QUELLE

DATUM1878-05-01   Suche   Suche DWUD
URHEBER/AUSSTELLERM. Neuerburg
AUSSTELLUNGSORTKöln
TITEL/REGEST"Ueber den Umbau einer Fördermaschine mit theilweiser Anwendung der Koepe'schen Patente"
TEXT[S. 151] Ueber den Umbau einer Fördermaschine

mit theilweiser Anwendung der Koepe’schen Patente,
nämlich:
der Seilscheibe, an Stelle der Seiltrommeln, und des Gegenseiles zur Ausgleichung der Lasten.

Auf Zeche "Hannover" ist seit dem 3. September v. J. eine solche umgebaute, alte eincylindrige Fördermaschine in Betrieb; die Maschine hat 36" Cylinder-Durchmesser und 72" Hub, der Dampfdruck beträgt 4 Atmosphären.

[...]

Die Seiltrommeln sind von der Maschine entfernt und an ihrer Stelle ist eine Seilscheibe hergestellt worden, wozu man das frühere Schwungrad benutzte.

Das Seil ist einfach aufgelegt und berührt etwas mehr als den halben Umfang der Seilscheibe; die Hälfte, d. h. ein einziges der früheren Förderseile, war dazu hinreichend.

Das andere Seil wurde als Gegenseil einfach unter die Förderkörbe befestigt und hängt frei im Schachte bis in den Sumpf, ohne dass es dort um eine Seilrolle geführt wäre, also ganz frei und ohne jede Führung.

Auf jeder Förderschale werden jetzt 4 beladene Wagen, 40 Ctr. netto Kohlen gezogen.
Die Teufe beträgt 234 Meter;
Die mittlere Fördergeschwindigkeit 9 Meter pr. Sekunde;
Die tägliche Förderung 14 000 Ctr. in einer Schicht à 8 Stunden.

Es kommt ein Rutschen des runden Stahlseiles auf der Seilscheibe durchaus nicht vor.

Vor dem Umbau arbeitete die Maschine mit demselben Dampfdruck; es ist überhaupt in dieser Beziehung Nichts an ihr geändert worden; sie förderte auch früher 40 Ctr. Kohlen pr. Zug, brauchte dazu aber 18 Umdrehungen, während sie jetzt nur noch 10 Umdrehungen zu einem Aufzuge bedarf; der Dampfverbrauch gegen früher steht also auch im Verhältnis von 10:18.

Ein zu Hochziehen der Förderkörbe ist bei diesem System unmöglich; bei der vorbeschriebenen Maschine kann der Korb nur circa 12" höher gehoben werden als die Hängebank und auch dieses nur, weil die Federn an den Förderkörben dabei zu Hülfe kommen.

Kommt der heruntergehende Korb am Füllort an und setzt sich dort auf die Aufsetzvorrichtung auf, so fällt ein bedeutender Theil des Druckes, welchen das Seil sonst auf die Seilrolle der Maschine ausübte, aus, und die Reibung dort bleibt nicht mehr gross genug, um den aufgehenden Korb noch höher zu heben, es tritt vielmehr alsdann ein Gleiten der Seilrolle unter dem Förderseile ein; man hat also hier gleichzeitig eine sehr zuverlässige, so zu sagen ganz unfehlbare Auslösevorrichtung.

[S. 152] Der Seilverbrauch bei dieser Maschine wird ein ganz geringer sein; die gleichmässige Seilbiegung auf der grossen Rolle, die gleichmässige Geschwindigkeit, mit welcher gefördert wird, das Wegfallen der seitlichen Reibungen, wie sie auf conischen und Spiraltrommeln fortwährend schädlich einwirken und endlich das gänzlich vermiedene Hängeseil sind ebenso viele Ursachen für die grössere Dauer der Seile bei dieser Fördermaschine.

Auch gehen die Förderkörbe in Folge des Zuges der Gegenseile ruhiger im Schacht auf und ab, wodurch sowohl Seile als Schachtführungen und Körbe geschont werden.


Jede weiter Auskunft in Bezug auf die Koepe’schen Patente, wird durch mich bereitwilligst ertheilt.

Cöln, den 5. Januar 1878

M. Neuerburg.
ERLÄUTERUNGFriedrich Koepe, von 1873 bis 1889 Direktor der Zeche Hannover in Bochum, wandte das von ihm entwickelte Förderprinzip erstmalig 1877 auf Schacht I der Zeche Hannover an. Die neue Fördermethode brachte viele Vorteile: billigere Anlagekosten, längere Lebensdauer der Seile und damit auch größere Sicherheit. Trotzdem setzte sich diese Technik nur langsam durch. Die Firma Krupp, zu der die Zeche Hannover gehörte, erkannte den Wert der Erfindung zunächst nicht und ließ das von Koepe an sie abgetretene Patent verfallen. Der Ingenieur Neuerburg hat dieses Flugblatt wohl im Auftrag Friedrich Koepes verfasst, um die neue Technik bekannt zu machen.
Heute ist die Koepe-Förderung das gängige Förderprinzip auf den Schachtanlagen weltweit.

Nach der zu Koepes Zeit gängigen Fördermethode wurde das Förderseil, an dessen Ende ein Förderkorb hing, beim Hochziehen aus dem Schacht auf einer Trommel aufgewickelt. Mit dem Vordringen in größere Tiefen benötigten die Zechen längere und stärkere Förderseile und für diese wiederum größere Seiltrommeln. Mit jedem weiteren Schachtausbau waren deswegen auch kostenintensive Umbauten an den Fördermaschinen verbunden.

Koepe ersetzte deshalb die Seiltrommel durch eine Treibscheibe, um die das Förderseil herumgelegt wird. An beiden Enden hängt jeweils ein Förderkorb. Durch Haftreibung bewegt sich das Seil bei jeder Drehung der Treibscheibe mit. Zum Gewichtsausgleich zwischen dem kurzen Ende des Seils mit dem Förderkorb über Tage und dem langen Ende des Seils mit dem anderen Korb unten im Schacht sorgt ein Unterseil, das unter die Körbe gehängt wird. Durch diese endlose Seilschleife werden die Zugkräfte an den beiden Seilenden bei jeder Position der Körbe im Schacht ausgeglichen.


PROVENIENZ  Bergbau-Archiv Bochum
BESTANDFried. Krupp Bergewerke AG, Essen / Steinkohlenbergwerke Hannover und Hannibal
SIGNATURBBA 20 / 855


FORMALBESCHREIBUNGEs handelt sich um ein Flugblatt mit Skizze des neuen Förderprinzips.


SYSTEMATIK / WEITERE RESSOURCEN  
Typ1.3   Einzelquelle (in Volltext/Regestenform)
Zeit3.8   1850-1899
Ort1.1   Bochum, Stadt <Kreisfr. Stadt>
1.5   Ruhrgebiet
Sachgebiet10.14   Montanindustrie
13.8   Technik
DATUM AUFNAHME2004-03-30
AUFRUFE GESAMT2685
AUFRUFE IM MONAT227