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(114 KB)   Erdhöhlen und Baracken von Kriegsgefangenen im Stalag 326 (VI K) Senne im Herbst 1941 / Münster, Westfälisches Archivamt   Erdhöhlen und Baracken von Kriegsgefangenen im Stalag 326 (VI K) Senne im Herbst 1941 / Münster, Westfälisches Archivamt
TITELErdhöhlen und Baracken von Kriegsgefangenen im Stalag 326 (VI K) Senne im Herbst 1941
DATIERUNG1941
GEOPOSITIONGoogle Maps OSM | 51.745228273865200 (NS), 8.712327182292938 (EW) (exakt)


INFORMATIONKlar und eindeutig verlangt der Artikel 10 der Genfer Konvention:
"Die Kriegsgefangenen sind in Häusern oder Baracken unterzubringen, die jede mögliche Gewähr für Reinlichkeit und Zuträglichkeit bieten. Die Räume müssen vollständig vor Feuchtigkeit geschützt, genügend beheizt und beleuchtet sein."

Dagegen bot das Stalag 326 (VI K) wie alle anderen Stalags für sowjetische Kriegsgefangene im Sommer und Herbst 1941 ein Bild, das den Überlebenden unauslöschlich in Erinnerung blieb. Der ehemalige Gefangene M. A. Krischnow schreibt:
"Die ersten Gefangenen fanden nur leeres Feld vor mit wenig jungen Tannen, eingezäunt mit Stacheldraht und mit Wachtürmen an den Ecken und in der Mitte. Am Eingang zum Lager standen einige barackenähnliche Häuschen. In diesen war die Verwaltung der Deutschen untergebracht."

W. J. Schimanskij beschreibt die Verhältnisse noch ausführlicher:
"Bei unserem Eintreffen war das Lager innen, wenn man die zwei oder drei Baracken der Lagerleitung nicht zählte, völlig ohne Ausrüstung. Wir mußten uns unter freiem Himmel auf der Erde einrichten. Ein auf dem Territorium gewachsenes junges Kiefernwäldchen wurde von uns sofort als Baumaterial genutzt für den Bau von Laub- und Erdhütten für je zwei bis drei Personen. Aber diese Kiefernzweige reichten nicht für alle, und viele Gefangene begannen, richtige Höhlen in die Erde zu graben, um wenigstens einen geringen Schutz vor dem Regen zu haben. Das Graben solcher Höhlen endete für viele tragisch, als nämlich der Sandboden während des Schlafens in der Nacht auf die Unglücklichen herabstürzte und sie unter sich begrub. Auf diese Weise kamen viele ums Leben."

Aus deutscher Sicht schilderte der ehemalige Lagerarzt die Verhältnisse so: "Bei der Übernahme des Areals, auf dem bald ein Kgf.-Lager für 60 000 Mann betriebsbereit stehen sollte, fand das Vorauskommando nichts vor, was man als zweckdienlich hätte ansehen können. Es begann mit der Errichtung eines primitiven Stacheldrahtzaunes (einreihig). Es folgten Behelfsküche, Unterkünfte für die Lagerleitung, Handpumpen wurden angelegt und Behelfslatrinen. Feste Unterkünfte für Kgf. (sog. RAD-Baracken) waren zugesagt, jedoch noch nicht am Orte, als die ersten Kgf.-Transporte Mitte Juli 41 eintrafen. Man wies die Kgf. an, sich behelfsmäßige Erdunterkünfte zu bauen, stellte ihnen einfaches Baumaterial (Bretter, Pfähle usw.) und Geräte (Spaten) zur Verfügung. Dem Geschick der Russen und der günstigen Witterung des Sommer 41 war es zuzuschreiben, daß diese primitive Form der Unterbringung relativ problemlos überstanden wurde. Sehr bald standen dann genügend RAD-Baracken für die Aufnahme aller Kgf. bereit. Zwischendurch hatte man zur Überbrückung großräumige Zelte zusätzlich aufgestellt. Mit Anbruch der kalten Jahreszeit 41/42 lag kein Kgf. mehr im Freien oder in Zelten. Die Baracken konnten mit Kohleöfen beheizt werden, die Kgf auf zwei- bis dreigeschossigen Pritschen nächtigen, auf Stroh oder Spreu, mit einer Decke versehen. Wenngleich es technisch möglich war, die Baracken auch bei sehr kaltem Wetter ausreichend zu erwärmen, sind später Todesfälle vorgekommen, die eindeutig auf Erfrierung zurückzuführen waren."

Sicherlich bemühte sich die Lagerleitung, den Gefangenen "einfaches Baumaterial" und Werkzeug zum Bau primitiver Hütten zu geben, aber ihre Zahl war viel zu groß, um sie auch nur halbwegs ausreichend zu versorgen. Um so mehr Bewunderung verdient die Geschicklichkeit der sowjetischen Soldaten. Abgesehen von den bloßen Händen gruben sie sich mit Hilfe von Löffeln, Kochgeschirrdeckeln und Blechteilen verschiedenster Art und Herkunft förmlich in den Sandboden ein, ein gefundenes Stück Draht verwandelte sich unter ihren Händen in eine Säge, mit der sie selbst armdicke Bäume fällen konnten.

Nachdem vorsorglich große Zelte aufgestellt worden waren, trafen im Herbst 1941 auf dem Bahnhof Hövelhof die Fertigteile für die RAD-Baracken ein, die dann die Gefangenen den 5 km weiten Weg zum Lager tragen mußten, eine wegen ihrer Schwere weithin gefürchtete Arbeit. Mehrere Monate bestanden somit Erdhöhlen, Zelte und Baracken nebeneinander. Mit dem "Umzug" in die Baracken hatten die Männer zwar ein festes Dach über dem Kopf, doch hatte sich ihre Situation nur unwesentlich gebessert. Die Unterkünfte waren in ihrer Normalausfertigung für etwa 80 Personen vorgesehen, doch mußten sie vor allem im Winter 1941/42 eine weitaus größere Zahl sowjetischer Gefangener aufnehmen. Nach einer Besprechung vom 19.9.1941 legte ein Befehl des Chefs der Heeresrüstung am 17.10. (!) Höchstbelegungswerte für die Baracken fest. Danach konnte durch Herausnehmen von Bettsteilen oder auch der Zwischenwände ihre Kapazität auf 150, im Notfall sogar auf 300 Gefangene gesteigert werden. Der ehemalige Gefangene W. S. Siltschenko schreibt dazu:
"Jede Baracke war für 140 Gefangene berechnet. Untergebracht wurden jedoch 400 bis 500 Menschen. Bettzeug gab es nicht, und so mußten die Menschen auf den harten Holzpritschen in drei Etagen oder auf dem Erdboden liegen."

Das Bild zeigt die Verhältnisse in der Senne im Herbst 1941. Im Vordergrund sind einige Erdhöhlen zu sehen, eine von ihnen läßt an ihrem Aufbau erkennen, mit welch primitiven Mitteln sich die Männer hier behelfen mußten. Erdhaufen im Hintergrund zeigen weitere "Unterkünfte" an. Die Baracken im Hintergrund dürften den Gefangenen aus ihrer Perspektive wohl fast wie das Paradies vorgekommen sein.


TECHNIKFoto
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OBJEKT-PROVENIENZMünster, Westfälisches Archivamt


QUELLE    Otto, Reinhard | Das Stalag 326 (VI K) Senne | Dia 08, S. 33-35
PROJEKT    Diaserie "Westfalen im Bild" (Schule)

SYSTEMATIK / WEITERE RESSOURCEN  
Typ35   Bildmaterial (Reproduktion, Foto)
Zeit3.9   1900-1949
Ort2.2.9   Schloß Holte-Stukenbrock, Gemeinde
DATUM AUFNAHME2004-02-03
AUFRUFE GESAMT984
AUFRUFE IM MONAT156