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(102 KB)   Rathaus Schöppingen / Münster, LWL-Medienzentrum für Westfalen/O. Mahlstedt   Rathaus Schöppingen / Münster, LWL-Medienzentrum für Westfalen/O. Mahlstedt
TITELRathaus Schöppingen


INFORMATIONDie Stadt Schöppingen erstreckt sich an einem ehemaligen Königsweg, der von der Lippemündung über Borken, Coesfeld und die Emsfurt in Rheine in die norddeutsche Tiefebene führte. Während der Sachsenkriege dienten diese alten Verkehrsverbindungen als Heerwege, an denen Karl der Große in Abständen von Tagesmärschen militärische Stützpunkte anlegen ließ, die oftmals zugleich mit einer Kirche ausgestattet waren. Auch Schöppingen, das zuerst 838 als Gau "Scopingus" in einer Schenkungsurkunde von Kaiser Ludwig dem Frommen an das Frauenkloster Herford erwähnt wird, geht auf einen solchen Königshof zurück.

In der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts legten vermutlich die Edelherren von Solms als Lehnsträger des Herforder Hofes auf dessen Gebiet eine mit Wall und Graben befestigte Siedlung an, in die Kirche und Lehnshof aber nicht mit einbezogen wurden. Die bewußte Planung der Anlage im Gegensatz zu gewachsenen Kirchdörfern ist im Grundriß mit seinen in etwa gleich großen und regelmäßig angeordneten Grundstücken deutlich zu erkennen. Gegen Ende des 14. Jahrhunderts ging Schöppingen in den Besitz des Bischofs von Münster über und wurde 1396 in der münsterschen Bischofschronik als Wigbold geführt, wonach der Ort sich zwar in Größe und Bedeutung über ein einfaches Kirchdorf erhob, aber mit noch eingeschränkten Rechten nicht als Stadt angesehen werden konnte. Spätestens seit 1435 besaß Schöppingen in den Urkunden des Bischofs den Status einer Stadt, was auch der 1477 erstmals erwähnte Burgmannssitz für den Ministerialen des Landesherrn in einem Steinturm am Ortsausgang bestätigt. Im 16. Jahrhundert führten Handelsverbindungen von Münster in die Niederlande und eigene gut florierende Gewerbe wie die Leinwandproduktion zu einer Blütezeit Schöppingens, gegen deren Ende das repräsentative Rathaus errichtet wurde.

Das im Jahr 1583 erbaute Rathaus steht inmitten einer platzartigen Erweiterung der Hauptstraße. Über den beiden Schmalseiten des zweigeschossigen, verputzten Rechteckbaus erheben sich fast identische Dreistaffelgiebel. Diese Giebelform kam im Oberstift Münster in der Mitte des 15. Jahrhunderts auf und wurde bis in die zweite Hälfte des 17. Jahrhunderts immer wieder als Stilelement verwandt. Die Giebeldreiecke setzen auf gotisch profilierten Kragsteinen an und werden an der Basis und auf halber Höhe durch Wasserschläge geteilt. Auch zwischen Erd- und Obergeschoß befindet sich ein um das gesamte Gebäude laufender Wasserschlag. Alle Gesimse haben ein gotisches Kehlprofil, nur das zwischen dem Giebel und den unteren Geschossen besitzt ein Karniesprofil. Die breit angelegten Giebelstufen tragen Halbkreisaufsätze, deren durch Halbpalmetten gefüllte Rahmen mit Kugeln versehen sind, ein gestalterisches Element, das in der münsterländischer Baukunst der Renaissance in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts an zahlreichen Häusern zu finden ist. Beide Schmalseiten verfügen über zwei kleine Fenster im unteren Giebelfeld, zwei große Steinkreuzfenster im zweiten Stockwerk, deren obere Hälfte innen mit neuzeitlichen, hölzernen Fensterflügeln verschlossen ist, und zwei Pfostenfenster im Erdgeschoß. Alte Fenster sind an der Außenseite mit hölzernen Fensterläden ausgestattet. An der südlichen Traufenseite des Gebäudes befand sich bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts ein achteckiger Treppenturm, der nicht in der Mitte der Front saß, was eine unsymmetrische Fassadengestaltung zur Folge hatte. Heute steht dort ein größeres, 1914 errichtetes Treppenhaus. Die nördliche Traufenseite ist mit fünf Fensterachsen und einer mittig liegenden Tür versehen, die bis zum 19. Jahrhundert um eine Achse weiter nach Osten verschoben war. Über dem Eingang ist eine 1583 datierte Steintafel mit dem Wappen Schöppingens - ein schreitendes Schaf - in einer Kartusche angebracht. Der Bildstock vor der östlichen Stirnseite stammt aus dem 18. Jahrhundert.

Das Innere des Rathauses wird von einer klaren, zweckgebundenen Raumdisposition geprägt. Unter dem westlichen Drittel befindet sich ein Kellerraum, der von vier stichbogigen Kreuzgratgewölben überspannt wird, die auf einem achteckig gefaßten Pfeiler ruhen. Das Erdgeschoß besteht heute nur noch aus einem einzigen Raum. Ursprünglich war von diesem über dem Keller eine vier Stufen über Erdgeschoßniveau gelegene Stube abgetrennt, in der sich zwischen den beiden westlichen Fenstern ein offener Kamin befand. In diesem Raum, dessen Bedeutung durch eine spärliche Rankenbemalung an der Decke betont wird, wurden vermutlich Beratungen abgehalten sowie Urkunden und Dokumente aufbewahrt. Auch der große Erdgeschoßraum, der vielleicht für Sitzungen des Gerichtes und größere Versammlungen genutzt wurde, konnte mit einem offenen Kamin in der Südwand westlich des Treppenturmes beheizt werden. Das Obergeschoß enthielt von Beginn an einen großen Festsaal, an dessen Decke sich ebenfalls eine Bemalung aus Arabesken befand. Er war über den Treppenturm zugänglich, dessen Wendeltreppe vermutlich bis ins Dachgeschoß führte.

Als Folge der Wirren des Spanisch-Niederländischen und des Dreißigjährigen Krieges sowie des damit verbundenen wirtschaftlichen Niederganges verfiel das Rathaus und wurde zusehends anderweitig genutzt. Mitte des 18. Jahrhunderts ist der Boden im östlichen Teil des Erdgeschosses auf Straßenniveau abgesenkt worden, um die mittlerweile hier untergestellte Feuerspritze leichter ins Freie bringen zu können. Kurze Zeit nach dem Abriß des baufälligen Treppenturmes (1816) versteigerte die Stadt aufgrund akuten Geldmangels die Glocke des Rathauses. 1832 wurde das Gebäude erstmals grundlegend renoviert, wobei auf die Wiederherstellung des Treppenturmes zugunsten einer inneren Holztreppe verzichtet wurde. In den folgenden Jahren verpachtete die Stadt den Saal im Obergeschoß für öffentliche wie private Festveranstaltungen. Auch die Ratsversammlungen fanden weiterhin dort statt, wobei gegen Ende des 19. Jahrhunderts noch ein zusätzlicher Verwaltungsraum eingefügt wurde. Seit 1832 gab es im Erdgeschoß neben dem Feuerwehrgerätehaus eine Wachstube mit zwei Zellen. 1902 zogen Rat und Verwaltung in ein neu erbautes Amtshaus um. Ein Jahr später richtete sich die 1893 gegründete Rektoratsschule im Rathaus ein, bis es 1933 ein Jugendheim für die Hitlerjugend und den Bund Deutscher Mädel wurde. Nach dem Zweiten Weltkrieg waren hier nach- und nebeneinander eine Polizeidienststelle, die evangelische Schule, eine Nebenstelle des Arbeitsamtes Ahaus sowie Lagerräume untergebracht. In den Jahren 1976-1979 ist das Rathaus schließlich in Zusammenarbeit mit dem Landeskonservator umfassend renoviert worden und wird heute für Festsitzungen, festliche Empfänge, Konzerte, Ausstellungen und private Feierlichkeiten genutzt.


Literatur

400 Jahre Altes Rathaus Schöppingen
Festschrift hg. v. d. Gemeinde Schöppingen, Schöppingen 1983.

Schöppingen 838-1988
Festschrift hg. v. d. Gemeinde Schöppingen, Schöppingen 1988.


TECHNIKFoto
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FOTO-PROVENIENZMünster, LWL-Medienzentrum für Westfalen/O. Mahlstedt


QUELLE    Killing, Anke | Historische Rathäuser in Westfalen | Dia 15, S. 56-59
PROJEKT    Diaserie "Westfalen im Bild" (Schule)

SYSTEMATIK / WEITERE RESSOURCEN  
Typ35   Bildmaterial (Reproduktion, Foto)
Ort3.1.13   Schöppingen, Gemeinde
Sachgebiet3.11   Städte und Gemeinden, Ober-/Bürgermeister/Ober-Bürgermeisterin, Mitarbeiter
15.8   Architektur, Baudenkmäler, Architekt/Architektin
DATUM AUFNAHME2004-02-26
AUFRUFE GESAMT883
AUFRUFE IM MONAT11