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(103 KB)   Rathaus Brilon / Münster, LWL-Medienzentrum für Westfalen/O. Mahlstedt   Rathaus Brilon / Münster, LWL-Medienzentrum für Westfalen/O. Mahlstedt
TITELRathaus Brilon


INFORMATIONIn einer Urkunde Ottos II., in welcher der Kaiser dem Bistum Magdeburg seine westfälischen Besitzungen und Privilegien bestätigt, wird der Haupthof Brilon im Jahr 973 erstmals erwähnt. Um die Mitte des 12. Jahrhunderts entwickelte sich Brilon, das an einem Knotenpunkt wichtiger Handelsstraßen lag, rasch zu einem blühenden Marktort, dem vermutlich schon um 1200 das Soester Stadtrecht verliehen wurde. Zwischen 1217 und 1220 gründete schließlich der Kölner Erzbischof Engelbert die Stadt Brilon, wobei er eine planmäßige runde Anlage von etwa 32 ha mit zwei sich am Marktplatz kreuzenden Hauptstraßen und regelmäßigen Straßenzügen auf freiem Feld neben dem alten Marktort, dem heutigen Altenbrilon, abstecken und befestigen ließ.

Die Gründung Brilons ist eng verbunden mit dem Sturz Heinrichs des Löwen im Jahr 1180, da Kaiser Friedrich Barbarossa das Herzogtum Westfalen und Engem den Erzbischöfen von Köln übertrug. Das Engagement der Erzbischöfe in Westfalen hat seine Wurzeln bereits in der kölnischen Missionierung unter Karl dem Großen, daher waren zum Zeitpunkt der Übernahme des Herzogtums schon eine Reihe weltlicher Herrschaften und Gogerichtsrechte in den Händen des Erzbistums. Vor allem Erzbischof Engelbert von Berg (1216-1225) betrieb während seiner Regierungszeit eine intensive Städte- und Burgenpolitik mit dem Ziel, das als Teil des Herzogtums beanspruchte Bistum Paderborn mit einem dichten Burgen- und Städtenetz zu umziehen. Diese Städte - neben Brilon auch Attendorn und Rüthen - mit ihrem sich rasch entwickelnden Wirtschaftsleben bildeten die Grundlage der sich neu ausbildenden territorialen Landesherrschaft.

Brilons Blütezeit lag im 13. und 14. Jahrhundert. Bereits früh war die Stadt Mitglied der Hanse und ging Mitte des 13. Jahrhunderts eine enge Verbindung mit Soest ein, woraus sich weitreichende Geschäftsverbindungen entwickelten. Schnell vergrößerte sich das städtische Territorium, da die durch Handel und Gewerbe reich gewordenen Bürger umfangreiche Land- und Herrschaftsanteile in der Umgebung der Stadt erwarben. Seit 1261 war Brilon erzbischöfliche Münzstätte, und 1290 gab sich die Stadt eine eigene Verfassung. Nach der Soester Fehde von 1444 bis 1449 wurde Brilon durch die Herauslösung der bisherigen Hauptstadt Soest aus dem kölnischen Territorium zwar zur führenden Stadt des Herzogtums Westfalen, doch verringerten sich Handel und Gewerbe im Laufe der Zeit spürbar, was Brilon wieder zu einer kleinen Ackerbürgerstadt, deren Bewohner neben einem Handwerk häufig Landwirtschaft betrieben, werden ließ.

Das Rathaus in Brilon steht im Zentrum der Stadt an der Südseite des großen Marktplatzes, direkt am Kreuzungspunkt der beiden alten Handelsstraßen. Es ist in seinem Grundriß eines der ältesten unzerstörten Rathäuser Deutschlands. Ursprünglich wurde es Mitte des 13. Jahrhunderts als "Gildehaus" errichtet, in dem die ortsansässigen Gilden und fremde Kaufleute ihre Waren veräußern konnten. Zu diesem Zweck war die zum Markt geöffnete Halle im Erdgeschoß in Verkaufsstände eingeteilt.

Über einer Freitreppe in Form einer Stufenrosette, die die unterschiedliche Niveauhöhe des Untergrundes ausgleicht, erhebt sich eine im 13. Jahrhundert erbaute spitzbogige Doppelarkade. Im Jahr 1755 wurde der auf einem alten Riß überlieferte gotische Staffelgiebel nach Plänen des waldeckischen Staatsbaumeisters Johann Mathäus Kitz aus Böhmen durch einen neuen Giebel ersetzt. Die heutige Barockfassade besteht aus einem doppelt geschweiften Giebel, erhöht durch Aufsätze in Gestalt von Vasen und Kugeln. Über dem Giebeldreieck mit der Darstellung des großen Stadtsiegels ragt als bekrönender Abschluß ein Glockendachreiter empor. Der Umriß der verputzten Wandflächen des Rathauses wird durch Hausteinbänder aus Rüthener Sandstein hervorgehoben, und die unteren Stockwerke sind durch ein kräftiges Gesims von dem Dachgeschoß getrennt.

Eine Aufwärtsbewegung erfährt die Schauseite des Rathauses in der Betonung der Mittelachse durch den Glockendachreiter, das Stadtsiegel und die Uhr, die Figurennische unter dem rundbogigen Ziergiebel mit dem Stadtpatron Petrus sowie durch den Bildstock am Mittelpfeiler zwischen den Spitzbögen. Die Darstellung des Stadtsiegels im Giebeldreieck zeigt Mauerzüge, die in der Mitte auf ein Tor zulaufen, unter dessen Bogen sich ein Schlüssel befindet. Die Mauerzüge symbolisieren die Wehrhaftigkeit der Stadt, vor allem aber deren besonderen Rechtscharakter und Identität als städtisches Gemeinwesen im Gegensatz zum agrarischen Umland. Der Schlüssel steht sinnbildlich für Petrus, Schutzpatron der Briloner wie Kölner Kirche, und ist damit zugleich ein Hinweis auf den damaligen Stadtherrn von Brilon, den Kölner Erzbischof. Fahnen und Marktkreuze flankieren den Turm, der sich über dem Tor erhebt. Die Fahnen gelten als Symbol weltlicher, unmittelbar vom König erhaltener Herzogswürde, und gleichzeitig stehen sie zusammen mit den Marktkreuzen als Zeichen für den Marktfrieden. Der Bildstock am Mittelpfeiler stammt aus dem Jahr 1688. Die sich darin befindende Sitzmadonna ist eine um 1680 angefertigte Arbeit aus der Werkstatt der westfälischen Bildhauerfamilie Papen aus Giershagen bei Marsberg.

Die sich vergrößernde und zunehmend differenzierende Verwaltung und Rechtspflege machten im 19. Jahrhundert einen weiteren Umbau des Rathauses notwendig. 1826 wurde die Kaufhalle in Amtszimmer umgewandelt, und die Räume des Obergeschosses sind dem königlichen Gericht zur Verfügung gestellt worden. Bis heute ist das Rathaus Mittelpunkt des städtischen Lebens und dessen Verwaltung.


Literatur

A. Bruns
Beiträge zur Geschichte der Stadt, in: 750 Jahre Stadt Brilon. 1220-1970, Stadt Brilon (Hg.), Brilon 1977, S. 9-27.

Th. Tochtrop
Unser Rathaus, in: 750 Jahre Stadt Brilon. 1220-1970, Stadt Brilon (Hg.), Brilon 1977, S. 78-81.


TECHNIKFoto
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FOTO-PROVENIENZMünster, LWL-Medienzentrum für Westfalen/O. Mahlstedt


QUELLE    Killing, Anke | Historische Rathäuser in Westfalen | Dia 01, S. 12-15
PROJEKT    Diaserie "Westfalen im Bild" (Schule)

SYSTEMATIK / WEITERE RESSOURCEN  
Typ35   Bildmaterial (Reproduktion, Foto)
Ort1.7.3   Brilon, Stadt
Sachgebiet3.11   Städte und Gemeinden, Ober-/Bürgermeister/Ober-Bürgermeisterin, Mitarbeiter
15.8   Architektur, Baudenkmäler, Architekt/Architektin
DATUM AUFNAHME2004-02-26
AUFRUFE GESAMT1565
AUFRUFE IM MONAT157