MEDIEN

(2 KB)   Franz von Papen als Page am Berliner Hof, 1897 / Münster, LWL-Medienzentrum für Westfalen/E. Tschich   Franz von Papen als Page am Berliner Hof, 1897 / Münster, LWL-Medienzentrum für Westfalen/E. Tschich
TITELDer Judenpogrom des Jahres 1350: Brüsseler Miniatur mit der Aufschrift "Gefangennahme und Vernichtung der Juden"
DATIERUNG1349


INFORMATION"Gefangennahme und Vernichtung der Juden" - so steht es rechts in lateinischer Sprache über dieser Brüsseler Miniatur. Darunter heißt es:
"lm Jahre 1349 - in Westfalen geschah es ein Jahr später - wurden die Juden gefangengenommen und überall, wo sie lebten, in Kerker und Gruben gesetzt. Der Grund ihrer Inhaftierung war der schwere Verdacht, sie suchten die Christen böswillig zu vergiften, und würfen, soweit sie dies könnten, heimlich Gift in Brunnen, Quellen und Gewässer. Und sie taten dies, wie das allgemeine Gerücht besagte, an ziemlich vielen Orten."

Dieser auch in Westfalen erhobene absurde Vorwurf der Brunnenvergiftung war hier freilich schon von dem zeitgenössischen Dominikanermönch Heinrich von Herford (1370) zurückgewiesen worden. Er vermutete zu Recht eher den großen Reichtum der Juden (vgl. auch Bild 2  Medien) als Anlaß dieser Pestverfolgung, der größten Katastrophe, die die europäischen Juden vor dem nationalsozialistischen Holocaust traf. [1]

Unsere Miniatur zeigt eine Judenverbrennung vor den Toren einer im Hintergrund links sichtbaren, idealtypisch angedeuteten, mit Türmen bewehrten Stadt. Der schon lichterloh brennende Scheiterhaufen - in ihm betende und klagende Juden - wird von zwei Stadtdienern mit Holzscheiten genährt. Behördenvertreter (?) und Geistliche wohnen der Hinrichtung als Augenzeugen bei. Hinter ihnen sind Bewaffnete erkennbar, die die Opfer wohl in geschlossenem Zug vor die Stadt zur Hinrichtungsstätte geführt hatten. Es handelt sich hier offenbar um eine vorbereitete, von den Stadtbehörden angeordnete und durchgeführte Judenverbrennung und nicht um ein Beispiel tumultuarischer Lynchjustiz, die auch vorgekommen sein mag, aber für Westfalen nicht bezeugt ist. Aus der Chronik des oben erwähnten Heinrich von Herford, unserem ausführlichsten Bericht über die Verfolgungen in Westfalen, spricht sogar Bewunderung über die todesmutige Haltung der Juden. Sie seien fröhlich, so berichtet der Mindener Kleriker, der möglicherweise sogar Augenzeuge gewesen ist, ja tanzend zur Hinrichtungsstätte geeilt und hätten dort, offenbar ohne gedrängt zu werden, zuerst ihre Kinder, dann ihre Frauen und schließlich sich selbst den Flammen übergeben, "damit nicht", wie es wörtlich heißt, "durch menschliches Versagen etwas gegen das Judentum vorgebracht werden könnte."


[1] Vgl. Diethard Aschoff: Das Festjahr 1350 und die Juden in Westfalen, in: Westfälische Zeitschrift 129, 1979, S. 57-67; ders.: Die Judenverfolgung des Jahres 1350 in der älteren westfälischen Geschichtsschreibung, in: Begegnungen zwischen Christentum und Judentum in Antike und Mittelalter. Festschrift für Heinz Schreckenberg, Göttingen 1993, S. 21-39.


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OBJEKT-PROVENIENZBrüssel, Bibliotheque Royale Albert 1er


QUELLE    Aschoff, Diethard | Juden in Westfalen | Dia 01, S. 21f.
PROJEKT    Diaserie "Westfalen im Bild" (Schule)

SYSTEMATIK / WEITERE RESSOURCEN  
Typ35   Bildmaterial (Reproduktion, Foto)
Zeit2.17   1300-1349
2.18   1350-1399
Ort1   Westfalen/-Lippe (allg.)
Sachgebiet6.8.10   Juden
DATUM AUFNAHME2004-02-23
AUFRUFE GESAMT436
AUFRUFE IM MONAT69