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(83 KB)   Gesuch des Juden Isaak von Gemen an die Statthalter des Stifts Münster um einen Paß im Jahre 1597 / Münster, Landesarchiv NRW / Staatsarchiv Münster   Gesuch des Juden Isaak von Gemen an die Statthalter des Stifts Münster um einen Paß im Jahre 1597 / Münster, Landesarchiv NRW / Staatsarchiv Münster
TITELGesuch des Juden Isaak von Gemen an die Statthalter des Stifts Münster um einen Paß im Jahre 1597
DATIERUNG1597-11-09


INFORMATIONIn dem eigenhändig mit hebräischen Buchstaben unterschriebenen Gesuch bittet der Jude lsaak von Gemen am 09.11.1597 die Statthalter des Stifts Münster um Bestätigung seinen Passes durch das Stift, da er als Kenner von Heilkräutern von überall her zu reiseunfähigen Menschen und krankem Vieh gerufen werde.

Mit dem Jahrhundert der Reformation hatte auch für die westfälischen Juden eine neue Zeit begonnen. Von etwa 1500 an sind sie, zuerst in Lippe, dann seit den 1530er Jahren auch in anderen Landesteilen wieder kontinuierlich nachzuweisen. Grundlage für den Aufenthalt von Juden im damaligen Westfalen waren die sogenannten "Geleitbriefe", d.h. Paß- und Aufenthaltsgenehmigungen, die ihnen Wohnrecht in bestimmten Orten und landesherrlichen Schutz zusicherten. Weiter enthielt ein solcher Geleitbrief gegen eine jährlich zu entrichtende Steuer, den sogenannten Tribut, die Erlaubnis zur Geldleihe zu genau festgesetzten Bedingungen für eine bestimmte Zeit von in der Regel fünf bis zehn Jahren. Die Geleitbriefe - seit dem 17. Jahrhundert gab es auch Sammelgeleite für alle Juden eines bestimmten Territoriums - waren bis zur Emanzipation Anfang des 19. Jahrhunderts die den Aufenthaltsgenehmigungen der heutigen Gastarbeiter vergleichbare Voraussetzung für alle jüdischen Betätigungen im Lande. Da diese Geleitbriefe trotz ihrer beschränkten Gültigkeit die höchste existentielle Sicherheit bedeuteten, die Juden damals zu erreichen vermochten, waren sie ungemein begehrt und oft teuer erkauft. Zum Teil wurden Töchter von Paßinhabern, so auch Isaaks Tochter Kindelen, unter der Voraussetzung geheiratet, daß der Ehemann nach dem Tode des Schwiegervaters in dessen Geleit eintrat. Die meisten Juden scheuten keine Mühe, um sich in den Besitz eines solch wertvollen Dokuments zu setzen: hier preist sich der Geleit begehrende lsaak von Gemen als Kenner von Heilkräutern zum Segen von Mensch und Tier an. Bei der katastrophalen ärztlichen Versorgung der Bevölkerung waren die häufig anzutreffenden medizinischen Kenntnisse der Juden eine wichtige Zusatzqualifikation für den Erwerb von Geleitbriefen. Bei Gemener Juden war ein Paß für das Stift Münster um so zwingender notwendig, als die winzige selbständige Herrschaft im westlichen Münsterland als alleinige Existenzgrundlage der Geldleihe nicht ausreichte und die hoch besteuerten Juden zu einer Ausweitung ihrer Tätigkeit auf das benachbarte Amt Ahaus gezwungen waren.

Der geschäftstüchtige Isaak spielt im übrigen bei den Herren der Herrschaft Gemen, den hochverschuldeten Grafen von Schaumburg, fast die Rolle eines Hofjuden. Seine Ermordung durch einen aus dem nahen Borken stammenden, in holländischen Diensten stehenden Kriegswerbers im Jahre 1605 hatte einen sich lange hinziehenden Jurisdiktionsstreit zwischen dem Stift Münster und der Herrschaft Gemen zur Folge. [1]


[1] Näheres bei Diethard Aschoff: Isaak von Gemen, in: Beiträge des Heimatvereins Vreden zur Landes- und Volkskunde 26, 1983, S. 33-41.


TECHNIKHandschrift
MATERIALPapier
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OBJEKT-PROVENIENZMünster, Landesarchiv NRW / Staatsarchiv Münster
OBJEKT-SIGNATURFürstbistum Münster, Landesarchiv, Akten 39, Nr. 1, Bl. 138r-139v.


QUELLE    Aschoff, Diethard | Juden in Westfalen | Dia 03, S. 24f.
PROJEKT    Diaserie "Westfalen im Bild" (Schule)

SYSTEMATIK / WEITERE RESSOURCEN  
Typ1.3   Einzelquelle (in Volltext/Regestenform)
35   Bildmaterial (Reproduktion, Foto)
Zeit3.2   1550-1599
Ort2.21   Münster, (Fürst-)Bistum < - 1802>
Sachgebiet6.8.10   Juden
DATUM AUFNAHME2004-02-23
AUFRUFE GESAMT344
AUFRUFE IM MONAT118