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Mitteilung vom 06.03.23

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175 Jahre Märzrevolution

Historische Kommission für Westfalen beim LWL nimmt die Akteur:innen der Revolution in Westfalen und Lippe in den Blick

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Münster (lwl). 1848 war ein Meilenstein der deutschen Demokratiegeschichte. Die Märzrevolution brachte parlamentarische Mitbestimmung und große Fortschritte für die Presse- und Meinungsfreiheit. In Westfalen gab es die ersten Tumulte am 9. März 1848 im Siegerland. Die vom Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) getragene Historische Kommission für Westfalen nimmt das 175. Jubiläum zum Anlass, die Revolution von 1848/49 in Westfalen und Lippe genauer zu beleuchten. Anhand von rund 50 Biografien zu Akteur:innen zeichnen die etwa 30 beteiligten Wissenschaftler:innen ein vielschichtiges Bild der Revolution in der Region. Eine Publikation der Ergebnisse ist noch für dieses Jahr geplant. Informationen über die Revolution sowie über den Arbeitsstand des Projektes bietet der Internetauftritt der Historischen Kommission unter: http://www.historische-kommission.lwl.org/westfalen-1848.

"Wenn sie 'Märzrevolution' hören, denken die meisten Menschen an die Barrikadenkämpfe am 18. und 19. März in Berlin oder an die Frankfurter Paulskirche, in der ab Mai 1848 die Abgeordneten der Deutschen Nationalversammlung debattierten. Und wahrscheinlich nicht an Westfalen oder Lippe", so Felix Gräfenberg, Leiter des Projekts. "Dabei war die Revolution ein Ereignis in der Fläche, auch in Westfalen und Lippe. Das politische Leben blühte auf - teils sogar früher als in den Zentren." Schon im Vormärz hatte Bielefeld den Ruf eines "Demokratennests". Den Auftakt der März-Proteste in Westfalen machte Beckum (Kreis Warendorf), wo es am 3. März noch bei Beschwerden über zu hohe Steuern blieb. Die ersten handfesteren Unruhen gab es wenig später im Siegerland, als am 9. März Tumulte ausbrachen. Viele weitere Aktionen folgten überall in Westfalen und Lippe: In Dülmen (Kreis Coesfeld) etwa stürmten Aufrührer das Schloss Croÿ, im Märkischen zerstörten wütende Arbeiter Maschinen in den Fabriken, während in Detmold (Kreis Lippe) Demonstranten die rote Flagge auf dem Palais hissten. In Bocholt (Kreis Borken) und Werther (Kreis Gütersloh) dauerten die Ausschreitungen sogar mehrere Tage an und konnten erst vom Militär beendet werden. Insbesondere in den größeren Städten wie Münster, Herford und Dortmund formierten sich politische Vereine als Vorgänger moderner Parteien.

"Wir wollen mit dem Projekt die Revolution als regionales Ereignis erfahrbar machen und den Akteur:innen der Ereignisse ein Gesicht zu geben", sagt Gräfenberg. "So wird sichtbar, wie eng die Region verflochten waren mit den großen Entwicklungen der deutschen Geschichte." Dabei nimmt das Projekt nicht nur demokratische Vorkämpfer in den Blick, sondern fragt auch nach den konservativen Gegenspielern der Revolution. Akteur:innen der 'zweiten Reihe' stehen gleichberechtigt neben den großen Namen der Geschichte im Fokus. Das breite Spektrum bringe dabei Einsichten in die Dynamiken der Revolution, die selbst die Experten der Kommission erstaunen ließen. "Der biografische Ansatz erlaubt es uns, Lebenswirklichkeiten und Handlungsoptionen der Zeitgenossen besser zu verstehen", so Gräfenberg. "Demokratie ist - damals wie heute - Gegenstand einer gesellschaftlichen Aushandlung, an der Menschen aus den unterschiedlichsten Schichten auf ihre Art mitwirken. Das wird in ihren Lebensbildern greifbar."

Gräfenberg hat festgestellt, dass pünktlich zum Jubiläum auch in Westfalen-Lippe das Interesse an der Revolution steigt. "Als ich vor knapp zwei Jahren mit dem Projekt begonnen habe, wurde ich eher belächelt. Neben 100 Jahre Ruhrkrise 1923 und 375 Jahre Westfälischer Frieden von 1648 schien kein Platz für 175 Jahre 1848 - zumal die Revolution in Westfalen als unbedeutend und 'ausgeforscht' galt", sagt Gräfenberg. Umso mehr freue er sich über die Anfragen zu Projektvorstellungen und die hohe öffentliche Resonanz bei Vorträgen. "Es macht einfach Spaß aus dem Elfenbeinturm der Wissenschaft rauszukommen und sich mit den Menschen über die Geschichte ihrer Heimat auszutauschen."

Hintergrund
Die Historische Kommission für Westfalen ist eine von sechs landeskundlichen Kommissionen, die vom Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) getragen werden. In den Kommissionen sind Wissenschaftler:innen aus den Bereichen Geschichte, Archäologie, Geographie, Alltagskultur, Mundart- und Namensforschung sowie Literatur vereint, die auf ehrenamtlicher Basis gemeinsam Tagungen organisieren, Bücher herausgeben und Forschungsprojekte initiieren. Die Historischen Kommission hat aktuell rund 180 Mitglieder.


Achtung Redaktionen:
Bildunterschrift

Das Bild "Arbeiter vor dem Magistrat" von Johann Peter Hasenclever aus dem Jahr 1848, das sich als Leihgabe des Westfälischen Kunsterverein im LWL-Museum für Kunst und Kultur in Münster befindet, zeigt eine Arbeiterdelegation, die den Stadtrat mit ihren Forderungen konfrontiert. Das Gemälde ist angelehnt an die Ereignisse in Düsseldorf, aber bewusst anonym gehalten. Es spiegelt so die revolulutionären Ereignisse in den Städten Westdeuschlands wieder, wie sie sich auch in Westfalen ereigneten.
Foto: LWL/ Ahlbrand-Dornseif



Pressekontakt:
Markus Fischer, LWL-Pressestelle, Telefon: 0251 591-235
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48147 Münster
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Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) arbeitet als Kommunalverband mit 20.000 Beschäftigten für die 8,3 Millionen Menschen in der Region. Der LWL betreibt 35 Förderschulen, 21 Krankenhäuser, 18 Museen sowie zwei Besucherzentren und ist einer der größten deutschen Hilfezahler für Menschen mit Behinderung. Er erfüllt damit Aufgaben im sozialen Bereich, in der Behinderten- und Jugendhilfe, in der Psychiatrie und in der Kultur, die sinnvollerweise westfalenweit wahrgenommen werden. Ebenso engagiert er sich für eine inklusive Gesellschaft in allen Lebensbereichen. Die neun kreisfreien Städte und 18 Kreise in Westfalen-Lippe sind die Mitglieder des LWL. Sie tragen und finanzieren den Landschaftsverband, dessen Aufgaben ein Parlament mit 125 Mitgliedern aus den westfälischen Kommunen gestaltet.


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