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TITEL | Personalkarte des Kriegsgefangenen Alexander Filipowitsch Smirnow | |||||||||||||
GEOPOSITION | ![]() ![]() | |||||||||||||
INFORMATION | Spätestens bei ihrer Ankunft in den "Russenlagern" des Deutschen Reiches wurden sämtliche sowjetischen Kriegsgefangenen systematisch registriert und der Wehrmachtauskunftstelle in Berlin gemeldet. Deren Unterlagen galten allerdings seit Kriegsende als verschollen, und daher ging man allgemein davon aus, die Wehrmacht habe sich in dem Vernichtungskrieg gegen die Völker der Sowjetunion gar nicht die Mühe gemacht, die Personalien der gefangenen Soldaten zu erfassen. Das Material liegt jedoch fast vollständig in russischen Archiven; welche Aussagen es über jeden einzelnen Rotarmisten ermöglicht, sei im Folgenden am Beispiel der Personalkarte von Alexander Filipowitsch Smirnow vorgestellt. Smirnow wurde am 16.08.1912 in Kuibyschew an der Wolga (heute Samara) als Sohn des Filipp Smirnow geboren. Er diente als einfacher Soldat bei der Artillerie und fiel am 18.07.1942 während der deutschen Sommeroffensive bei Krasnowk ohne nennenswerte Verwundungen in deutsche Hände. In der Folgezeit arbeitete er - durchaus im Einklang mit der Genfer Konvention von 1929 - als Kriegsgefangener für die deutschen Truppen im besetzten Teil der Sowjetunion. Im Deutschen Reich fehlten zu dieser Zeit wegen der vielen Einberufungen vor allem im Bergbau zunehmend Arbeitskräfte. Die Reichsvereinigung Kohle (RVK) als Interessenvertreterin des Kohlebergbaus erreichte deswegen am 07.07.1943 bei Hitler die Zusicherung, noch im Spätsommer etwa 200.000 sowjetische Gefangene für den Bergbaueinsatz zu bekommen ("Aktion Steiger"). Im Zuge dieser Aktion wurde auch Alexander Smirnow Anfang September nach Deutschland in das Stalag 326 (VI K) Senne transportiert, das das OKW ein Jahr zuvor auf Drängen der RVK zum Aufnahme- und Musterungslager für den Ruhrbergbau bestimmt hatte (s. Dokument 8 ![]() Der Erfassung folgte am 20. September die ärztliche Untersuchung. Deren Ergebnis "einsatzfähig für schwere Arbeit (Stufe t)" qualifizierte Alexander Smirnow für den Bergbaueinsatz; ein Urteil, das in der Senne so oft gefällt wurde, daß man sich dort für den Eintrag in die Personalkarte bereits einen Stempel zugelegt hatte. Welche Bedeutung diese körperliche Einschätzung für die deutsche Seite besaß, ist daran ersichtlich, daß der Begriff "schwer" zusätzlich unterstrichen wurde. Um grundsätzlich einen Arbeitseinsatz, aber auch die deutsche Bevölkerung nicht durch Krankheiten zu gefährden, hatte Smirnow zusammen mit vielen anderen Kameraden ausweislich der Eintragungen auf der Rückseite der Personalkarte kurz nach der Ankunft am 15.9. neben einer Pockenschutzimpfung auch eine Erstimmunisierung gegen Typhus erhalten. Wenn die letztere kurzfristig noch zweimal, am 17. und am 21., wiederholt wurde, ist das ganz nebenbei auch ein sehr aufschlußreiches Indiz für den Arbeitskräftemangel: 1941 und 1942 hatte der Abstand zwischen den Impfungen noch eine ganze Woche betragen. Dem Schutz gegen Fleckfieber diente die Entlausung der Gefangenen, die mit einer vollständigen Entfernung der Körperbehaarung verbunden war. Bei Smirnow fand sie unmittelbar nach dem Eintreffen statt, das Lichtbild zeigt ihn bereits kahlgeschoren. Die vorgeschriebene dreiwöchige Quarantäne hatte er entsprechend den Vorgaben für die "Aktion Steiger" noch in der Sowjetunion durchlaufen (s. Bild 7 ![]() Vom weiteren Lebensweg Smimows, der als typisch für viele im Ruhrbergbau eingesetzte sowjetische Kriegsgefangene gelten kann, zeugen die Angaben auf der Rückseite seiner Personalkarte. Kurz nachdem er für bergbautauglich befunden worden war, wurde er zum Stalag VI A Hemer versetzt (24.125.9.), von dem aus sämtliche im Bergbau eingesetzte Kriegsgefangenen geführt wurden. Ohne Verzug gelangte er von dort weiter nach Bochum-Wiemelhausen zur Zeche Prinzregent in das "Russenkommando" 701 R (28.09.); ob der Einsatz dort entsprechend seiner beruflichen Qualifikation als Autoschlosser erfolgte, läßt sich heute nicht mehr feststellen (s. Dokument 6 ![]() Für ein weiteres, der nationalsozialistischen Weltanschauung entstammendes "Vorurteil" gab es sogar einen Stempel: "Die Bekanntgabe des Verbots des Verkehrs Kr. Gef. mit deutschen Frauen vom 18.1.40 ist erfolgt". Um die "arische" Rasse "rein" zu halten durfte kein sexueller Kontakt zwischen Kriegsgefangenen - das galt für sämtliche Nationen - und deutschen Frauen erfolgen. Wer dagegen verstieß, machte sich strafbar. Für die deutschen Frauen bedeutete das in den meisten Fällen Gefängnis, für die Kriegsgefangenen, insbesondere die sowjetischen, die Entlassung aus der Kriegsgefangenschaft und die Abgabe an die Gestapo, d.h. die Überweisung in ein Konzentrationslager. Ob sie dort exekutiert oder zur Arbeit eingesetzt wurden, hing von der "Schwere des Vergehens" ab. Nach dem Krieg gelangte die Personalkarte Smirnows in die Sowjetunion nach Podolsk südlich von Moskau, ihre Eintragungen wurden teilweise ins Kyrillische übertragen. Vermutlich wie bei vielen anderen Verstorbenen auch galt das aus verschiedenen Gründen nicht für die Bezeichnung der Grablage, so daß aller Wahrscheinlichkeit nach die Angehörigen bis heute noch keine genauere Nachricht über seinen Verbleib erhalten haben. Dabei läßt die Karte noch heute eine ziemlich genaue Lokalisierung des Grabes zu: die letzte Ruhestätte Alexander Smirnows liegt etwa 30 m hinter dem Stein, der die Reihe 29 bezeichnet. | |||||||||||||
FORMAT | jpg | |||||||||||||
OBJEKT-PROVENIENZ | Podolsk, Zentralarchiv des Verteidigungsministeriums der Russischen Föderation | |||||||||||||
OBJEKT-SIGNATUR | Abt. 9, Unterlagen über Unteroffiziere und Mannschaften | |||||||||||||
QUELLE | ![]() | |||||||||||||
PROJEKT | ![]() | |||||||||||||
SYSTEMATIK / WEITERE RESSOURCEN |
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DATUM AUFNAHME | 2004-02-03 | |||||||||||||
DATUM ÄNDERUNG | 2025-02-07 | |||||||||||||
AUFRUFE GESAMT | 3802 | |||||||||||||
AUFRUFE IM MONAT | 4 | |||||||||||||
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