QUELLE

DATUM1942-04-30   Suche   Suche DWUD
URHEBER/AUSSTELLERPohl, Oswald
AUSSTELLUNGSORTBerlin
TITEL/REGESTBericht Oswald Pohls (Chef des SS-Wirtschafts-Verwaltungshauptamts und u.a. Geschäftsführer der Gesellschaft zur Pflege und Förderung deutscher Kulturdenkmäler e.V.) an Himmler über die Entwicklung des KZ-Systems seit Kriegsbeginn mit beigefügtem Befehl an die KZ-Kommandanten
TEXTDer Chef
des SS-Wirtschafts-Verwaltungshauptamtes
CH.Po/Ha
2192/42g.

Berlin, 30. April 1942
Lichterfelde-West
Unter den Eichen 126 - 135
Fernsprecher: Ortsverkehr 76 52 61
Fernverkehr 76 51 01


Betr.: Eingliederung der Inspektion der Konzentrationslager in das SS-Wirtschafts-Verwaltungshauptamt

An den
Reichsführer SS
Berlin SW 11
Prinz Albrechtstrasse 8

Geheim!


Reichsführer!

Ich berichte Ihnen heute über die augenblickliche Lage der Konzentrationslager und über Maßnahmen, welche ich getroffen habe, um Ihren Befehl vom 3. März 1942 durchzuführen.


I.)
1. Bei Kriegsausbruch waren folgende Konzentrationslager vorhanden:

1939 heute

a) Dachau 4.000 8.000 Häftlinge
b) Sachsenhausen 6.500 10.000 Häftlinge
c) Buchenwald 5.300 9.000 Häftlinge
d) Mauthausen 1.500 5.500 Häftlinge
e) Flossenburg 1.600 4.700 Häftlinge
f) Ravensbrück 2.500 7.500 Häftlinge


2.) In den Jahren 1940-1942 wurden neun weitere Lager errichtet, und zwar:
a) Auschwitz
b) Neuengamme
c) Gusen
d) Natzweiler
e) Gross-Rosen
f) Lublin
g) Niederhagen
h) Stutthof
i) Arbeitsdorf



II.
1.) Der Krieg hat eine sichtbare Strukturänderung der Konzentrationslager gebracht und ihre Aufgaben hinsichtlich des Häftlingseinsatzes grundlegend geändert.

Die Verwahrung von Häftlingen nur aus Sicherheits-, erzieherischen oder vorbeugenden Gründen allein steht nicht mehr im Vordergrund. Das Schwergewicht hat sich nach der wirtschaftlichen Seite hin verlagert. Die Mobilisierung aller Häftlingsarbeitskräfte zunächst für Kriegsaufgaben (Rüstungssteigerung) und später für Friedensaufgaben schiebt sich immer mehr in den Vordergrund.

2.) Aus dieser Erkenntnis ergeben sich notwendige Maßnahmen, welche eine allmähliche Überführung der Konzentrationslager aus ihrer früheren einseitigen politischen Form in eine den wirtschaftlichen Aufgaben entsprechende Organisation erfordern.

Heil Hitler!
Pohl
SS-Obergruppenführer
und General der Waffen-SS.



Berlin, den 30. April 1942.

Der Chef
SS-Wirtschafts-Verwaltungshauptamtes
CH.PO/Ha.

Verteiler: an Chef Amtsgruppe D
an alle Lagekommandanten
an alle Werkleiter
an alle W-Ämter


Befehl

Die Anweisungen und Belehrungen, welche den Lagerkommandanten und Werkleitern in den Besprechungen am 24. und 25 erteilt worden sind, werden hiermit als Befehl verkündet, der mit 1. Mai 1942 in Kraft tritt.

1.) Die Führung eines Konzentrationslagers und aller in seinem Organisationsbereich liegenden wirtschaftlichen Betriebe der Schutzstaffel liegt bei dem Lagerkommandanten. Er allein ist daher auch verantwortlich für die größte Ergiebigkeit der wirtschaftlichen Betriebe.

2.) Der Lagerkommandant bedient sich bei der Führung der wirtschaftlichen Betriebe des Werkleiters. Der Werkleiter muß dem Lagerkommandanten melden, ob er bei der Durchführung einer Anordnung des Lagerkommandanten Gefahren oder Nachteile betrieblicher oder wirtschaftlicher Art befürchtet.

3.) Diese Dienstpflicht macht den Werkleiter mitverantwortlich für betriebliche und wirtschaftliche Schäden und Mißerfolge.

4.) Der Lagerkommandant allein ist verantwortlich für den Einsatz der Arbeitskräfte. Dieser Einsatz muß im wahren Sinn des Wortes erschöpfend sein, um ein Höchstmaß an Leistung zu erreichen. Die Zuteilung von Arbeiten erfolgt nur zentral durch den Chef der Amtsgruppe D. Die Lagerkommandanten selbst dürfen eigenmächtig keine Arbeiten von dritter Seite annehmen, noch Verhandlungen hierüber führen.

5.) Die Arbeitszeit ist an keine Grenzen gebunden. Ihre Dauer hängt von der betrieblichen Struktur des Lagers und von der Art der auszuführenden Arbeiten ab und wird vom Lagerkommandanten allein festgesetzt.

6.) Alle Umstände, welche die Arbeitszeit verkürzen können (Mahlzeiten, Appelle u.a.) sind daher auf ein nicht mehr zu verdichtendes Mindestmaß zu beschränken. Zeitraubende Anmärsche und Mittagspausen nur zu Essenszwecken sind verboten.

Gez. Pohl SS-Obergruppenführer
und General der Waffen-SS.
ERLÄUTERUNGDer Bericht und der Befehl stehen in Zusammenhang mit der am 16.3.1942 erfolgten Eingliederung der "Inspektion der Konzentrationslager" (Zentrale Verwaltung der KZ) als Amtsgruppe D in das SS-Wirtschafts-Verwaltungshauptamt, dem auch die SS-Wirtschaftsbetriebe als sog. W -Ämter unterstanden.

Entnommen sind die Texte der Sammlung: Internationaler Militärgerichtshof Nürnberg (Hrsg.) - Der Prozeß gegen die Hauptkriegsverbrecher vor dem Internationalen Militärgerichtshof, Nürnberg 1949, Band XXXVIII, S. 363ff.


QUELLE    Hüser, Karl / Brebeck, Wulff E. | Wewelsburg 1933-1945 | Dokument 01, S. 18-20


PROJEKT    Diaserie "Westfalen im Bild" (Schule)
SYSTEMATIK / WEITERE RESSOURCEN  
Typ1.3   Einzelquelle (in Volltext/Regestenform)
Zeit3.9   1900-1949
Ort2.7.4   Büren, Stadt
DATUM AUFNAHME2004-02-25
AUFRUFE GESAMT2367
AUFRUFE IM MONAT471