Rundgang: Aldegrever und die Reformation in Soest > St. Patrokli


 
 
 


St. Patrokli



Das Patrokli-Münster stellt den Höhepunkt der romanischen Baukunst Soests und Westfalens dar. Zur Kirche gehörte ein Kollegiatsstift (Vereinigung von Geistlichen einer Kollegiatskirche, die nach mönchischem Vorbild zusammenlebten), das im Mittelalter zur mächtigsten kirchlichen Instanz Soests und der Umgebung wurde. Alle Pfarrkirchen der Stadt waren dem Stift unterstellt und die Stiftsherren gleichzeitig Soester Stadtpfarrer, doch ließen sie sich im Regelfall von Kanonikern vertreten. Die Stiftsherren stammten zumeist aus vornehmen Soester Familien.

Bis zum Jahre 1797, als die Stadt ihren Teil dem Stift verkaufte, teilten sich beide den Besitz des Münsters. Dem Stift gehörte der Ostteil mit Chor und Vierung, der vom städtischen Langhaus mit dem mächtigem Westwerk und Turm durch einen Lettner abgetrennt war. Im Langhaus fanden neben dem Gottesdienst auch politische Versammlungen der Bürgerschaft statt,. im Turm befand sich die städtische Rüstkammer.

Schon vor der Reformation erregten die hohen Einkünfte der Stiftsherren und ihre privilegierte Stellung Neid und Mißgunst in der Bevölkerung, auch wurde Kritik an ihrem Lebenswandel geübt. 1531/32 setzten die evangelischen Bürger mehrere Zusatzartikel zur Stadtverfassung durch, die sich gegen die Privilegien der Stiftsherren richteten, gleichzeitig wurde der evangelische Gottesdienst im (städtischen) Langhaus des Münsters eingeführt. Durch das 1532 neugeschaffene Amt eines Superintendenten der Soester evangelischen Kirche endete die jahrhundertealte Überordnung des St. Patrokli-Stiftes über die Pfarrkirchen der Stadt. Eine Zeitlang teilten sich Evangelische und Katholische das Langhaus für ihre Gottesdienste. Am Sonntag, dem 23. März 1533, kam es jedoch zu einem Aufruhr, als der neue Superintendent Johann de Brune an der Kanzel Zeichnungen von Rad und Galgen und weitere Gegenstände fand, die ihn und den evangelischen Glauben verhöhnten. Es kam zu tagelangen Tumulten, die sich gegen die katholische Geistlichkeit und die altgläubigen Vertreter des Rates wandten. Drei Tage später wurde die Statue des Stadtheiligen St. Patroklus entfernt, die sich heute wieder am Mittelpfeiler zum Westwerk befindet. Die Kirche war nun für alle erkennbar evangelisch geworden. Als Folge des Aufstandes verließen viele Stiftsgeistliche, altgläubige Ratsherren und die beiden Bürgermeister die Stadt.

Nach dem Sieg des Kaisers über die Evangelischen 1547 wurde auch Soest wieder zwangsweise katholisch (Interim). Der neue Dechant von St. Patrokli, Johannes Gropper, setzte das Stiftskapitel wieder in seinen alten Stand ein und ließ in den Kirchen nur noch den katholischen Gottesdienst zu. Auch danach blieb das Münster katholisch, als in den anderen Kirchen schon längst wieder das lutherische Bekenntnis gepredigt wurde. 1574 beschränkte der Rat den katholischen Gottesdienst auf den Chor und untersagte den Stiftsherren jegliche Pfarrhandlungen. Als im Jahre 1616 spanische Truppen die Stadt eroberten, wurde diese Regelung wieder rückgängig gemacht. Dabei ist es dann bis heute geblieben.

Denkmäler der Reformationsgeschichte sind im Patrokli-Münster nicht mehr vorhanden. Den Lettner, der damals den Chor vom Langhaus trennte, gibt es nicht mehr. Von den ehemaligen Stiftsgebäuden ist noch der im 12./13. Jahrhundert erbaute Südkreuzgang erhalten, dessen fehlende Flügel inzwischen wieder ergänzt wurden. Das Gebäude an seiner Westseite ist das ehemalige Refektorium oder Remter (Speise- und Aufenthaltsraum im Kloster). Über dem Nordflügel befindet sich noch die Kapitelstube, ein ursprünglich gotischer Bau, der im Inneren mit Balkendecke und Steinkreuzfenstern der Wohnatmosphäre des frühen 16. Jahrhunderts entsprechen dürfte.

Website der Propsteigemeinde St. Patrokli in Soest