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(2 KB)   Franz von Papen als Page am Berliner Hof, 1897 / Münster, LWL-Medienzentrum für Westfalen/E. Tschich   Franz von Papen als Page am Berliner Hof, 1897 / Münster, LWL-Medienzentrum für Westfalen/E. Tschich
TITELDie Konferenz von Lausanne, 16.06.1932
DATIERUNG1932-06-16


INFORMATIONAm 16.06.1932 versammelten sich in Lausanne Vertreter Englands, Frankreichs, Italiens, Belgiens und Japans mit dem besiegten Deutschland zur Konferenz über die Zukunft der deutschen Reparationszahlungen. Als Teilnehmer stellten sich dem Fotografen (von links): Reichsaußenminister von Neurath, der italienische Finanzminister Musconi, Reichskanzler von Papen, der englische Premierminister Mac Donald und der französische Ministerpräsident Herriot.

Die deutsche Delegation wurde vervollständigt durch Reichsfinanzminister Graf Schwerin von Krosigk. Bereits wenige Tage nach ihrer Bildung stand die neue deutsche Regierung vor einer schweren Herausforderung. Die Regierung Brüning hatte für die deutsche Seite das Verhandlungsziel vorgegeben; den Standpunkt des Reichs hatte das Gutachten einer internationalen Sachverständigenkommission bestätigt: Deutschland war zahlungsunfähig. In Vorbesprechungen hatte das Kabinett die Verhandlungsmodalitäten erörtert, auf Leitlinien für die deutsche Delegation hatte man aber verzichtet, weil man den Verhandlungsverlauf nicht für absehbar hielt.

In Lausanne prallten die Meinungen aufeinander. Vor allem Frankreich beharrte unnachgiebig auf einer deutschen Abschlagszahlung in Höhe von sieben Milliarden RM. England, das bereit war, dem deutschen Standpunkt Rechnung zu tragen, versuchte mit seinem Vorschlag einer deutschen Restzahlung vermittelnd einzuwirken. Die deutsche Delegation willigte allenfalls in handelspolitische Kompensationen ein. Die Verhandlungen waren an einem toten Punkt angekommen. Unter Verzicht auf die bisherige Verhandlungslinie leitete der deutsche Reichskanzler am 28. Juni die Wende ein. Er deutete überraschend an, Deutschland könne zu einer Restzahlung bereit sein, falls die Alliierten im Gegenzug zu politischen Zugeständnissen bereit seien. Franz von Papen wollte die Anerkennung der politischen und militärischen Gleichberechtigung des Reiches durchsetzen. In den anschließenden Gesprächsrunden ließ die deutsche Delegation zunächst die Forderung nach Einbeziehung der Rüstungsfrage fallen, am Ende auch die Annullierung des Versailler Kriegsschuldartikels. Als Ergebnis der Konferenz einigte man sich auf eine vollständige Streichung der Reparationen gegen eine deutsche Abschlußzahlung von drei Milliarden RM. Dem Reich wurde die Erfüllung seiner politischen Forderungen in der Abschlußerklärung in Aussicht gestellt. Es ist fraglich, ob Papens Alleingang opportun war. Noch nicht ausgereizt war zu diesem Zeitpunkt die Diskrepanz zwischen den Standpunkten Englands und Frankreichs. Zweifellos machte sich hier sein Mangel an diplomatisch-politischen Erfahrungen ebenso bemerkbar wie seine Neigung zu individuellen Parforceritten und seine Fehleinschätzung der Bedeutung Englands. Für von Papen lag der Schlüssel für die Nachkriegsordnung in Paris. Als einer der wenigen Konservativen der deutschen Frontgeneration hatte sich von Papen seit Mitte der 20er Jahre auf der Ebene des politischen Katholizismus und im Rahmen von Wirtschaftskontakten um eine Annäherung zwischen den beiden verfeindeten Ländern bemüht. Verwandtschaftliche Beziehungen in den französischsprachigen Raum förderten diesen Verständigungswillen ebenso wie seine eingehende Kenntnis der französischen Sprache und Kultur. Der politische Schlüssel für dieses Engagement lag in seiner Bolschewismusfurcht. Nach seiner Meinung bedurfte es im Kampf des "christlichen Abendlandes" gegen die "Gefahr für Konfession und Kultur" aus dem Osten eines souveränen, gleichberechtigten Deutschland als Schutzwall und Ordnungsfaktor gegen das Vordringen des Bolschewismus. Der Reichskanzler schlug der französischen Seite in Lausanne ohne Absprache mit der deutschen Delegation völlig überraschend einen gemeinsamen Fonds für die Erholung Europas, einen Konsultativpakt und ein Militärbündnis vor, als dessen Vorstufe eine Art gemeinsamer Generalstab eingerichtet werden sollte. Von Papens Vorstoß macht zwei grundlegende Defizite offenkundig. Es mangelte ihm an der Fähigkeit, von den eigenen Vorstellungen - so ehrenhaft sie sein mochten - zu abstrahieren und zu einer vorurteilslosen Analyse und Gesamtschau der politischen Bedingungen und nationalen Vorbehalte beiderseits der Grenzen vorzudringen. Außerdem glaubte der Reichskanzler, daß es immer noch - wie zu Zeiten monarchischer Kabinettspolitik - einzig und allein auf den ernsthaften Durchsetzungswillen der führenden Politiker eines Landes ankam.


Quelle: F. v. Papen, Der Wahrheit eine Gasse, München 1952, S. 192f.


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FOTO-PROVENIENZMünster, LWL-Medienzentrum für Westfalen/E. Tschich


QUELLE    Neumann, Klaus | Franz von Papen | Dia 07, S. 30f.
PROJEKT    Diaserie "Westfalen im Bild" (Schule)

SYSTEMATIK / WEITERE RESSOURCEN  
Typ35   Bildmaterial (Reproduktion, Foto)
Zeit3.9   1900-1949
DATUM AUFNAHME2004-02-08
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