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(62 KB)   Rathaus Burgsteinfurt / Münster, LWL-Medienzentrum für Westfalen/O. Mahlstedt   Rathaus Burgsteinfurt / Münster, LWL-Medienzentrum für Westfalen/O. Mahlstedt
TITELRathaus Burgsteinfurt


INFORMATIONIm Jahr 1129 wird die Burg "Stenvorde" der Edelherren von Steinfurt, die auf zwei künstlich geschaffenen Inseln in der Aa liegt, erstmals genannt. In der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts entstand nördlich der Burg zum Schutz der hier liegenden Furt und der sich an dieser Stelle kreuzenden Fernstraßen in Richtung Münster, Rheine-Osnabrück und der Niederlande, eine kleine Marktsiedlung. Ihr rippenförmiges Straßennetz und die Lage des Marktes direkt am Kreuzungspunkt der Fernstraßen sprechen für eine planmäßige Anlage durch die Edelherren. 1347 erhielt Steinfurt - seit 1816 ist der amtliche Name Burgsteinfurt - münstersches Stadtrecht, doch blieb der Ort vor allem wegen fehlender Einkünfte weiterhin stark abhängig vom Stadtherrn. 1396 wurde Steinfurt mit einer starken, kreisförmigen, heute noch im Stadtgrundriß erkennbaren Befestigung umgeben.

Bis zum Bau eines eigenen Rathauses nutzten die Bürger das Obergeschoß der seit 1347 bezeugten "Scharne" als Versammlungsort. Im Erdgeschoß besaß die Scharne eine offene Halle, in der sich mit Schranken eingefaßte Verkaufsstände befanden, wo vor allem die Fleischergilde ihre Waren veräußerte. Die Gebühren für die Stände wie auch für die hier ebenfalls untergebrachte Stadtwaage gingen an die Herren von Steinfurt, in deren Besitz sich das Fachwerkhaus befand. Dies änderte sich 1421 unter Eberwin I., dem Schwiegersohn des letzten Steinfurter Edelherrn, der den Bürgern Scharne und Stadtwaage einschließlich aller Einkünfte schenkte, während diese sich im Gegenzug verpflichteten, die Stadtbefestigung zu verstärken. Bereits seit der Stadtgründung verfügte Steinfurt über ein eigenes Gericht, das im Sommer vor der Scharne, im Winter in deren oberen Saal tagte. Der vom Stadtherrn ernannte Richter, dem sechs von der Bürgerschaft gewählte Schöffen als Beisitzer zur Seite standen, führte über einen langen Zeitraum zugleich auch das Stadtregiment. Erst 1536 gelang es den Bürgern, den stadtherrlichen Richter aus der Verwaltung zu drängen und die volle Selbstverwaltung durch jährlich gewählte Bürgermeister, Schöffen und Ratsherren einzuführen. Den sichtbaren Abschluß dieser Entwicklung bildete, nachdem die Scharne bei einem Brand 1488 teilweise zerstört worden war, der Bau des Rathauses.

Im Jahr 1561 errichtete der Baumeister Gert Voelker anstelle der Scharne ein zweistöckiges, rechteckiges Giebelhaus. Hinter den drei großen Spitzbögen im Erdgeschoß lag eine Halle, in der die Stadtwaage und die Braupfannen, die von der Stadt gegen Zahlung eines sogenannten Pfannengeldes entliehen wurden, untergebracht waren. Bis ins 19. Jahrhundert hielt sich in der Halle auch die Stadtwache auf, und es war ein Raum für Straftäter eingerichtet. Im Obergeschoß befanden sich der auch für Feierlichkeiten genutzte Ratssaal, dessen Deckenbalken mit Band- und Wellenornamenten bemalt sind, die Ratskammer und ein Archivzimmer. Das Giebeldreieck des Rathauses ist durch verkröpfte Längs- und Querbänder belebt. Die dreifach konkav einschwingenden Giebelstufen haben ein zahnschnittartiges Randprofil und sind mit Kugeln besetzt. Auf den Absätzen und der Giebelspitze stehen über Eck gestellte Fialen, die unten mit Kugeln, oben mit Wetterfahnen besetzt sind. In den Jahren 1842-1844 wurden bei Renovierungsarbeiten die ehemaligen Renaissancefenster des Obergeschosses durch spitzbogige ersetzt. Auch die Fensteraufteilung der Giebelfläche stammt aus dieser Zeit. Zugleich sind Uhr und Stadtwappen, die ursprünglich über der Halle angebracht waren, in die Giebelspitze verlegt worden. Das von zwei Löwen gehaltene Wappen zeigt auf goldenem Grund einen von einer Zinnenmauer flankierten, roten Torbau mit Zugbrücke, schwarzem Fallgatter und drei Türmen. Die Türme symbolisieren den Begriff "Burg", die Farben Rot und Gold sind dem Wappen der Edelherren von Steinfurt entnommen. Auf dem Dach des Rathauses sitzt ein hoher Dachreiter mit umlaufender Galerie von 1570, der 1612 mit einer Wetterfahne bekrönt wurde. Der Dachreiter wird von einem Eichenstamm, dem sogenannten "Kaiserstil", getragen, dessen unteres Ende im Erdgeschoß verankert ist und der oben mit ausladenden Seitenstreben Dach sowie Dachreiter trägt. Im Turm befindet sich die älteste Glocke der Umgebung, die 1415 ursprünglich für die Große Kirche in Steinfurt gegossen wurde.

Im Jahr 1874 ließ die Stadt vor der Halle drei eiserne Gitter anbringen, die nächtlichen Beschmutzungen und Sachbeschädigungen vorbeugen sollten. Seit 1894 wird das "Alte Rathaus" nicht mehr von der Verwaltung genutzt. 1922 entfernte die Stadt die Gitter wieder, mauerte die Halle zu und setzte große Fenster ein, um die Stadtkasse in die Halle zu verlegen. Gleichzeitig wurde der Ratssaal durch das Einziehen von Wänden in Büroräume umgewandelt. Nachdem das Alte Rathaus den Zweiten Weltkrieg unbeschadet überstanden hatte, erfolgten 1965-1973 denkmalpflegerische Maßnahmen, die den offenen Charakter der Halle durch einen Laubengang und das Einsetzen großer Glasscheiben wiederherstellten, und auch der Ratssaal im Obergeschoß wurde in seinen ursprünglichen Zustand zurückversetzt. Heute - seit 1975 ist Burgsteinfurt Teil der Stadt Steinfurt - wird das Alte Rathaus in erster Linie vom Verkehrsverein genutzt, aber auch für die Ausstellungen des Heimatmuseums sowie für Fortbildungs- und repräsentative Veranstaltungen.


Literatur

Rathäuser in Steinfurt
Bd.1: F. Hilgemann/H.-W. Pries, Die Alten Rathäuser, Steinfurt 1988.


TECHNIKFoto
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FOTO-PROVENIENZMünster, LWL-Medienzentrum für Westfalen/O. Mahlstedt


QUELLE    Killing, Anke | Historische Rathäuser in Westfalen | Dia 10, S. 42-44
PROJEKT    Diaserie "Westfalen im Bild" (Schule)

SYSTEMATIK / WEITERE RESSOURCEN  
Typ35   Bildmaterial (Reproduktion, Foto)
Ort3.7.21   Steinfurt, Stadt
Sachgebiet3.11   Städte und Gemeinden, Ober-/Bürgermeister/Ober-Bürgermeisterin, Mitarbeiter
15.8   Architektur, Baudenkmäler, Architekt/Architektin
DATUM AUFNAHME2004-02-26
AUFRUFE GESAMT868
AUFRUFE IM MONAT5