QUELLE

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DATUM1914-12-31; 1915-01-04
URHEBER/AUSSTELLERStegemann, Johannes, Gefreiter
EMPFÄNGERStegemann, Bruder [Wilhelm]
AUSSTELLUNGSORTAilles/Frankreich, In einer Erdhöhle
GEOPOSITIONGoogle MapsOSM| 49.469963 (NS), 3.725979999999936 (EW) (nicht-exakt)
TITEL/REGESTFeldpostbrief von Johannes Stegemann an seinen Bruder [Wilhelm] über die Silvesterfeier an der Front, die Wetterbedingungen vor Ort und die Hoffnungen auf ein baldiges Kriegsende
TEXTAilles. d. 31.12.14.

Lieber Bruder!

Heute deinen l[ie]b[en] Brief
erhalten.
4.1.15. in der Erdhöhle.
Soweit war ich Sylvester gekommen.
Da hatten wir eine kleine Feier u.
da konnte ich unmöglich weiterschreiben.
Unsere Unteroffiziere hatten Rum u.
Kognak geschickt bekommen u.
da haben wir uns Grog gebraut
u. eine kleine Sylvesterfeier gehalten.
Als die Kanonen ein kleinwenig
das neue Jahr anschossen u. die Ge-
wehre

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knallten haben wir die Gläser klingen
lassen: auf unsere Lieben zu Hause.
Dann habe ich eine kleine Rede gehalten.
"Am Schlusse dieses scheidenden Jahres geden-
ken wir zunächst der vielen u. großen
Opfer, die es von uns verlangt hat usw.
wir singen deshalb: Ich hatt einen Ka-
meraden["] - stehend wurde dieses Lied zu
Ehren der gefallenen Kameraden gesungen.
Dann gab ich einen kleinen Ausblick
ins neue Jahr u. mit einem heißen
Wunsch zu siegen u. dann in die Hei-
mat zurückzukommen schloß ich meine
Sylvesterrede. Nachmittags zogen wir
wieder in die Gräben. Das Leben ist
hart u. wird immer noch anstrengender
u. ungemütlicher je länger es regnet.
Der Regen ist für uns das schrecklichste.

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Wir müssen täglich bis an den Knien
durch Wasser u. Morast waten. Unsere
Erdburgen u. Unterstände lassen das Wasser
durchtröpfeln u. deshalb ist von Schlafen u.
Ausruhen, wenn wir vorne sind, kaum
die Rede. Wenn der Dreck fortgeschaufelt
ist, fangen wir wieder von vorne an
um den neuen auszuschaufeln. Ja, das
ist so ein Leben in diesem Stellungs-
krieg. Und so wirds auch noch Monate
dauern. Da wirst du begreifen, daß
ich kaum Zeit habe einen Brief zu
schreiben. Ab u. zu schreibe ich kleine
Briefe an meine Emsdettener Freunde,
die dann in der Emsd[ettener] Zeitung stehen.
Kannst mal zu meiner Braut schreiben,
ob sie dir vielleicht die Zeitungen noch
schicken kann.

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Für deine Paketchen vielen Dank. Schicke
mir nur ab u. zu Cigarren u. Kerzen,
kann die gut gebrauchen. Von Hause u.
bes. von Clemens u. Tony werde ich gut
bedacht. Daß meine Braut natürlich
gut für mich sorgt, ist selbstverständlich.
Wie lange der Krieg noch dauert, weiß
man nicht. Hoffentlich sind die Russen
bald so vernünftig u. machen Frieden
u. die Franzmänner auch. Dann kann
England den ganzen Schwindel be-
zahlen. Hoffentlich aber werde ich den
Frieden u. die kommende große Zeit mit-
erleben können.

Mit den besten Grüßen
Dein Bruder Hans.

Gruß an Wehmeyers, haben mir
ein Paketchen geschickt, das ich Weihnachtsmorgen
erhielt.


PROVENIENZ  Landesarchiv NRW Abteilung Westfalen
BESTANDNachlass Heinrich Stegemann
SIGNATURNr. 1


MATERIALPapier
SPRACHEdeutsch
ÜBERLIEFERUNGSARTOriginal


PROJEKT    Der Erste Weltkrieg in Westfalen - Ausgewählte Archivquellen
SYSTEMATIK / WEITERE RESSOURCEN  
Typ45   Brief, Bildpostkarte / Briefsammlung
Zeit3.9   1900-1949
Sachgebiet5.7   Soldatinnen/Soldaten
5.7.2   Kriegsalltag / Soldaten
DATUM AUFNAHME2014-03-07
DATUM ÄNDERUNG2014-04-01
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