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Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) arbeitet als Kommunalverband mit 20.000 Beschäftigten für die 8,3 Millionen Menschen in der Region. Der LWL betreibt 35 Förderschulen, 21 Krankenhäuser, 18 Museen sowie zwei Besucherzentren und ist einer der größten deutschen Hilfezahler für Menschen mit Behinderung. Er erfüllt damit Aufgaben im sozialen Bereich, in der Behinderten- und Jugendhilfe, in der Psychiatrie und in der Kultur, die sinnvollerweise westfalenweit wahrgenommen werden. Ebenso engagiert er sich für eine inklusive Gesellschaft in allen Lebensbereichen. Die neun kreisfreien Städte und 18 Kreise in Westfalen-Lippe sind die Mitglieder des LWL. Sie tragen und finanzieren den Landschaftsverband, dessen Aufgaben ein Parlament mit 125 Mitgliedern aus den westfälischen Kommunen gestaltet.


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