MEDIEN

(78 KB)   Rathaus Hattingen / Münster, LWL-Medienzentrum für Westfalen/O. Mahlstedt   Rathaus Hattingen / Münster, LWL-Medienzentrum für Westfalen/O. Mahlstedt
TITELRathaus Hattingen


INFORMATIONDie Stadt Hattingen liegt am Südufer der Ruhr, wo unterschiedliche Wirtschaftsräume - Kohle- und Erzvorkommen im Süden sowie Getreideanbaugebiete im Norden - aufeinandertreffen. Aufgrund ihrer Grenzlage und der Verkehrsverbindungen aus dem Bergischen Land über die Ruhr in die norddeutsche Tiefebene bis zur Küste entwickelte sich die Siedlung bereits im frühen Mittelalter zu einem Handelsplatz für Getreide aus dem Randgebiet der Westfälischen Bucht. Seit dem Beginn des 16. Jahrhunderts war Hattingen ein bedeutender Umschlagplatz für Eisen, Getreide und auch für Textilwaren, die aus spanischer Wolle hergestellt und in Amsterdam bezogen wurden.

Kaiser Heinrich II. übertrug 1005 die vermutlich auf einen fränkischen Reichshof zurückgehende Siedlung "Hattneggen" an Bischof Heribert von Köln für das im Bau befindliche Kloster Deutz. 1350 erhob Graf Engelbert von der Mark Hattingen zur Freiheit, und 1396 verlieh Graf Dietrich von der Mark dem Ort das Recht, eine Befestigung aus Wall und Graben zu errichten. Im Verlauf des 15. Jahrhunderts förderten die Landesherren den Aufschwung Hattingens durch zahlreiche Privilegien, doch erhielt die Stadt kein offizielles Stadtrecht. 1412 gründeten der Bürgermeister und der Rat der Stadt die ersten drei Gilden. An vorderster Stelle stand die Gilde der Kaufleute und Bäcker, die für die Versorgung der Bevölkerung mit Brot, dem wichtigsten Grundnahrungsmittel, verantwortlich war, und daher zwei Berufsstände in sich vereinte. Seit 1470 war Hattingen Mitglied der Hanse, in der die Stadt durch den Hauptort Unna auf allgemeinen Hanse- und regionalen Drittelstagen vertreten wurde. Der durch den Handel erwachsene Wohlstand der Bürger schlug sich während der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts in einer regen Bautätigkeit nieder. Zahlreiche alte Bürgerhäuser wurden abgebrochen und an ihrer Stelle mehrgeschossige Fachwerkhäuser mit Schnitzarbeiten auf Knaggen und Schwellenbalken in der Formensprache der Renaissance errichtet. Aus dieser Zeit stammen das Rathaus zwischen Kirche und Untermarkt (1576), die Fachwerkhäuser an der Südseite des Kirchplatzes (1596) sowie die nur noch teilweise erhaltene, hohe Stadtmauer (1586 -1590). Mit dem Beginn des Dreißigjährigen Krieges endete die wirtschaftliche Blütezeit Hattingens, doch blieb die Stadt weiterhin ein wichtiger Handelsplatz.

Zu Beginn des 15. Jahrhunderts ließ Graf Adolf IV. von der Mark eine Fleischhalle zwischen Kirchplatz und Untermarkt errichten, die gegen Mitte des Jahrhunderts nach einem Brand erneuert wurde. In einem Privileg von 1420 übertrug der Landesherr die Halle gegen eine jährliche Rente der Stadt, die gleichzeitig das Recht erhielt, die Halle aufzustocken, um das Gebäude künftig als Rathaus und Markthalle zu nutzten. 1576 schließlich wurde mit dem Neubau des bis heute erhaltenen Rathauses begonnen.

Das Erdgeschoß des dreigeschossigen Giebelhauses besteht aus Bruchsteinmauerwerk, über dem sich auf Kragsteinen ein zweigeschossiger Fachwerkaufbau erhebt. Nach einer Niederschrift von 1770 besaß die Erdgeschoßhalle, die bis Ende des 18. Jahrhunderts weiterhin als Fleischhalle genutzt wurde, ursprünglich ein Gewölbe, das auf den Seitenmauern ruhte. Zum Untermarkt hin war die Halle durch den Haupteingang und zwei kleinere Nebeneingänge geöffnet. Nördlich des Ausganges zum Kirchplatz war vermutlich schon 1576 eine Kammer abgetrennt worden, die als Verkaufsraum diente. Hier befanden sich zwei große hölzerne Hauklötze und eine Waage, zudem war an einer Säule eine hölzerne Tafel befestigt, auf der die Namen der verschiedenen Fleischsorten eingeschnitzt waren. An der Außenwand sind in steinernen Brüstungen noch die Reste der Scharniere zweier vermauerter hölzerner "Falltüren" erhalten, die während der Öffnungszeit des Ladens heruntergeklappt wurden. Um die Standfestigkeit solcher Falltüren zu gewährleisten, auf denen die Waren ausgebreitet und verkauft wurden, befand sich auf deren Außenseite eine Vorrichtung, in die ein Stock als Stütze hineingesteckt werden konnte. Südlich des Ausganges zum Kirchplatz ist in der Außenmauer der zugemauerte, über mehrere Treppenstufen erreichbare, ehemalige Eingang zum Obergeschoß noch erkennbar. Der zweigeschossige Fachwerkaufbau zeigt einen regelmäßig gegliederten, blockhaften Baukörper, dessen einzelne Geschosse leicht überstehen, wobei in Hattingen Knaggen die vorkragenden Fachwerkwände stützen. Auf den Schwellenbalken beider Geschosse befindet sich schlichtes Schnitzwerk. Zudem sind beide Obergeschosse des Rathauses auf allen Seiten mit für damalige Verhältnisse sehr kostspieligen, doppelten Fensterreihen ausgestattet. Die ehemalige Innenaufteilung der oberen Stockwerke ist wegen der durchlaufenden Fensterreihen nur schwer bestimmbar. Vermutlich befand sich in beiden Etagen ein großer Saal - bereits 1577 wurde der Saal im ersten Obergeschoß den Bürgern als Rats- und Festsaal freigegeben -, während der stark ausgebaute Dachstuhl wahrscheinlich als Schüttboden für Getreide diente.

Ende des 18. Jahrhunderts ließ die Verwaltung der Stadt das Äußere des Rathauses zu einem preußischen Verwaltungsgebäude in klassizistischem Stil umformen: Die ursprünglich vorhandenen gotischen Spitzgiebel wurden abgewalmt, große Fenster in die Fachwerkwände eingebrochen und die Fassaden verputzt, wodurch sich ein betont schlichter, flächiger Baukörper ergab. In der Markthalle im Erdgeschoß ist durch das Einziehen von Wänden der heute noch vorhandene Durchgang entstanden. Die Luftklappen an der Südseite und die Falltüren zum Kirchplatz wurden vermauert, schließlich ist der Eingang zum Obergeschoß ins Gebäudeinnere verlegt, die Tür ebenfalls zugemauert sowie die Treppe entfernt worden. Nach der starken Zerstörung m Zweiten Weltkrieg ist das Rathaus zwischen 1949 und 1952 restauriert worden, wobei das Fachwerk wieder freigelegt und die ursprünglichen Fenster eingebaut wurden. Allerdings verzichtete die Stadt aus Kostengründen auf den Wiederaufbau der gotischen Spitzgiebel. Nachdem das Rathaus von 1956 bis 1990 das Heimatmuseum beherbergt hat, wird es seit dem Sommer 1993 als multifunktionale Kulturstätte genutzt.


Literatur

H. Eversberg
Die neue Stadt Hattingen. Landschaft und Geschichte, Hattingen 1980.

Ders.
Das mittelalterliche Hattingen. Kulturgeschichte und Siedlungsgeographie einer Stadt an der Ruhr, Hattingen 1985.


TECHNIKFoto
FORMATjpg


FOTO-PROVENIENZMünster, LWL-Medienzentrum für Westfalen/O. Mahlstedt


QUELLE    Killing, Anke | Historische Rathäuser in Westfalen | Dia 13, S. 50-52
PROJEKT    Diaserie "Westfalen im Bild" (Schule)

SYSTEMATIK / WEITERE RESSOURCEN  
Typ35   Bildmaterial (Reproduktion, Foto)
Ort1.3.4   Hattingen, Stadt
Sachgebiet3.11   Städte und Gemeinden, Ober-/Bürgermeister/Ober-Bürgermeisterin, Mitarbeiter
15.8   Architektur, Baudenkmäler, Architekt/Architektin
DATUM AUFNAHME2004-02-26
AUFRUFE GESAMT630
AUFRUFE IM MONAT230