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VERFASSERKlaukien, Jürgen
TITELTechnische Kulturdenkmäler im Ruhrgebiet


ORTMünster
JAHR1988


ONLINE-TEXTC. Probleme bei Technischen Kulturdenkmälern
SEITES. 14-16


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C. Probleme bei Technischen Kulturdenkmälern

Schutz, Pflege, sinnvolle Nutzung und wissenschaftliche Erforschung sind nach § 1 Abs. 1 DSchG gleichwertige Aufgaben des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege.

Die Aufgaben lassen sich bei Technischen Kulturdenkmälern mehr oder minder leicht erfüllen. Der Schutz solcher Anlagen wie Zechen, Fördertürme, Wasserbehälter usw. kann gewährleistet sein; die ständige, dann aber kostenverursachende Pflege ist möglich, und die Objekte sind wissenschaftlich zu erforschen. Doch wie nutzt man z. B. einmal stillgelegte Zechen sinnvoll?

Damit ist das zentrale Problem von Technischen Kulturdenkmälern angesprochen. Die Nutzung und Umnutzung von oft Quadratkilometer großen, bebauten Flächen stellt die Technischen Kulturdenkmalpfleger vor Probleme.


Verfall

Der Bauzustand von Technischen Kulturdenkmälern ist in der Regel denkbar schlecht. Der Eigentümer investierte meistens lange vor Schließung seines Betriebes nicht mehr. Gebäude und Einrichtungen verfallen. Dabei kann es sogar vorkommen, daß Denkmäler in Vergessenheit geraten, wie das Beispiel Bild 2  Medien - Harkortsche Fabrik, Hagen - zeigt.


Fehlende Investitionen

Die fehlenden Investitionen bewirken hohe Restaurierungskosten, die häufig nicht vom Eigentümer, der Kommune oder dem Land allein getragen werden können. Deshalb stellt das Land Denkmalpflegemittel zur Verfügung (von 1980-1983 rd. 130 Mio. DM). Allein für Technische Kulturdenkmäler gewährt auch der Landschaftsverband Westfalen-Lippe neben dem Land Zuschüsse in Höhe von 1 Mio. DM jährlich.


Nutzung und Umnutzung

Schon während der Durchführung des Denkmalschutz-Herfahrens werden künftige Nutzungsmöglichkeiten ausgelotet. Relativ einfach ist die Beantwortung der Frage noch bei Fabrikanlagen wie der Ravensburger Spinnerei in Bielefeld, die als Bildungs-, Begegnungs- und Kommunikationszentrum umgenutzt wird. Industriebrachen können zu Grünflächen und Golfplätzen umfunktioniert werden. Weitere Möglichkeiten werden in dieser Bildserie herausgestellt.

Der Erhalt der Denkmäler wird dann schwierig, wenn die ursprünglichen Zweckbestimmungen entfallen. Gelingt es, das Denkmal einer neuen Bestimmung zuzuführen, stellt sich nicht nur die Frage der Finanzierung der Restaurierung, sondern auch die des Betriebes, der Folgekosten mit Sach-, Personal-, Miet- und anderen Aufwendungen.

In diesem Zusammenhang sind die Eigentumsverhältnisse von Bedeutung. Nach dem Denkmalschutzgesetz NW ist der Eigentümer im Rahmen der Zumutbarkeit zum Erhalt der Denkmäler verpflichtet. Da bei den möglicherweise entstehenden hohen Kosten ein Eigentümer überfordert sein kann, gewährte der Gesetzgeber mit § 31 DSchG das Recht, von der Gemeinde die Übernahme zu verlangen. Das ist aber nur möglich, wenn es dem Eigentümer unzumutbar ist, das Denkmal zu erhalten, in der bisherigen oder in anderer Form zu nutzen.

In der denkmalpflegerischen Praxis kommt dieser Fall nicht vor, da die Denkmalbehörden ein Interesse am Erhalt der Objekte haben. Aufgrund ihrer Erfahrung mit umzunutzenden Denkmälern helfen sie Trägerschaft, Finanzierungs- und Beteiligungsmodelle regeln.


Planung

Der neue Nutzungszweck muß in die Bauleitplanung der Kommune passen, u. U. die Bauordnungen berücksichtigen, finanzierbar sein, Belange des Umweltschutzes beachten usw. Die Umnutzung von Technischen Kulturdenkmälern richtet sich nach der Denkmalverträglichkeit, d h. ein Denkmal kann nur soweit umgenutzt werden, wie es der Denkmalwert zuläßt. Die Arbeits- und Produktionsbedingungen müssen ablesbar bleiben.

Die zu berücksichtigende Planung stellt für den Erhalt und die Umnutzung von Kulturdenkmälern eine oft langwierige denkmalgefährdende Barriere dar. Baurechtliche Vorhaben hemmen und nutzen dem Denkmalschutz zuweilen. Weitere Hemmnisse beim Schutz und der Pflege der Technischen Kulturdenkmäler liegen in Bereichen, die mehr oder minder stark in die Entscheidungsprozesse einwirken.


Einflüsse

Die politischen Entscheidungsgremien bestimmen maßgeblich die Nutzung, Umnutzung, Finanzierung, Trägerschaft den Erhaltungszustand usw. Mitwirken und Einfluß üben auch Einzelpersonen wie denkmalpflegerisch Engagierte und Bürgerinitiativen aus.


Ökologie

Ökologische Belange beim Erhalt der Denkmäler bleiben zu berücksichtigen. Auf wie vielen Industriegeländen lagern nicht gefährliche Altlasten? Technische Kulturdenkmäler wie Kokereien können die Gesundheit gefährden, so daß eine Umnutzung ausgeschlossen ist.


Kosten

Gegen Nutzung und Umnutzung von Technischen Kulturdenkmälern führen Gegner oft überhöhte Umbau- und Bewirtschaftungskosten an. Die betragen durchschnittlich jedoch nur 50-70 % der Neubaukosten. Der Minister für Stadtentwicklung, Wohnen und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen, Zöpel, Oberste Denkmalbehörde und Vizepräsident des Deutschen Nationalkomitees für Denkmalschutz: "Die Gutachten widerlegen vor allem prinzipiell den Einwand, Umbaumaßnahmen seien teurer als Abriß und Neubau."


Fehlende Einrichtung

Kritiker mögen gegen den Schutz von Technischen Kulturdenkmälern einwenden, daß diesem Denkmalschutz nur halber Erfolg zuteil wird, denn die technische Einrichtung sei in vielen Fällen nicht mehr vorhanden. Erhalten bliebe die architektonische Hülle. Aber meistens erlaubt diese Hülle Rückschlüsse auf die technische Einrichtung, denn Hülle und Inhalt bedingen einander. Die ursprünglichen Funktionen bleiben ablesbar.


Auswahl

Neben dem Problem der Nutzung und Umnutzung von Technischen Kulturdenkmälern fallen weitere an. So kann nicht jeder Förderturm, jede Zeche, jedes Trinkwasserreservoir usw. erhalten werden. Die Kommunale und die Finanzkraft des Landes wären schnell erschöpft Hier gilt wie der frühere Landeskonservator des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe, Prof. Dr. Ellger, forderte, die "Bewahrung von Schlüsselwerken in originaler Gestalt an ihrem historischen Ort...".


Translozierung

Die erhaltenen Objekte müssen ausgewählt und am ursprünglichen Ort verbleiben. Die Translozierung (Versetzung), etwa in ein Freilichtmuseum, sollte vermieden werden, denn die museale Präsentation gleicht nie dem Originalzustand in der natürlichen, bebauten und belebten Umwelt. Ist aber ein Erhalt und eine Nutzung nicht anders möglich, so ist das Technische Kulturdenkmal durch die Translozierung in ein Freilichtmuseum wenigstens gesichert und vor Verfall und Zerstörung geschützt.


Genutzte Gelände

Auch der Erhalt von Technischen Kulturdenkmälern auf noch industriell verwertetem Gelände kann problematisch sein, denn der Eigentümer hat vorrangig seine wirtschaftlichen Interessen im Blickfeld. Eine Umnutzung oder Schaffung der öffentlichen Zugänglichkeit dürfte hier in der Regel ausgeschlossen sein.

Viele Probleme beim Schutz und der Pflege von Technischen Kulturdenkmälern konnten hier nur angeschnitten werden. Über das Medium Bild werden in dieser Serie weitere Probleme dargestellt, andere an konkreten Fällen vertieft und neue, auf die Praxis bezogene Fragestellungen aufgeworfen.






QUELLE    Klaukien, Jürgen | Technische Kulturdenkmäler im Ruhrgebiet | S. 14-16
PROJEKT    Diaserie "Westfalen im Bild" (Schule)

DATUM AUFNAHME2004-02-25
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