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(103 KB)   Synagoge Recklinghausen: Westfalen als Heimat / Recklinghausen, Stadt- und Vestisches Archiv   Synagoge Recklinghausen: Westfalen als Heimat / Recklinghausen, Stadt- und Vestisches Archiv
TITELSynagoge Recklinghausen: Westfalen als Heimat


INFORMATIONErste Hinweise auf ein jüdische Ansiedlung in Recklinghausen finden sich schon m frühen 14. Jahrhundert. Doch brechen in der Mitte des Jahrhunderts alle Aufzeichnungen ab. Die letzte Urkunde datiert vom 01.07.1349. Wahrscheinlich fielen die Juden den Pestpogromen von 1349/1350 zum Opfer. In den folgenden Jahrhunderten können sporadisch immer wieder Ansiedlungen nachgewiesen werden. Eine dauerhafte Anwesenheit gibt es allerdings erst vom 19. Jahrhundert an. Schon sehr bald erhielten die Juden von der Regierung Münster die Genehmigung, einen gemeinsamen Gottesdienst abhalten zu dürfen. Ab 1824 stand ihnen dafür im Haus Michel in der Breiten Straße ein Betraum zur Verfügung. Drei Jahre später, im Mai 1827, fand die Gründung der Kultusgemeinde statt. Doch bis zum Bau eines eigenständigen Synagogengebäudes sollten noch einige Jahrzehnte vergehen. Bis dahin waren die Beträume in wechselnden Privathäusern eingerichtet. [1]

Im August 1880 konnte die Gemeinde ihre erste Synagoge am Herzogswall/Ecke Klosterstraße einweihen. Es handelte sich um ein schlichtes, eingeschossiges Bauwerk, das von der Gemeinde knapp fünfundzwanzig Jahre genutzt wurde. Dann war die Synagoge zu klein geworden. Die Gemeinde war inzwischen auf das Vierfache angewachsen, so dass der Wunsch nach einem größeren Gebäude aufkam. Das alte Synagogengebäude konnte an die Stadt verkauft werden. Heute befindet sich hier die Feuerwache.

Auf einem 1903 erworbenen Grundstück an der Ecke Hedwigstraße und Westerholter Weg, heute Limperstraße, ließ die Gemeinde eine neue, größere Synagoge errichten, die im Mai 1904 feierlich eingeweiht wurde, Das Gebäude im neoromanischen Stil sah einer Kirche sehr ähnlich, hatte einen Zwiebelturm und Fenster in Anlehnung an maurische Vorbilder. Als Hinweis auf die jüdische Religion und die Funktion des Gebäudes sind über dem Eingang an der Westseite die Dekalogtafeln in einem flachen Giebel, das Portal krönend, eingesetzt. Die Innenaufteilung, als große Halle angelegt, entsprach dem traditionellen Synagogentyp. Für die Frauen gab es eine dreiseitige Galerie. Die hervorstechend "orientalisch" gestalteten Balustraden am Turm ließ die Gemeinde bei umfangreichen Sanierungsarbeiten 1920 entfernen. Insgesamt kann die auffallend kirchenähnliche Synagoge als selbstbewusstes Zeugnis einer assimilierten Gemeinde gewertet werden. [2]

Am Abend des 09.11.1938 wurde die Synagoge angezündet und brannte teilweise aus. Der Stadtrat erklärte sie in einer eiligst einberufenen Sitzung am 10.11.1938 für abbruchreif. Auf dem ehemaligen Synagogengrundstück an der Limperstraße steht heute das Finanzamt.

Die wenigen Überlebenden der früheren jüdischen Gemeinde, die nach Recklinghausen zurückkehrten, gründeten eine neue Kultusgemeinde und halten seit 1946 in einer Privatwohnung ihre Gottesdienste ab. Anfang der fünfziger Jahre schlossen sich die Gemeinden Bochum, Herne und Recklinghausen zu einer Gesamtgemeinde zusammen. Das erhaltene Gemeindehaus in Recklinghausen erhielt einen Anbau mit einem Betraum und einen Gemeindesaal. Den Betsaal gestaltete der heimische Architekt Karl Gerle, der später weitere Synagogen in Westfalen, in Minden, Paderborn und Hagen, entwarf.

Die Zuwanderung von jüdischen Familien aus den Ländern der früheren Sowjetunion in den neunziger Jahren führte zu einem starken Anwachsen der Gemeinde und zu akutem Raumbedarf. Die Gemeinde entschloss sich zu einer Erweiterung des Gemeindezentrums. Am 26.01.1997 konnte eine neue Synagoge feierlich durch den Landesrabbiner eingeweiht werden. Der Anbau verfügt zusätzlich über einen größeren Gemeindesaal und einige Verwaltungsräume. Die große Mitgliederzahl führte schließlich auch zu einer Teilung der Gemeinde. Bochum und Herne bilden nun mit Hattingen eine eigenständige Kultusgemeinde.


[1] Heinz Reuter: Die Juden im Vest Recklinghausen. Ihre gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Verhältnisse, unter besonderer Berücksichtigung der Synagogengemeinde Recklinghausen. In: Vestische Zeitschrift, Bd. 77/78, 1978/79. S. 19-156.
[2] Feuer an Dein Heiligtum gelegt. Zerstörte Synagogen 1938. Nordrhein-Westfalen, S. 444-446, Günter Birkmann, Hartmut Stratmann: Bedenke, vor wem du stehst. S. 233-235.


TECHNIKFoto
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FOTO-PROVENIENZRecklinghausen, Stadt- und Vestisches Archiv


QUELLE    Ridder, Thomas | Synagogen in Westfalen | Dia 06, S. 30f.
PROJEKT    Diaserie "Westfalen im Bild" (Schule)

SYSTEMATIK / WEITERE RESSOURCEN  
Typ35   Bildmaterial (Reproduktion, Foto)
Zeit3.9   1900-1949
Ort3.6.9   Recklinghausen, Stadt
Sachgebiet16.4   Jüdische Gemeinden
16.6.1   Kirchenbau, Sakralbauten / Kirchenaausstattung
DATUM AUFNAHME2004-02-23
AUFRUFE GESAMT939
AUFRUFE IM MONAT123