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(117 KB)   Gewölbe der als Pferdestall genutzten Observantenkirche in Münster, 1926 / Münster, Westfälisches Amt für Denkmalpflege / Münster, LWL-Medienzentrum für Westfalen/S. Sagurna   Gewölbe der als Pferdestall genutzten Observantenkirche in Münster, 1926 / Münster, Westfälisches Amt für Denkmalpflege / Münster, LWL-Medienzentrum für Westfalen/S. Sagurna
TITELGewölbe der als Pferdestall genutzten Observantenkirche in Münster, 1926
DATIERUNG1926
GEOPOSITIONGoogle Maps OSM | 51.745228273865200 (NS), 8.712327182292938 (EW) (exakt)


INFORMATIONTrotz rigider Steuereintreibungen und zentralistisch ausgerichteter Finanzpolitik befand sich das französische Kaiserreich seinerzeit in einer schwerwiegenden öffentlichen Finanzmisere. Die ständig wachsenden militärischen Kontributionen belasteten die französische Staatskasse enorm. Für die ehrgeizigen infrastrukturellen Projekte wurden ebenfalls große Summen benötigt. Im Verlauf der französischen Zeit wurde in Münster die Straße nach Wesel ausgebaut, ein dringend notwendiger verkehrspolitischer Schritt. Die französische Wirtschaftspolitik war von strengen, merkantilistischen Grundsätzen bestimmt. Die Kontinentalsperre untersagte die Einfuhr von ausländischen, speziell englischen Produkten, was - trotz blühenden Schmuggels - zu einem Mangel an Kolonialwaren im Kaiserreich führte. Zwar wurde das Importverbot für Kolonialwaren und Rohstoffe im August 1810 wieder aufgehoben, aber mit der Auflage einer 50%igen Verzollung, was den "illegalen" Handel mit diesen Waren noch verstärkte. Ebenso negativ wirkten sich die Ausfuhrsperren im Kaiserreich aus: so stürzten die Getreidepreise und auch das Textilgewerbe mußte große Einbußen hinnehmen.

Unter dieser Voraussetzung lag ein Hauptziel der französischen Kirchenpolitik, die der Kirche ohnehin nur die Ausübung der Kultaufgaben zugestand, in der Verstaatlichung von Kirchengut zwecks rascher Geldbeschaffung. Das Dekret vom 14.11.1811 sah die generelle Aufhebung für alle im Lippedepartement noch bestehenen Klöster und Kapitel vor. In Münster waren davon fünf Männer- und vier Frauenklöster betroffen. Allein die Barmherzigen Brüder durften ihren pflegerischen Krankendienst fortsetzen. Während der Gouvernementszeit hatte General Loison im November 1806 dem Domkapitel noch die Selbstverwaltung seines Vermögens zugesichert. Doch durch das Aufhebungsdekret wurde auch das Domkapitel aufgelöst und Domdechant Spiegel, der domkapitularische Vermögensverwalter, wurde "arbeitslos". Zwar wurde das alte Kapitel bereits am 24.08.1812 durch einen kaiserlichen Erlaß wieder eingesetzt, aber unter völlig neuen Bedingungen. Nur geweihte, ortsansässige Priester konnten von der Kaiserin Marie-Luise, der Reichsstatthalterin, zu Domherren "ernannt" werden (ebenso wie Spiegel von staatlicher Seite zum Bischof "nominiert" wurde); die personelle Besetzung des Domkapitels war damit nicht länger der Aristokratie vorbehalten. Den Stiftskanonikern und Domherren wurden der Dom, die vier Stiftskirchen, die Wohngebäude für den (stark verringerten) Klerus, die Kirchengeräte und das Wohnrecht auf Lebenszeit in den Kurien formell zugesichert. Alle übrigen Kirchen- und Klostergebäude wurden profanisiert und vom Militärfiskus zu Kasernen, Magazinen, Lagern und Pferdeställen umfunktioniert. Die Kirche der Johanniterkommende wurde z.B. seit 1810 von den Franzosen zur Heu- und Tabaklagerung genutzt. Das Kloster der Franziskaner-Observanten - bereits im Januar 1807 vom französischen Militär für die Anlage einer Kaserne beschlagnahmt - nutzte man nach seiner endgültigen Säkularisation als Stallung der Artillerie. Das Gewölbe der Kirche wurde, wie auf dem Foto aus dem Jahre 1926 erkennbar ist, mit Heu ausgelegt und diente als Pferdestall. Unter preußischer Verwaltung gestaltete man das Klostergebäude zu einem Lazarett um; die Pferdeställe blieben weiterhin genutzt. Auch in den übrigen Kirchen- und Klostergebäuden richteten die Preußen ab 1813 Lazarette, Militärschulen sowie militärische und zivile Verwaltungsstellen ein.

War in bergischer Zeit noch recht vorsichtig mit der Säkularisation verfahren worden (betroffen waren da die drei kleinen Kongregationen Rosenthal, Hofringe und Rheine wie auch die beiden Ordenskommenden, die Georgs- und Johanniterkommende), so wurde jetzt das gesamte Vermögen der Kapitel, sämtlicher Orden und geistlicher Korporationen beschlagnahmt, die Archive eingezogen und die Kultgegenstände entfremdet. Die Kirche, die ihren politischen Einfluß bereits verloren hatte, mußte nun zusätzlich schwere, wirtschaftliche Einbußen hinnehmen. Die Summe aller domfinalen Güter der ehemaligen Fürsten und der geistlichen Besitztümer waren zu "biens nationaux", zu Nationalgütern erklärt worden, die in großangelegten Versteigerungsaktionen meistbietend verkauft wurden. Auf diese Weise füllte der Ertrag von weit über 2.000 verkauften größeren Gütern die französische Staatskasse. Am lukrativsten erwies sich der Verkauf von Grund und Boden. Bis zum September 1813 brachte er allein im Lippedepartement dem französischen Staat acht Millionen Francs ein. Besonders beim Erwerb von Einzelparzellen, die durch die Teilung der klösterlichen Eigenwirtschaften entstanden waren, zeigten die Münsteraner lebhaftes Kaufinteresse. Vor allem der landansässige Adel, die Familien Fürstenberg, Droste-Vischering und Merveldt erstanden große, oft wirtschaftseinheitliche Flächen zur agrarischen Nutzung. In diesen massiv betriebenen Verkaufsaktionen des französischen Staates lag der eigentliche Unterschied zu dem preußischen Vorgänger. In den Jahren 1803-1806 waren zwar große Teile des kirchlichen Besitzes verstaatlicht, nicht aber öffentlich verkauft worden. Die Preußen profitierten 1813 enorm von der französischen Säkularisationspolitik, die sie nach dem Machtwechsel umgehend anerkannten. Erst ungefähr ein Fünftel der gesamten Kaufbeträge waren bis dato bei der französischen Regierung eingezahlt worden; der Rest floß anschließend in die preußische Staatskasse. Darüber hinaus wurde, ebenfalls aus finanzpolitischen Erwägungen, der Verkauf von verstaatlichten Gütern energisch weiterbetrieben, allerdings zu noch viel höheren Preisen.


TECHNIKFoto
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OBJEKT-PROVENIENZMünster, Westfälisches Amt für Denkmalpflege
FOTO-PROVENIENZMünster, LWL-Medienzentrum für Westfalen/S. Sagurna


QUELLE    Elsermann, Silke | Münster in napoleonischer Zeit | Dia 10, S. 38-40
PROJEKT    Diaserie "Westfalen im Bild" (Schule)

SYSTEMATIK / WEITERE RESSOURCEN  
Typ35   Bildmaterial (Reproduktion, Foto)
Zeit3.7   1800-1849
3.7.10   Französische Revolution / Napoleonische Zeit <1789-1815>
3.9   1900-1949
Ort3.5   Münster, Stadt <Kreisfr. Stadt>
Sachgebiet16.6.1   Kirchenbau, Sakralbauten / Kirchenaausstattung
DATUM AUFNAHME2004-02-24
AUFRUFE GESAMT3917
AUFRUFE IM MONAT344