QUELLE

DATUM1604   Suche   Suche DWUD
URHEBER/AUSSTELLERAnonym
AUSSTELLUNGSORTPaderborn
TITEL/REGESTBericht über die Ereignisse vor und nach der Einnahme der Stadt Paderborn im April 1604
TEXT[S. 558] Als die alterirte spanischen Freibeuter im jüngst verschienenen Monat Februario in der Delbrücken uf der Grenz, dahin etliche Unterthanen vom Herrn Bischofen, aber ganz ungewarsamb verordnet gewesen, in sieben Hundert Menschen an Mann, Weib und Kindern, theils durchs Schwert, theils durch Brand in den Häusern ermordet und verbrandt, seind sechzig und mehr Zimmer in Brand gesteckt, die Leute mit dem Schwert in die angesteckten Häuser getrieben, da sie verbrannt sein. Ein Soldat hat ein Weib ins Haus forttreiben wollen und sie zu erstechen gedroht, die wirft das Kind für, also sticht er durchs Kind und die Frau. Und nöthigen den Delbrückischen eine Tausend Thaler ab über diesen Mord und Schaden.

Ferners da sie ins Stift kommen, muß ihnen das Land 12300 Thlr. geben, darzu der Bischof keinen Heller giebt, sondern als eben die Städte und der Landmann die Türkenschatzung erlegt gehabt uf drei Ziel Jacobi und Nativitatis 1603 und Laetare 1604, so hat man solche Schatzung Ihrer Kais. Maj. entziehen und zu Rettung Leibs und Lebens dieselbigen darzu nehmen und das Übrige bei andern Leuten uf Zins ufborgen und den Freibeutern geben müssen, da anders der Stift hat sollen errettet werden, dann da ist kein Hülf gewesen vom Fürsten, daß er in seinen Schatz griffen und etzliche Soldaten beworben hätte, so ist auch nicht ein einzig Roß zur Kreishülfe gesattelt worden, können erachten, weil die Stände den Graven von der Lipp als Kreis-Obristen den vorigen Verlag noch nicht erstattet haben, daß sein G. damit ingehalten, also gehen die Leut in der Irr, werden sehr ungeduldig, daß nicht davon zu sagen.

Wie nun dieser Jammer den Leuten noch frisch vor Augen schwebet, der Bischof auch den Ständen ufm Landtag zum Dringenberg im Martio ansagen und proponiren lassen, demnach die zwen englische Capitainen bei den Staden, welchen hiebevor etlich Volk zu Benshausen im Stift erlegt ein Abtrag zu machen begehrten, die Staaten auch an Fürsten geschrieben, etzliche in Hagen zu schicken und daselbst Erkanntnuß der Sachen oder aber zugewarten, daß sie (die Capitain) [S. 559] sich selber rächeten, sie wollten darauf bedacht sein, wie dieselbigen zu contentiren, so kompt der Bischof zu Paderborn her und bespricht in Geheim mit seiner F.G. Bruder Caspar von Fürstenberg, Heinrich Westphalen und Plettenberg, dem Drosten zu Bocken, wilchen er auch an Graf Johann von Ostfriesland, der zum Rittberg in hessischem Eigenthum wohnet und itzo mit dem Herrn Landgrafen in Differenz stehet, abfertiget, daß derselbige durch etzliche Capitain, Reuter und Knechte etzliche Fahnen unterm Schein, als sollten dieselbige seinem Bruder Graf Enno in Friesland geworben und zugeführt werden, in der Eil zusammenbringt, wie dann Adrian Schilder, der Diepholtische Drost, so euch wohlbekannt, Mittwochens den 25. Aprilis selbst gesagt, daß ein Bastart bei ihnen, Eichsel genannt, ihme des Grafen Bestallung furgezeiget und in der Grafschaft Dipholt dem aus Friesland etzliche Knechte zum Beßten bewerben zu lassen gebeten, welches er ihme dann gestattet und wären dieselbige Knechte itzo in der Stadt Paderborn, daß er ungern gestattet haben wollte, da er von diesem Stratagemate sollte gewußt haben, daß der Bischof solche Sachen gegen die furnembste Stadt im Stift sollt im Sinne gehabt haben. Wie nun das Kriegsvolk hat furtgefuhrt werden wollen vom Grafen naher Friesland, dem Bruder zum Beßten, hat er angezeigt, der Bischof zu Paderborn hätte ihm gegönnet, daß sie etzliche Tage sollten in der Delbrücken liegen ufm Landmann, also wären sie ufgezogen, wie sie naher des Bischofs Residenz zum Nienhaus in der Jegend kommen, hat der Graf endlich den Anschlag entdecket und gesagt, es gelte solch Vornehmen weder in Friesland noch anders wohin, sondern dem Bischof zu Paderborn und sollten mit ihme für die Stadt Paderborn ziehen, die wollte der Bischof den Soldaten Preis geben. Es hat auch der Bischof s. F. G. Landvolk unterm Schein, als wann frembd Kriegsvolk furhanden, so dem Stift zusetzen wollten, ufgefordert, aus solchen Ursachen wäre das Landvolk gefolget, wären sonst, da sie des Bischofs Furnehmen gewußt, für die Stadt Paderborn nicht ufgezogen.

Daruf seind sie Freytags den 13. (23.) Aprilis fur Tag etwa umb zwei Schläge, als den 24. Aprilis ein Landtag gehalten werden sollen, für die Stadt Paderborn geruckt, da sie bald das erste Thor inbekommen, das andere durch eine Petarde eröffnet. Da man es aber in der Stadt innen worden, haben uf der Mauer etzliche Bürger und Handwerksgesellen in die Soldaten und Reuter furm Thor geschossen, daß in die funfzig Soldaten todt geblieben, aber viele sollen verwundet sein, wie dann auch sechs Pferde im Thor liegend blieben. Darauf macht sich der Graf dennehisten zurück nahern neuen Haus ins Bischofs Residenz und da dannen naherm Rittberge zwo Meil darvon, holet sein groß Geschütz und schwöret höchlich, die Stadt dem Bischof zu liefern. Die Ritter- und Landschaft erhebt sich unterdessen, naherm Lippspring, daselbst hin sich das Capitel (aus was Ursachen, mag es wissen) kurz zuvor mit der Residenz aus der Stadt Paderborn begeben und redet mit dem Capitel, daß dasselbige den Bischof bitten und bewegen wollte, dem Land und der fürnehmsten Stadt im Stift mit solchem fremden Kriegsvolk zu verschonen, es wäre wider die Capitulation, darin der Bischof eidlich zugesagt hätte, keine Landfehde anzufangen, es geschehe denn mit Wissen und Willen des Capitels, der Ritterschaft und Städte. Daruf dann an (den) Bischof aus des Capitels Mittel auch etzliche von der Ritterschaft, als Wilhelm Schilder, Caspar Schilder, R. Creffte, von Steden der Bürgermeister zu Niheme, [S. 560] Antonius Gulicher und ein Burgermeister zu Warburg geschickt worden, welchen der Bischof uf ihr Anbringens antwortet: Es seien die anderen Stände und Städte mit diesem Krieg nicht gemeint, sondern allein etzliche Rebellen in der Stadt Paderborn. Wann s. F. G. derselben mächtig, so hätte auch diese Fehde ihr Ende. Darauf ziehen die Gesandten dennehisten nacher Paderborn und da sie der Ritterschaft und den Städten, welche sie abgefertigt gehabt, noch keine Resolution zurückbracht, noch angehöret, was sie bei der Stadt Paderborn werben sollen, so zeigen sie Bürgermeister und Rath zu Paderborn an: Es sei Capitels, der Ritterschaft und Städte Wille, daß sie dem Bischof die Stadt eröffnen sollten, wilches doch bei solcher unzulässigen Gelegenheit ihnen niemals in Sinn gestiegen gewesen.

Also kommt das Kriegsvolk volgenden Sambstag den 14. (24.) Aprilis in Paderborn, so wohl das Land- als frembd beworben Volk, daruf ergreift man den Bürgermeister Borius Weichart und stellet ihnen zwen Tage an Kack, stellt ein wüsten Soldaten fur ihnen mit einem Rohr und brennender Londen, wilcher stets uf ihnen zielen sollte, als wann er itzo dennehisten sterben mußte und sein Bruder und noch einen gegenüber. Es muß auch die Burgerschaft alle ihre Waffen an Buchsen, Spießen, Schwertern, Äxten, Beilen und allem was zur Wehr dienet ufs Rathhaus bringen und niederlegen, unbedacht der Bischof den Gesandten geantwortet, wann s. F. G. etzliche Rebellen in dero Gewalt bekommen, daß uf solchen Fall die Fehde ihr Endschaft gewonnen haben sollte, darnach nehmen sie den Bürgermeister und spannen ihn uf die Tortur. Da soll er bekannt haben: ja, er habe gesagt, wann der Fürst seine Unterthanen gegen so vielfältige Einfälle, Raub, Mord und Brand nicht schütze, sondern sein Geld aus dem Land nacher Soest und Cöln unter die Kaufleute in Wechsel bringen wollte, so sei er nicht wurdig, daß er ein Landsfürst sei, sonsten hab er nichts uf ihnen gesagt. Daruf ist er meines Behalts den 19. (29.) Aprilis in vier Stücke öffentlich geschnitten, welche Stück vor die Pforten der Stadt ufgehenkt sein. Er hat einen Sohn in der Ehe sitzen, der soll über die Mauern gefallen und also darvon kommen sein. So bin ich heut von einer Edlen Frau berichtet, sein Weib, so schweren Leibes gewesen, soll dermaßen erschrocken sein, daß sie in Kindsnöthen todt blieben, wie sie ihres lieben Hauswirths greulichen Abschieds berichtet und ist zu vermuthen, das Kind sei auch blieben; aber ob solches wahr, kann ich nicht sagen.

Den 25. Aprilis hat man noch drei Burger wollen abthun, was denen imputirt wird, kann ich noch zur Zeit nicht wissen, und sagt man es seien noch 29 in die Thürm gelegt. Die Ritterschaft ist übel mit solchem innerlichen Krieg zufrieden und gehet den Städten hart zu Gemüth, daß der Bischof sie wieder die Freibeuter nun viele Jahre heraus nicht vertheidigt hat, sondern die Unterthanen worden, brennen und schatzen lassen und kommt nun selbst und mordet sie auch. Wann die Freibeuter kommen, ziehen Ihre F. G. uf Seit und lassen die Unterthanen in der Hitz. Wann sie abgezogen, so sähet Ihre F. G. für sich etwas gegen die Unterthanen an, daß sie auf Niemands Ihre Hoffnung nächst Gott setzen als auf Ihre Majestät und den Herrn Landgrafen als den nächst benachbarten Fürsten, wilcher Land und Leut, auch seiner F. G. Lehenmann und Schutz-Verwandten mit Gottes Hülfe gegen solchen Gewalt bishero fürstlich und treulich beschützet hat. Dann sobald der Herr Landgraf von einer im Stift [S. 561] Paderborn Zusammenlaufung etzliches fremdes Kriegsvolks urplötzlich berichtet, daß nämlich Graf Johann von Ostfriesland dasselbig uf den Beinen habe und der Herr Landgraf das Regiment an der Diemel nach der Verfassung der Landes-Defension eben gemustert, so haben Ihre F. G. weil der Graf, wie Ihr wisset, bei Ihrer F.G. nicht in guten terminis ist, die andern Regimenter auch ufgefordert, damit sie zuforderst vernehme, wohin das fremde Kriegsvolk sich wenden wollte. Wie nun Botschaft einkommen: Es gelte dem Bischof gegen seine Stadt Paderborn, haben Ihre F. G. solches nicht glauben können, bis daß die Stadt Paderborn ihren Syndicum an s. F. G. geschickt und unterthänig gebeten, sie in Schutz zu nehmen, wilches aber Ihre F.G. abgeschlagen, bevorab daß andere Städte Ihrer F. G. Bedünkens der Stadt nicht beisprungen und haben also den Syndicum abgewiesen und wie Ihre F. G. den 15. (25.) und 16. (26.) Aprilis uf der Grenz zum Hohenborn und Liebenau sein und berichtet werden, daß der Bischof allein mit der Stadt zu thun hätte, lassen sie das Regiment uf der Diemel an der Gränze in Ihrer F. G. Fürstenthumb verharren, die andern Regiment, wilche im Furtzug waren, dimittiren sie und schreiben der obgenannten Ritterschaft wider uf. Indeß schicket der Bischof dero Hofmeistern, Henrich Westphalen, an den Herrn Landgrafen und, wie ich vernehme, will sich dieser Entpörung halber iegen Ihre F. G. entschuldigen, auch bitten, sintemal des Bischofs G. mit dem Herrn Landgrafen in Ungutem nichts zu schaffen und gleichwohl das Kriegsvolk uf der Gränz liege, Ihre F. G. wolle solches abschaffen, dann sein, des Bischofs, G. müsse dero Volk noch ein Zeit lang bis alle Sachen im Stift richtig und die auch uf drei Monat angenommen, behalten. Da nun der Paderbornisch Gesandte ins Fürstenthumb Hessen bei Obernmeischer kombt, so begegnen demselben der Stadt Paderborn beide Botten, ein reitender und ein gehender. Da befehlet der Hofmeister seinen Reisigen und zweien Trompeter sie sollten beide Botten gefänglich annehmen und ins Stift Paderborn führen, wilches geschieht. Wie sie nun ins Dorf Obernmeischer, da Bernd von der Malsburg wohnet, kommen und der gehende Bot in Krug gehen und drinken wollen, darbei dann die Andern blieben, so begehrt er den Greben im Dorf zu fordern. Das wollen die hascher nicht gestatten. Da sie sich nun darüber zweigen, entläuft der gehende Bot uf Bernd von der Malsburg Hof und giebt sein Anliegen an Tag, daß man ihn in des Landgrafen Fürstenthum angegriffen und nacherm Bischof hinführen wollte, bitt rettung. Aber die Hascher wollen ihnen mit Gewalt forthaben; in dem erschilt das Gericht unter die Bauern, die kommen uf und nehmen sowohl des Hofmeisters, wilches neben dem Dringenbergischen Rentmeister naher Cassel furtgezogen war, Diener als auch die von ihnen gefänglich angenommenen beide Botten in Verwahrung und bringen dieselbigen naher Cassel, da dann die uf freier Straßen Gefangenen in die Herbige gewiesen, die Thäter hingesetzt, aber der Hofmeister und Rentmeister in die Herbrige verstrickt worden sein. Wie es nun denselbigen ergehen werde, giebt die Zeit. Dann man sagt, der Herr Landgraf sei mit diesem Angriff gar nicht zufrieden, soll auch dem Bischof geschrieben haben, sein F. G. wolle solche Leut nicht hören, sondern ihnen Recht widerfahren lassen. Da aber der Bsichof andere Gesandte, die sich, wie Gesandten gebührt, verhielten, schickte, die wollten s. F. G. gern hören.

[S. 562] Darauf beruhen itzo die Sachen, was ferners sich zuträgt will ich mit gelegeger Botschaft berichten.


QUELLE     | Die Gegenreformation in Westfalen und am Niederrhein | Bd. 2, Nr. 472, S. 558-562


SYSTEMATIK / WEITERE RESSOURCEN  
Typ1.3   Einzelquelle (in Volltext/Regestenform)
Zeit3.3   1600-1649
Ort2.28   Paderborn, (Fürst-)Bistum < - 1802>
Sachgebiet4.2   Verfassung, Staatsrecht, Stadtrecht, Verfassungsrecht
16.2   Katholische Kirche
DATUM AUFNAHME2004-06-18
AUFRUFE GESAMT3254
AUFRUFE IM MONAT250