MEDIEN

(89 KB)   Der preußische König Friedrich Wilhelm IV. schwört den Eid auf die Verfassung am 6. Februar 1850 / Hamburg, Historia-Photo / Münster, LWL-Medienzentrum für Westfalen/J. Klem   Der preußische König Friedrich Wilhelm IV. schwört den Eid auf die Verfassung am 6. Februar 1850 / Hamburg, Historia-Photo / Münster, LWL-Medienzentrum für Westfalen/J. Klem
TITELDer preußische König Friedrich Wilhelm IV. schwört den Eid auf die Verfassung am 6. Februar 1850
DATIERUNG1850 [um]
GEOPOSITIONGoogle Maps OSM | 51.745228273865200 (NS), 8.712327182292938 (EW) (exakt)


INFORMATIONAm 06.02.1850 legte König Friedrich Wilhelm von Preußen den Eid auf die  Verfassung ab. Der zeitgenössische Stahlstich zeigt den König, umgeben auf der linken Seite von den Angehörigen seines persönlichen Gefolges und auf der rechten Seite von den Staatsministern, an deren Spitze Graf Friedrich Wilhelm von Brandenburg, Otto von Manteuffel und August von der Heydt stehen. Im Vordergrund halten sich weitere Mitglieder der ersten und zweiten Kammer auf, unter denen sich Friedrich Harkort und Otto von Bismarck (1. und 4. Person von rechts in der vordersten Reihe) befinden.

Der Sieg der Gegenrevolution bedeutete einen Wendepunkt in der politischen und parlamentarischen Tätigkeit Harkorts. Als Angehöriger der zweiten Kammer des preußischen Abgeordnetenhauses (von 1848-1870) hatte er 1848 die Revolution bekämpft. Mit Gleichgesinnten gründete er eine Fraktion, die nach dem Wegfall der Demokraten unfreiwillig zu den "Linken" zählte, deren politischer Standort aber zwischen Konservatismus und nationalem Liberalismus angesiedelt war. Nach 1848 nahm Harkort ebenso kompromißlos den Kampf gegen Reaktion und staatlichen Bürokratismus auf und geriet dadurch immer weiter in Opposition zur Regierung.

Nichts kennzeichnet die Veränderung der politischen Lage deutlicher als die gegen Harkort 1851 in Berlin erhobene Anklage der "Störung des öffentlichen Friedens", die zugleich einen massiven Angriff auf die Pressefreiheit enthielt. Anlaß war der von Harkort veröffentlichte "Bürger- und Bauernbrief", in dem er sich gegen die reaktionären Bestrebungen der ostelbischen Grundbesitzer aussprach, die er ausdrücklich vom eigentlichen Adel ausnahm:
"Frei herausgesagt. Die Junkerparthei ist zum Sturz der gegenwärtigen, beschworenen Verfassung entschlossen und hat den Entwurf zur beschränkten neuen nach Art der Provinzialstände bereits fertig. Man erspäht nur die Gelegenheit. Wohlverstanden: es besteht ein gewaltiger Unterschied zwischen Junkerthum und Adel, denkt an die langen Halme im Kornfelde! Wir zählen eine Menge Ehrenmänner von Adel, die es wohl meinen mit dem Volke und Anderen ein Beispiel sind in der Liebe zum König und zum Vaterlande." [1]
Als den Exponenten des Junkertums in der Regierung sah Harkort Ministerpräsident Manteuffel, den er für einen ehrenwerten Mann hielt, doch
"die großen Fragen des Landes im Geiste eines Stein oder Hardenberg zu lösen, dazu fehlen ihm die Ideen. (...) Vor dem März 1848 war Herr von Manteuffel ein eifriger Anhänger des Absolutismus, und daher stammt wohl seine Neigung, jede Schwierigkeit durch ein octroyirtes Gesetz oder Verordnung zu beseitigen, trotz der warmen Liebe für Deutschland und die Verfassung!" [2]
Der Prozeß gegen Harkort endete mit einem Freispruch, doch blieb die Angelegenheit für ihn eine große Enttäuschung.
"Ohne das freie Wort und die Presse giebt es keine friedliche Schutzwehr gegen den Mißbrauch der Gewalt und Junkerthum jeglicher Art. Wer beide unterdrückt, der predigt Haß und Verachtung zwischen Regierung und Volk und säet die Drachenzähne der Revolution, die nur gedeihen können auf dem Boden des frevelhaft zertretenen Rechts!" [3]

Ein Jahr später trat auch Harkorts gespanntes Verhältnis zu Bismarck zutage. Während einer Debatte über den Heereshaushalt machte sich Harkort stark für die Rechte der Landwehr und kritisierte das adelige Übergewicht im Offizierskorps. Bismarck unterbrach ihn mit der Bemerkung, der Adel habe die meisten Stellen in der Armee inne, da dieses Geschäft zwar ehrenvoll sei, "aber nicht so lukrativ als Fabriken anzulegen und mit Königlicher Unterstützung fortzuführen und den Dank dafür durch Angriffe auf die Regierung zu zahlen." Auf diese persönlich beleidigende Äußerung reagierte Harkort mit den couragierten Worten:
"Ich habe nie eine solche Unterstützung bekommen. Ich will daher hier nur noch eins erwähnen, nämlich die Probe, welche wegen der militärischen Führung einer Compagnie zu machen ist. Wenn das verehrte Mitglied mit mir um die Wette eine Compagnie führen will, so bin ich auch vier Wochen sogleich dazu bereit." [4]

Im Verfassungskonflikt um die Heeresreform bewies Harkort 1866 erneut seine politische Standfestigkeit. Aufgrund außenpolitischer Erfolge gelang es Bismarck, eine Reihe seiner liberalen Gegner mit Hilfe eines Kompromisses zur Beendigung der Kontroverse zu bewegen. Harkort hingegen verweigerte Bismarck die Indemnität, da er die Verletzung der Verfassung für zu gravierend hielt und trat in Konsequenz 1868 im Norddeutschen Reichstag der Fortschrittspartei bei, der er auch im ersten Deutschen Reichstag von 1871-1873 angehörte.

Auch in Westfalen zeigten sich die Erfolge der Reaktion. 1850 reaktivierte Manteuffel im Bruch mit dem geltenden Verfassungssystem die alten Provinzialstände, und drei Jahre später wurde in Preußen die 1850 gewährte Gemeindeordnung wieder aufgehoben sowie das Dreiklassenwahlrecht in die Stadt- und Landgemeindeordnung eingeführt. Bereits im Herbst 1852 hatte Harkort vor den Neuwahlen zur zweiten Kammer als Warnung vor der Reaktion in Braunschweig den "Wahlkatechismus pro 1852 für das Volk" veröffentlicht, der bald von der Polizei verfolgt wurde. In den westlichen Provinzen ging die Wahl zugunsten der Verfassungsanhänger aus, da sich auch die starke katholische Wählerschaft auf deren Seite stellte. Doch erhielt der Adel auch hier 1857 seine verlorenen feudalen Vorrechte im Kreis- und Provinziallandtag zurück. Von Friedrich Harkort und Georg von Vincke vergeblich bekämpft, wurde der Adel nun wieder durch die Gemeindeordnung bei örtlichen Einstellungsverfahren begünstigt und bekam ein Präsentationsrecht für das Herrenhaus eingeräumt. Das bislang gute Verhältnis zwischen Adel und Bürgertum in Westfalen wurde durch diese Vorgänge empfindlich getrübt, besonders, da der Adel mehrheitlich Partei für die Reaktion ergriff.


[1] Harkort, Bürger- und Bauernbrief, S, 9f.
[2] Harkort, Bürger- und Bauernbrief, S. 19.
[3] Harkort, Bürger- und Bauernbrief. S. 29.
[4] Berger, S. 483f.


TECHNIKStahlstich
FORMATjpg


OBJEKT-PROVENIENZHamburg, Historia-Photo
FOTO-PROVENIENZMünster, LWL-Medienzentrum für Westfalen/J. Klem


QUELLE    Killing, Anke | Friedrich Harkort | Dia 09, S. 31-33
PROJEKT    Diaserie "Westfalen im Bild" (Schule)

SYSTEMATIK / WEITERE RESSOURCEN  
Typ35   Bildmaterial (Reproduktion, Foto)
Zeit3.8   1850-1899
Ort2.30   Brandenburg/Preußen, KFtm. / KgR. < - 1918>
DATUM AUFNAHME2004-02-24
DATUM ÄNDERUNG2010-06-08
AUFRUFE GESAMT4030
AUFRUFE IM MONAT762