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(61 KB)   Der alte Friedrich Harkort, 1872 / 1873 / Wetter, Stadtarchiv / Münster, LWL-Medienzentrum für Westfalen/J. Klem   Der alte Friedrich Harkort, 1872 / 1873 / Wetter, Stadtarchiv / Münster, LWL-Medienzentrum für Westfalen/J. Klem
TITELDer alte Friedrich Harkort, 1872 / 1873
DATIERUNG1872 / 1873
GEOPOSITIONGoogle Maps OSM | 51.745228273865200 (NS), 8.712327182292938 (EW) (exakt)


INFORMATIONDie Portraitfotografie aus dem Jahr 1872/1873 zeigt Friedrich Harkort im Alter von 80 Jahren. Die durchdringend blickenden Augen und der energische Zug um den Mund lassen erkennen, daß seine Spann- und Willenskraft trotz des hohen Alters nicht nachgelassen hat. 1873 kandidierte Harkort nicht mehr für den Deutschen Reichstag und zog sich aus der aktiven Politik zurück, um den Lebensabend in seinem Haus in Hombruch zu verbringen. Hier schrieb er seine letzten schul- und sozialpolitischen Schriften und errichtete 1877 auf seinem Gut noch eine Handwerkerschule. Am 6. März 1880 verstarb Harkort im Alter von 88 Jahren.

Wer war dieser Friedrich Harkort? Wie kaum einer seiner Zeitgenossen erkannte Harkort schon in frühen Jahren die Notwendigkeit des technischen und industriellen Fortschritts in Deutschland. Nach der Gründung der "Mechanischen Werkstätte" in Wetter befaßte er sich schon bald vorausschauend mit Fragen des Verkehrs- und Transportwesens. Die Sprunghaftigkeit seines wirtschaftlichen Engagements, die mangelnde Fähigkeit, den Fortschrittsglauben mit seinem Können und seinen Chancen in Einklang zu bringen und das Erreichte langsam und sorgfältig auszubauen, ließen ihn jedoch nach 20 Jahren innovativer Tätigkeit als Unternehmer scheitern. Es bleibt die Erinnerung an einen großen Initiator der Industrialisierung in Deutschland, aber es sind wohl kaum die unternehmerischen Projekte, die seine bis heute andauernde Bedeutung begründen.

Als Parlamentarier war Harkort ein konsequenter und kompromißloser Verfechter bürgerlicher Freiheit und echter Liberalität in Staat, Wirtschaft und Gesellschaft. Ein unbequemer Mann, den seine Gegner - die er quer durch alle Fraktionen der Parlamente auf sich zog - 1848 mit dem Spitznamen "Pumpernickel-Lafayette" bedachten und den die Regierung mit dem Lockangebot eines gut dotierten Generalkonsulats vergeblich loszuwerden versuchte. Beharrlich verteidigte er die parlamentarische Verfassung gegen Revolution und Reaktion. So wirkte er in den Revolutionsjahren als Abgeordneter der antirevolutionären Rechten und während der darauffolgenden Reaktionszeit als liberaler Linker, blieb aber in seinem Denken und Handeln auch innerhalb der Fraktionen, denen er jeweils angehörte, unabhängig. Es war wohl ein unbeirrbarer Gerechtigkeitssinn, verbunden mit einem hohen sozialen Verantwortungsbewußtsein, der ihn in die Opposition trieb.

Bedeutender freilich als Harkorts parlamentarische Leistungen ist sein weitgespanntes Schrifttum, das er in einer Vielzahl von Aufsätzen und selbständigen Schriften veröffentlich hat. Durch die populäre Sprache, die Einfügung vieler treffender Beispiele und besonders durch die Verwendung von statistischem Material gewannen die Texte eine Anschaulichkeit, die neben der thematischen Aktualität ein Grund für die weite Verbreitung war. Harkorts in den 40er Jahren entwickeltes Modell der sozialen Integration des Vierten Standes in die bürgerlich-industrielle Gesellschaft, das er hartnäckig bis an sein Lebensende zu verwirklichen suchte, ist ausführlicher und umfassender als alle Entwürfe zeitgleicher bürgerlicher Sozialreformer. Mit der Einbeziehung der Volksbildung in ein System sozialer Absicherung und Emanzipation fand Harkort eine überzeugende Antwort auf die konkreten politischen und sozialen Fragen der Zeit. Sein Modell zeichnet weitgehend die sozialpolitische Entwicklung bis zur Gegenwart vor, so daß man ihn an heutigen Vorstellungen gemessen zurecht als einen der geistigen Väter des modernen Sozialstaates und der sozialen Marktwirtschaft bezeichnen kann.

Was bleibt, ist die Erinnerung an einen Mann, der schon zu Lebzeiten in seiner engeren Heimat in einer Mischung aus Achtung und Zutrauen der "Alte Fritz" genannt wurde; ein Dränger und Mahner, der am Ende seines Lebens bereits zu einem Mythos seiner selbst geworden war. Friedrich Harkort gehört ohne Zweifel zu den hervorragenden, ihre Zeit prägenden und zugleich vielfältig in die Zukunft wirkenden Persönlichkeiten des deutschen Bürgertums im 19. Jahrhundert.


TECHNIKFoto
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OBJEKT-PROVENIENZWetter, Stadtarchiv
FOTO-PROVENIENZMünster, LWL-Medienzentrum für Westfalen/J. Klem


QUELLE    Killing, Anke | Friedrich Harkort | Dia 12, S. 40-42
PROJEKT    Diaserie "Westfalen im Bild" (Schule)

SYSTEMATIK / WEITERE RESSOURCEN  
Typ35   Bildmaterial (Reproduktion, Foto)
Zeit3.8   1850-1899
DATUM AUFNAHME2004-02-24
AUFRUFE GESAMT1205
AUFRUFE IM MONAT109