QUELLE

DATUM1913-12   Suche   Suche DWUD
TITEL/REGESTErklärung des Vereins Frauenbildung-Frauenstudium überZulassungsbedingungen von Frauen zum Studium
TEXTErklärung, für die der Verein Frauenbildung-Frauenstudium Ihre Unterschrift erbittet.

Ein Ministerialerlass vom 11. Oktober d. J. gestattet den Abiturientinnen des Oberlyzeums nicht nur ohne weiteres den Zutritt zum Studium in der philosophischen Fakultät und zur Ablegung der Prüfung für das höhere Lehramt, sondern mit einem Nachexamen in einigen Fächern auch die Zulassung zum Studium in den anderen Fakul-täten. Wenn auch damit für das Studium in der philosophischen Fakultät nichts We-sentliches an den seitherigen Bestimmungen geändert wird, so ist doch anzunehmen, dass der Zudrang von Schülerinnen des Oberlyzeums zur Universität noch be-deutend zunimmt, und alle, auch bisher schon damit verknüpften Übelstände jetzt noch mehr zur Geltung kommen. Die Unterzeichneten können in der seminaristischen Vorbildung keinen gleichwertigen Ersatz für einen der drei seither geltenden Vorbildungswege erkennen. Dass sie kein Ersatz ist, spricht der Erlass durch seine Bestimmungen über ein Nachexamen ja selbst aus. Ein Nachexamen kann nun wohl in einzelnen Fällen als Notbehelf gelten, aber einen allgemeinen Ersatz für den nor-malen Lehrgang der höheren Schulen kann es nicht bieten.

Die grosse Verschiedenheit in der Vorbildung der Studenten macht sich schon jetzt unangenehm fühlbar, zumal da, wo die Vorbildung dem gewählten Studium nicht entspricht. Die Schülerinnen des Oberlyzeums würden diesen verschiedenen Vorbildungsarten noch eine neue hinzufügen, die für keines der Studienfächer als ausrei-chend angesehen werden kann, da der Mangel an alten Sprachen nicht wie bei der Oberrealschule durch ein Mehr an Mathematik und Physik ausgeglichen wird. Wenn aber Frauen mit den Männern in Wettbewerb treten, so müssen an ihre Vorbildung und ihre Leistungen dieselben Anforderungen gestellt werden. Ein weiteres Beden-ken aber scheint uns darin zu liegen, dass, wenn man den Frauen einen leichteren Weg zum Studium erschliesst, der nicht über eine der drei seitherigen höheren Schulen führt, die seminaristischen Lehrer mit vollem Recht die gleiche, schon oft von ihnen erhobene Forderung stellen können.

Durch die Schaffung der Studienanstalten ist begabten Mädchen die Möglichkeit ge-geben, auf dem normalen Weg zum Studium zu gelangen. Es liegt keinerlich Bedürfnis vor, eine grosse Anzahl von weniger gut vorgebildeten Studentinnen heranzuziehen. Bei der grossen Überfüllung aller Berufe mit akademischer Vorbildung wäre es eher berechtigt, die Zulassungsbedingungen zur Universität zu erschweren, als sie zu erleichtern.

Die Unterzeichneten sind daher der Ansicht, dass der in dem Erlass bezeichnete Weg zur Universität nur als eine Übergangsmaßnahme angesehen, und dass tunlichst bald die Knabenbildung gleichwertige Vorbildung durch die Studienanstalt all-gemein verlangt werden sollte.


PROVENIENZ  Universitätsarchiv Münster
BESTANDPhilosophische Fakultät G
SIGNATUR5


SYSTEMATIK / WEITERE RESSOURCEN  
Typ1.3   Einzelquelle (in Volltext/Regestenform)
Zeit3.9   1900-1949
Ort3.5   Münster, Stadt <Kreisfr. Stadt>
Sachgebiet6.8.8   Frauen
13.3   Hochschulen
13.5   Studierende
15.14   Vereine, Arbeitskreise, Stiftungen
DATUM AUFNAHME2004-05-07
AUFRUFE GESAMT1474
AUFRUFE IM MONAT167