QUELLE

DATUM1683-05-17 / 1739-03-01   Suche   Suche DWUD
AUSSTELLUNGSORTMünster / Schloss Augustusburg
TITEL/REGEST"Freiheitsreglement" von 1683 und 1739 betr. die Steuerfreiheit bestimmter Einwohnergruppen (u.a. Adel, Verwaltungsangehörige) in der Stadt Münster
TEXT1739. Erneuertes Reglement in der Stadt Münster / in Puncto der Freyheiten

VOn GOttes Gnaden Wir Clement August/ Ertz=Bischoff zu Cölln/ des Heil. Römischen Reichs durch Italien Ertz=Cantzler und Churfürst/ Legatus natus des Heil. Apostolischen Stuels zu Rom/ Administrator des Hochmeisterthumbs in Preussen/ Meister Deutschen Ordens in Deutsch= und Welschen Landen/ Bischoff zu Münster/ Hildesheimb/ Paderborn und Oßnabrück/ in Ob= und Nieder=Bäyern/ auch der Obern Pfaltz/ in Westphalen/ und zu Engeren Hertzog/ Pfaltzgraf bey Rhein/ Landgraf zu Leuchtenberg/ Burggraf zum Stromberg/ Graf zu Pyrmont/ Herr zu Borckeloh/ Werth/ Freudenthal und Eulenberg/ p. p.

THuen kundt/ und fügen hiemit zu wissen: Demnach bey Uns Burgermeistere und Rath Unserer Haupt= und Residentz=Stadt Münster kläglich gehorsambst fürgebracht/ wasgestalten dem von Unserm Herrn Vorfahren am Hoch=Stifft \ F E R D I N A N D \ Christmildesten Andenckens = wegen deren in ermeldter Stadt gesessenen Exempten im Jahr 1683. erlassenen Reglement in allen genauest nicht nachgelebt/ sonderen die Freyheiten zu ohnumbgänglich = anwachsenden Städtischen Ohnstandt täglich vermehret/ und dadurch = unter anderen aber wegen der berührten Freyheit sich anmassender in der vorhin gewöhnlichen Zahl nicht mitbegriffenen Hoff=Räthen/ Cammer=Räthen und Referendarien/ imgleichen derjenigen Handwercks=Leuthen/ so zur Hoff=Arbeit zwarn angewiesen/ und auffgenomen/ gleichwohlen auch für andere arbeiten/ theils der servitiirten = und durch freye Einnehm= und Durchführung anderer contribuablen Leuthen dem publico Abbruch verursachender Militair=Persohnen/ auch theils Geistlichen/ und endlich deren nicht allein von der Natural=Einquartierung/ sondern gar auch von einer billigmäßigen Service sich entziehenden Devotessen = halber das Auffkommen berührter Unserer gantz zuruckgesetzter = und in die tieffeste Schulden=Last hafftender Stadt mercklich gehindert werde/ und dan aber Wir sowohl = damit die Schatzbahre wenige Bürgere in gäntzlichen Ohnvermögen nicht gerathen/ als auch die alle drey Jahr nur ihre Zinsen hebende Creditores desto ehender das Ihrige erlangen mögen/ Fürst=Vätterlich gnädigst bewogen worden/ nicht nur vorermeltes Reglement auß blosser Gnade zu erneueren/ sonderen auch = jedoch in der Maeß = als weit es nachgehende und bey Antrettung Unserer Hochfürstl. Regierung zur Observantz genommen = auch in nachfolgenden nicht geänderet ist/ biß anderweiter Unserer gnädigsten Verordnung zu bestättigen; Also thuen ein solches hiemit/ auch Krafft dieses/ und erklähren in folgenden gnädigst. Daß

Erstens: Es bey die in mehr angezogenem Reglement gemachte vier Gradus, und darunter verschiedentlich distinguirte Freyheiten sein ohngeändertes Bewenden = mithin alle darin benente Bediente und deren sub gradu primo & secundo außgenommene Wittiben als lang diese in solchem Stand verbleiben/ nach Maeß = wie darin enthalten/ und so weit die Zahl auch in nachstehenden nicht geändert/ gemindert = oder vermehret ist/ der Freyheit fernerhin zu erfrewen haben sollen: Hingegen aber

Zweytens: Nachdem bey hiebevoriger und jetziger Unserer Regierung deneben dem Cantzley=Directoren zwölf Hoff=Rähte = worunter allemahl zwey Advocati Patriae, der Archivarius, ein Hoff=Raht/ so zugleich Cammer=Raht ist/ und ein Advocatus Fisci mit gerechnet seynd/ dan zwey älteste Cammer=Rähte und zwey ältere Referendarii in primo gradu, mithin die zehen folgende Referendarii in secundo gradu die Freyheit genossen/ so soll es auch bey letztgedachter Zahl/ wie vorerwehnt = fernerhin verbleiben/ hingegen aber sollen die übrige Hoff=Cammer=Rähte und Referendarii, oder deren Wittiben gar auß keine Freyheit geniessen/ immassen

Drittens: Damit diese Unsere gnädigste Verordnung durch erdenckliche Unterschleiffe desto weniger entkräfftet werde/ Unser ernstlicher Will und Meinung ist/ daß wan gleich ein= oder anderer Unserer in numero stehender Rähten mit zwey oder mehreren ihn eximirenden Bedienungen versehen wäre/ der oder dieselbe solcher in ersterer Qualität sich bedienen/ und hergegen der anderen Bedienungen halber in ihrer Zahl gerechnet/ keineswegs aber an statt deren die sonst abgehende Freyheit denen effectivè Supernumerariis gestattet werden solle. Dan sollen auch:

Viertens: die sub gradu quarto benennete zu der Hoff=Arbeit auffgenommene Handwercks=Leuthe/ nemblich ein Hoff=Schneider/ ein Hoffschlösser/ ein Hoffsattler/ und ein Hoffschreiner/ wan selbe für anderen auch arbeiten/ in Ansehnung dieselbe alsdan die meiste Nahrung haben/ und nach dessen Proportion mehr dan andere selbigen Ambts=Genossen contribuiren können/ zwarn allein von der Natural=Einquartierung/ jedoch gegen Erlegung eines gemässenen Services befreyet/ die übrige darunter nicht Benennete hingegen darvon gar nicht exempt seyn/ es wäre dan

Fünfftens: Daß ein oder anderer für Uns/ und Unserm Hofflager allein arbeiten/ mithin hierneben denen Schatzbahren Ambts=Genossen an der Nahrung bey privaten keinen Abbruch thäte/ oder aber = daß von Uns jemand wegen in der Stadt sonst nicht geübter Kunst dahin beruffen würde/ in welchen Fällen die Befreyung von ein = oder allen Bürgerlichen Lasten dem Befinden/ und sonstigen Umbständen nach/ von Uns gnädigst wird determinirt werden; Und obwohlen auch

Sechstens: Denen Devotessen und Tertiarien nach Anleitung bemelten Reglements die Freyheit von der Einquartierung zugestanden worden/ und es hiemit aber keine andere Meinung hat/ dan daß sothane Befreyung in Ansehung ihres GOttverlobten Stands/ und durch obhabende Einquartierung hierin besorglicher Hinderung nur auff das Natural Quartier zu verstehen/ so hat es dabey auch fürtershin dergestalt sein Bewenden/ daß ermeldte Devotessen und Tertiarien nach Proportion bewohnenden Hauses ein billiges Service abgeben/ dagegen aber von der Natural=Einquartierung gäntzlich verschonet seyn/ und bleiben sollen; damit nun auch

Siebentens: die servitiirte Ober=Unter Officiers und gemeine Soldaten der ihnen gnädigst verliehener Freyheit anderen zum Beschwer nicht mißbrauchen/ und andere nicht Befreyete/ sonderen außhaltende Schatzbahre Leuthe in ihren Wohnungen zu sich nicht auffnehmen/ mithin selbe dadurch unter dem Vorwandt/ als wan sie Befreyete die haußhaltung führeten/ denen Bürgerlichen Aufflagen nicht entziehen mögen/ sondern denenselben hierinfalls alle Gelegenheit abgeschnitten werde; So soll zwar denen in der Stadt Münster bequartierten Ober=Unter Officiers und gemeinen Soldaten/ so von ermeldter Stadt die Services geniessen/ die frey Bewohnung nöthiger Häuseren verstattet/ jedoch nicht erlaubet seyn/ ausserhalb ihrer Mutter = Schwesteren/ oder Dienstbotten/ vorbehaltlich/ wan diese für sich nicht/ sonderen für jenen die Wirtschafft führen/ sonsten auch keine Bürgerliche Nahrung treiben = jemandten so an sich nicht frey/ bey sich einzunehmen/ und denselben = unter welchem Vorwand es auch seyn möge/ zu befreyen/ dergestalt/ daß auff vom Magistrat hierwieder anzeigender Contravention solcher Ober=Unter=Officiers und Gemeiner zum Vortheil der Stadt für drey Monaten des Services nicht allein cariren/ sondern deren Einwöhnere auch/ oder diejenige/ so auff der Art des gemeinen Beytrags sich entzogen/ zur Abreichung eines doppelten Contingents in ord. & extraordinariis, nach Anschlag Unserer Regierung (wie unten verordnet ist) à dato angemasseter Exemption sofort/ wie dan fernerhin gleich anderen zum Abtrag bürgerlicher Lasten angehalten werden sollen; Imgleichen soll auch

Achtens: Denen Ober= und Unter=Officiers/ welchen mit der Compagnie die Quartier in denen Baraqquen auff der Citadelle assigniret seynd/ und dabeneben die Services zum vollen gereichet werden/ zwarn auch auff gleichen Fueß/ jedoch nach befinden Unseres Geheimen= und Kriegs=Raht/ auch mit Vorwissen des commandirenden Generalen erlaubt seyn in der Stadt nöthige Häuser zu bewohnen/ wan vorhero nur dieselbe [Staabs=Officiers allein außgenommen] in Ansehung ihnen assignirten Quartiers und darnebst geniessender Service=Gelderen des gemeinen Beytrags = halber mit dem Magistrat sich würcklich vereinbahret/ und darab beym Geheimen= und Kriegs=Raht hinlänglich docirt haben; Immassen es dan

Neuntens: mit denen entlassenen und etwa bißhero nicht employrten Ober= und Unter=Officiers vom Land=Regiment, wie vorhin beym Stand des Regiments gehalten werden soll/ und zwaren daß ein jeder = biß anderweithen Employ = in dem Ambt/ oder Ort/ allwo die Compagnie zur Zeit der Entlassung elegen/ krafft dieses frey seyn möge/ ausser demselben aber gar keine Freyheit sich zu erfrewen haben solle; Wie dan

Zehntens: es mit denen Canonicis, Vicariis und anderen Geistlichen ohne Unterscheid also sein Verhalten hat/ daß diejenige/ so für sich selbst Oeconomie führen in ihren Curien oder sonst bey deren Abgang bewohnenden Häuseren keine Schatzbahre (wie vorlauts sub § pho septimo verordnet ist) einnehmen/ und unter dem Vorwandt einer Local = obsonstiger Immunität mit befreyen sollen/ sonsten aber die hierdurch ohnzuläßig eximirte nicht allein à dato der Befreyung zum doppelten Beytrag = nach Maeßgebung gemelten § phi septimi angehalten werden/ sonderen auch sie Geistliche dem Fisco verfallen seyn sollen; Da nun auch

Eilfftens: bey vorigen so wohl als Unserer jetzigen Regierung einige special personal Befreyungs=Befelchere außgewürcket/ einige in mehr angezogenen Reglement benennete Bediente auch auß denen letzteren zu die ersteren Gradus transferirt worden/ wodurch dan besagtes Reglement und gegenwärtige Unsere gnädigste Verordnung hintertrieben werden könte; So wollen Wir allsolche Befelchere und Änderungen = welche etwa cum plenâ cognitione causae nicht ergangen seyn mögten/ hierdurch auffgehoben/ und für dißmahl nur denen in offtberührtem Reglement und dieser Ordnung benenten/ so dan zweyen Brüchten=Appellations und zweyen Land=Fiscalats Commissariis, Ober=Kriegs=Commissario, und Auditorn/ Rhentmeisteren des Ambts Wollbeck/ Advocato pauperum die Freyheit in primo Gradu, auch übrigen/ welchen dabeneben einige Freyheit cum cognitione causae zuerkandt/ oder auch durch ordentliche Bestallungen verliehen = dieselbe also fernerhin in Gnaden zugestanden haben/ es wäre dan/ daß Wir auß sonderlich bewegenden Ursachen darzu specialiter veranlasset würden/ und damit dan

Zwölfftens: diese Unsere Erneuerung/ und gnädigste Verordnung/ welche vom ersten Monats Maji lauffenden Jahrs eingefolget werden soll/ zu Männiglichen Wissenschafft gelange/ und darauff von denen/ die es angehet = desto fester geachtet werde; Als soll dieselbe nicht nur an drey erst= folgenden Sontagen von denen Cantzlen in der Stadt Münster publicirt/ sonderen auch gehöriger Orten affigirt werden.

Wir befehlen solchem = nach Unseren Geheimen= und Kriegs=Rähten auch Cantzley=Directorn und Hoff=Rähten hiermit gnädigst = bey hierwieder sich eräignenden Contraventionen/ und deren geziehemdner Anzeig dem Magistrat die nachtrücklich = ohnverweilte Hülff zu bieten/ und bey dieser Unserer gnädigtsten Verordnung kräfftiglich zu handhaben; Immassen dan zu desto nützlicheren Effect und zu Vermeydung weitläufftiger Processen die von Militair=Personen darwieder vorgehende Unterschleiffe und Anmassungen Unserem Geheimen= und Kriegs=Raht/ die von Geist= oder Weltlichen Civil=Stands aber ohne Außnahm Unserm Hoff=Raht in ordinario Consilio gebührend angezeiget/ und so dan selbigen Nachmittags die angegebene Contravenienten zu die gewöhnliche Rahts=Stuben durch die Cantzley=Botten vorbeschieden/ von dem Commissario vernommen/ und darauff dem befinden = nach de plano Strafffällig declarirt/ auch respectivè zum Land=Fiscalat verwiesen/ mithin diejenige Lasten/ welche der Contravenient in duplo beyzutragen = ex aequo & bono angeschlagen werden sollen; Es wäre dan Sache/ daß die denunciati ein = oder andere Rechtsbeständige Exceptiones in continenti vorzubringen hätten/ so eine ordentliche Entscheidung erforderen dörfften/ welchenfalls die Sache in proximo Consilio ohnfehlbahr referirt/ und darauff dem befinden = nach/ was Rechtens/ auch wie es in causis summariis am schleunigsten geschehen mag/ verordnet werden soll. Urkund Unseres Churfürstl. gnädigsten Handzeichens und Secret=Insiegels.

Signatum Augustenburg den 1. Mertz 1739.

Clement August
L.S.
Churfürst.

Vt. Friderich Christian Frh. v. Fürstenberg.
M. G. Hoesch m. pp.



1683. Reglement in der Stadt Münster / in Puncto der Freyheiten.

Ferdinand von Gottes Gnaden Bischoff zu Münster und Paderborn/ Burggraff zum Stromberg/ des heil. Röm. Reichs Fürst/ Graff zu Pyrmont und Herr zu Borckeloh.

EHrsamb Hochgelährte/ liebe Getrewe/ Als Wir von Zeit Unserer angetrettenen Münsterschen Regierung/ Unsere Fürst=Vätterliche sorgfältige Intention und Gedancken unter andern auch guten Theils dahin gewendet/ welcher massen dasige Unsere durch außgestandene vielfältige Kriegs=Beschwehrden\footnote{Dreißigjähriger Krieg sowie der fürstlich städtische Konflikt. / überauß grossen Schulden=Last/ erlittene schröckliche Fewrsbrunst [von 1671] und vor und nach obgeschwebte gifftige Kranckheiten erschöpfft =/ vergeringert = und verstorbene Stadt und Bürgerschafft zu einiger Auffnahm und Wollfahrt wieder verholffen/ und gebracht werden mögte/ sölches auch durch verschiedene allbereit zu dem End außgelassene und ertheilte gnädigste Indulta und Verordnungen in der That selbsten verspühren lassen/ und ferner zu erweisen Fürst=Vätterlich geneigt seyn; So hetten Wir zwarn eintzig gewünscht/ und von Gott dem Allerhöchsten inniglich verlangt/ daß unsern Land = und lieben Unterthanen noch ein Zeitlang mit Vätterlicher Sorgfalt hetten vorstehen mögen; alldieweilln Wir aber durch langwierige Bettlägerigkeit/ und nun in die dritte Monat empfindende grausahme Steinschmertzen/ von Tag zu Tag immermehr entkräfftet und außgemergelt werden/ Dahero Uns in den ohnwandelbahren Willen des Allmächtigen ergeben/ und das End der Menschlichen Trübsahl gedultig abwarten müssen; So haben Wir gleichwohl noch vor Unserer in Göttlicher Gewalt stehender Aufflösung [Ferdinand starb am 26.06.1683] mit hiebey verwahrtem gnädigsten Reglement wegen der Befreyten dasige Unsere getrewe Stadt und gemeine Bürgerschafft zu mehrerm deroselben gedeyen/ consoliren/ und selbiges gleichfals zu einer Gedächtnüs/ und mercklichen Kennzeichen Unserer Fürst=Vätterlichen Zunaygung/ hinterlassen/ dessen Bewürkung/ Publication, und genawe Observantz aber Ewerer bekandten Trewe und Embsigkeit befehlen wöllen. Sölte Uns dannoch die Göttliche Güte Barmhertzigkeit wiederfahren lassen und Gesundheit und längeres Leben gefristen/ wird diese Gnad/ womit Wir Euch sonst stehts wohlgewogen bleiben/ nicht die letztere seyn/ sondern ihr deren bey Gelegenheit noch mehrere zu erwarten haben. Geben auff Unserm Residentz=Schloß Newhaus den 13. Maji 1683.

Ferdinand m.


I N S C R I P T I O

Denen Ehrsamb und Hochgelährten Unsern Bürgermeister und Rhat der Stadt Münster lieben Getrewen/ sampt und sonders

Münster
Eröffnet und publicirt den 17. Maji 1683.

Congregatione Senatus.


Hochfürstl. REGLEMENT der binnen Münster vorhandenen vielfältigen Exempten und Befreyten.

NAchdem Seine Hochfürstl. Gnaden zu Münster und Paderborn p. Unser gnädigster Fürst und Herr/ bey wehrender Ihrer Münsterischen Regierung/ auß Dero Münsterischen Stadt=Rhats mehrmaligen unterthänigsten suppliciren vor und nach umbständtlich wargenohmen/ es auch die Tägliche Erfahrung gibt/ was gestalt in Dero Stadt Münster die Freyheit und Exemption von Bürgerlichen so wohl ordinari als extraordinari Schatzungen und Ufflagen sehr mißbrauchet wird/ und sich davon ein ansehentlicher Theil deren/ so in gemelter Stadt wohnen/ unter allerhand Praetexten gantz und zumahlen zu eximiren understehet; Immittelst von Tagen zu Tagen die grosse der Stadt uffligende Schulden=Last und andere Beschwer mercklich anschwellen/ und der geringer Hauffen deren/ so bißhero ihre Schatzungen abtragen/ zu Abstattung solcher Schulden und Beschwers von Zeiten zu Zeiten unvermögener werden/ alles zu grossen Nachtheil/ Ruin und Schaden bedeuteter Stadt und Gemeinen Wollwesens/ So haben Dieselbe für höchtstnöthig befunden/ bey gegenwärtigem Zustand biß anderwärtiger gnädigsten Verordnung/ eine billigmäßige Regul und Richtschnur ergehen zu lassen/ welcher massen und wie weith der ein so wohl als der ander hinferner in ihrer Stadt Münster bey jetzigen Zeiten/ der bedeuteter Exemption und Freyheit zu geniessen/ oder dem gemeinen Wesen zum Besten seinen Beytrag zu thuen haben solle.

Und zwarn erstlich befinden Seine Hochfürstl. Gnaden für gut und befehlen gnädigst/ daß in gemelter Stadt vier verschiedene Gradus observirt werden/ und diejenige/ so ad primum Gradum hierunter redigirt seyn/ die völlige Freyheit von allen Bürgerlichen Ufflagen zu geniessen haben; Die in secundo Gradu Gestellte bloßhin den bey nechstvoriger Regierung angeordneten Brawschilling/ wie auch die gewöhnliche Wagenzeichen mit abtragen/ im übrigen aber frey seyn; Die in dem dritten Gradu demnechst Befindliche neben dem Brawschilling und Wagenzeichen auch die Multerstewr abstatten und die Einquartierung vom Hoffe mit übernehmen; Die in dem vierten Gradu specificirte aber die Befreyung von Einquartierung und ferner nicht zu geniessen haben sollen.

Damit nun dem Stadt=Rhat so wohl als Männiglichen bekant seyn möge/ welcher in dem ersten/ zweyten/ dritten oder vierten Gradu der Freyheit zu rechnen seye/ So verordnen Seine Hochfürstl. Gnaden und befehlen weiter gnädigst/ daß in dem ersten Grad, folgende Persohnen Schatzfrey gehalten werden sollen.



IN PRIMO GRADU

Cantzler. Zwey Adliche Rhäte. Vice=Cantzler. Zwey gelehrte geheime Rhäte. Hoff=Richter oder Ambts=Verwalter. Syndicus des Thumb=Capittuls. Der Stadt=Richter. Ein Hoff=Rhat welcher mit Archivarius ist. Ein Hoff=Rath welcher mit Cammer=Rhat ist. Zwey Assessores des Hoff=Gerichts. Zwey Advocati Patriae. Zwey Referendarii. Ein Advocatus Fisci. Ein Fürstlicher würcklicher Leib=Medicus. Ein geheimer Secretarius. Zwey oder drey Cantzley Secretarii. Secretarius Camerae. Secretarius des Thumb=Capittuls. Deren Wittiben so lang sie Wittiben seyn. Beede zur Zeit Bürgermeistere. Die Wittiben deren/ so unter wehrenden Bürgermeister=Ambt verstorben seyn/ uff zwey jahr lang.


IN SECUNDO GRADU

Die übrige in primo Gradu nicht benente Hochfürstliche Rhäte oder Referendarii. Pfenningmeister. Landt=Rhentmeister. Hoff=Zahlmeister. Ein Kriegs=Rhat. Ein Kriegs=Commissarius. Kriegs=Auditeur. Militz=Medicus. Kriegs=Cantzley=Secretarius. Fürstliche Registratores. Bottenmeister. Zwey Cantzlisten. Ein Cammer=Cantzlist. Zwey Scribenten in der Pfenning=Cammer. Zwey Siegel Ca=mer=Bediente. Der Hoff=Vogdt. Hoff=Pedel. Postmeister. Gograffen und Richtere Capituli, Eiusque Advocatus Fisci. Hochfürstlicher Capellenmeister und Organista des Thumb=Capittuls. Zwey Staabträgere Capituli. Syndicus der Ritterschaft. Syndicus der Stadt. Stadt=Medicus. Advocatus Pauperum Civitatis. Secretarius der Stadt. Deren Wittiben so lang sie Wittiben seyn. Die Stadt Rhats=Verwandten/ so lang sie des Rhats seyn. Die Wittiben deren/ so in dem Rhatstandt verstorben seyn/ uff ein Jahr lang.

Von denen Hoff=Bedienten.
Hochfürstliche Cammer=Dienere. Kuchelmeister. Kellermeister. Kuchelschreiber. Silber=Verwahrer. Und deren Wittiben auff zwey Jahr lang.


IN TERTIO GRADU

Die bey dem Officialat= so wohl als Hoff= auch Thumbs=Capittuls= und Stadt=Gerichte vorhandene Protho Notarien. Notarii causarum. Procuratores, Agenten. Landt= und andere Fisci. Approbirende Hoff=Musici. Hoff=Trommetere. Fürsten Gärtner/ Fischer/ Wagenmeister/ Laquayen/ Reidt=Knecht und Gutscher. Ein Thumb=Capittuls Landtmesser/ und deren Wittiben auff ein Jahr lang. Die Cursoren. Latores Litterarum. Ca\=mer=Botten. Thumb Capituls=Bott. Cöllnischer Post=Reuter. Thumb=Capittuls Holtz Vogt. Thumb=Dechaney Vogt. Thumb=Kellnerey Vogt. Thumb=Bürsen Vogt. Der Calcant im Thumb. Dan ferners Stadt=Adjudant. Die Stadts=Dienere. Ein approbirender Schulmeister und eine Schulmeisterinne in einem jeden Kirspel. Approbirende Schreib= und Rechenmeister nur zwey in der gantzen Stadt. Drey approbirte und beäydete Hebammen. Thurnbläser und der Nachthüter/ so lang sie in sölchen Bedienungen stehen. Wie auch der Pfarr=Kirchen Cüstere/ so nicht auff Immunitäten wohnen. Die so das Gruthauß/ Stadtskeller/ Weinhauß und Waage bewohnen/ und die Bürgere/ welche die Pforten schliessen.


IN QUARTO GRADU

Accinsen Erheber. Multerstewr Erheber. Accinsen Schreiber. Wagenzeichen Erheber. Marckmeister. Wällmeister. Devotessen. Die Lichtmütter in den Pfarrkirchen. Ein Hoffschneider. Hoffschlösser. Hoffsattler/ Hoffschreiner/ so lang sie in solchen Bedienungen stehen.



Und als erstlich diese Verordnung nur von denjenigen/ so ausserhalb denen altershero völlig befreyeten/ oder nachgehends per Privilegia eximirten Immunitäten und Oerteren wohnen/ zu verstehen ist/ Ihre Hochfürstl. Gnaden auch nicht weniger bey hervorbrechender Kriegs=Gefahr so wohl/ als jeder Zeit/ gegenwärtigem Ihren gnädigsten Befehl ab= oder beyzuthuen Ihro allerdings vorbehalten.

So erklähren auch zweytens Dieselbe hiebey ferner gnädigst/ daß/ da über kurtz oder lang ein oder ander auß denen in gesetzten Gradibus benenneten Gefreyheten/ einig Getränck für Geld zu verkauffen oder zu verzapfen/ Kauffmanschafft oder dergleichen Bürgerliche Nahrung/ Gewerb oder Handthierung zu treiben sich gelüsten lassen wird/ derselbe dardurch (so lang nicht abstehet) aller Freyheit oder Exemption unfähig gehalten werden solle.

Gestalten auch drittens denjenigen/ so ihre Bedienungen selbst würcklich nicht vertretten/ sonderen bloßhin davon den Nahmen führen/ aber andere Substitutos haben/ oder gebrauchen/ gar keine Freyheit verstattet werden solle.

Dan verbieten auch viertens hiebey Se. Hochfürstl. Gnaden gantz ernstlich und wöllen/ daß gemelte Gefreyete/ in was Gradu die auch seyn/ weder andere nicht Befreyete/ unter was Schein oder Praetext es auch immer seyn mögte/ in ihren Wohnungen zu sich auffnehmen/ und dardurch von Bürgerlichen Lasten entziehen/ weder denenselben zu einigem Unterschleiff bey Abstattung der Multerstewr/ Brawschillings/ der Wagenzeichen/ des Accinsens oder dergleichen Vorschub thuen/ dahin Handtbiethig seyn oder directè vel immediatè, heimb= oder öffentlich cooperiren/ sonderen diejenige/ so dießfals schuldig befunden werden/ ihrer eygenen Freyheit/ so gar ihrer Bedienungen selbst verlustig erklähret werden/ oder sonsten darüber nach Befindung anderwärtiger Arbitrari Straff zu befahren haben sollen.

Immassen auch fünfftens Seine Hochfürstl. Gnaden diesen ihren ernstlichen Verbott so gar uff alle übrige in obgemelten Gradibus auch nicht gemelte/ in der Stadt Münster befindliche/ so wohl Geist= als Weltliche/ Civil oder Militair, hoch oder niedrigen Stands Exempten gedeutet/ und denselben nicht weniger angezogene Entziehung/ Vorschub oder Unterschleiff und Cooperation, quocunque modo es auch geschehen möge/ bey gleichmäßiger Straff/ und höchster ihrer Ungnad hiemit untersagt haben wöllen.

Und gleichwie zum sechsten Seine Hochfürstl. Gnaden den Geistlichen/ wan dieselbe in der Stadt Bürgerliche zu ihren Beneficiis nicht gehörige Häuser bewohnen/ keineswegs verstattet haben wöllen/ daß dardurch gemelte Häuser immittelst einiger Gestalt ab oneribus realibus zu befreyen bemacht seyn; Also sollen auch die Weltliche/ so ausserhalb denen gewöhnlichen Immunitäten/ Geistliche oder zu deren Beneficiis gehörige Häuser bewohnen/ destoweniger nicht alle andere Beschwär/ als ordinari Schatzung/ Multerstewr/ den Brawschilling/ Accinsen/ die Wagenzeichen/ Stadt=Werck=Geld und dergleichen abzutragen schuldig seyn und darzu executivè angehalten werden.

Dan soll auch zum siebenten keinem an zween Oerteren in dasigem Stifft zugleich Freyheit verstattet werden/ darumb dan einer/ so anderwärts Freyheit hat/ in der Stadt Münster keine Exemption zu geniessen haben solle.

Wie dan auch zum achten die Soldaten=Weiber/ deren Männer anderwärts in dasigem Stifft ihre Quartier haben/ in der Stadt der Freyheit unfähig erklährt werden; Die Wittiben gleichwohl deren Officieren und Soldaten/ welche in einer Expedition vor dem Feind ihr Leben lassen/ so lang dieselbe in dem Wittiben Stand bleiben/ sollen die völlige Freyheit gleich wie bey ihrer Männer Lebzeiten zu geniessen haben.

Anderer verstorbenen Soldaten Wittiben betreffend/ sollen der Ober=Officierer Wittiben in solchem ihrem Stand zwey Jahr lang/ der Unter=Officierer und gemeiner Soldaten Wittiben aber ein Jahr lang frey gelassen werden.

Zum neunten denen von der Ritterschaft/ wan dieselbe in der Stadt Münster ausserhalb denen gewöhnlichen Immunitäten nicht nur auff wenige Tage/ sonderen beständig von dem einen halben Jahr zum anderen/ ihre eygene oder geheurete Wohnungen haben/ und selbsten ihre Haußhaltungen führen/ soll auch auß Gnaden die Freyheit zwarn verstattet werden/ diejenige aber so vor und nach in Münster ihren Einzug haben/ sollen deßwegen andere in ihren Höfen und Häuseren Wohnende zu eximiren nicht bemacht/ sonderen solche Einwöhnere der Stadt allen Beytrag gleich anderen zu thuen gehalten seyn.

Und als endlich bey voriger so wohl als jetziger Regierung einige special personal Befreyhungs=Befelcher außgewürckt worden/ so dieser Ordnung zuwieder außgedeutet werden könten/ so wollen Seine Hochfürstl. Gnaden dieselbe hierdurch auffgehoben/ und für dißmahl niemanden die Freyheit weiter/ als diese Ordnung mit sich bringet/ zugestanden haben/ es wäre dan/ daß sie auß sonderlich bewegenden Ursachen darzu specialiter veranlasset würden.

Diesem allen nach befehlen Seine Hochfürstl. Gnaden hiemit gnädigst und wöllen/ daß bey dieser Ihrer gnädigsten Verordnung allerdings beständig gehalten/ und zu derselben besserer Einführung und Beobachtung nicht allein der Münstersche Stadt=Rhat dieselbe eygenmächtig effectuiren/ sondern auch die Hochfürstl. Regierungs=Räthe/ Geist= und Weltliche Richtere/ und jede Civil Obrigkeit/ so gar der Hochfürstl. Commendant, alle sambt und sonders quovis modo, auch vermittels Militair Execution da nöthig/ so lieb einem jeden ist/ Hochfürstliche Ungnad zu vermeyden/ auff des Stadt=Raths gebührende Requisition in allen Stücken dieselbe kräfftiglich zu bewürcken/ und dabey gebührende Manutenentz und Handbiethung zu leisten hiemit committirt und befehlicht seyn sollen/ Urkundt Hochfürstl. Hand=Zeichens und deme beygetruckten Secret=Insiegels; Signatum auff dero Residentz=Schloß Newhaus den 11. Maji 1683.

Ferdinand L.S.
Lect. in praes. Deputatorum von Ambten/ Gilden und Gemeinheit
Lunae den 17. Maji 1683. in Senatu &c.
ERLÄUTERUNGDas Freiheitsreglement wurde per Reskript vom 27.10.1688 dahingehend präzisiert, "daß diejenigen Geistlichen, so keine freie eigene Erb oder zu ihrem Beneficium gehörige Wohnbehausung haben und ein bürgerliches Haus zu miethen benöthiget, von bürgerlichen Lasten und Pflichten, wenn sie keine bürgerliche Nahrung treiben, eximirt und befreiet sein, Andere aber, so dergleichen denen Beneficiis anecktirte, oder erb und eigenthümliche freie Wohnungen haben und nichts deweniger Bürgerhäuser miethen und bewohnen, Einquartierung u. a. onera inhaerentia zu tragen schuldig und verpflichtet sein sollen“.


PROVENIENZ  Landesarchiv NRW Abteilung Westfalen
BESTANDMLAM
SIGNATUR226


FORMALBESCHREIBUNGDer Text folgt in Wortlaut und Reihenfolge dem gedruckten Edikt von 1739, das am Ende das Freiheitsreglement von 1683 einschloss. Das Edikt wurde am 20.12.1683 von Kurfürst Maximilian Heinrich ratifiziert und von der Stadt Münster in ihr Ratsprotokoll vom 17.05.1683 aufgenommen. Grundlage ist ein Druck im NWStA Ms, MLAM 226; Teildruck (1683) bei H. Lahrkamp (1972), S. 2-7, der sich auf ein Edikt in StadtA Ms, AA VIII 219, stützte. Ein gesiegeltes Original des Freiheitsreglements vom 11.05.1683 befindet sich in NWStA Ms, GR 70, fol. 228r 232r. Weitere Informationen in Weidner, [>-Lit161#Landadel und Stadt].


SYSTEMATIK / WEITERE RESSOURCEN  
Typ1.3   Einzelquelle (in Volltext/Regestenform)
Zeit3.4   1650-1699
3.5   1700-1749
Ort2.21   Münster, (Fürst-)Bistum < - 1802>
3.5   Münster, Stadt <Kreisfr. Stadt>
Sachgebiet3.1   Staat, Politik und Verwaltung / Allgemeines
3.11   Städte und Gemeinden, Ober-/Bürgermeister/Ober-Bürgermeisterin, Mitarbeiter
3.14.1   Haushalt, Finanzen, Steuern, Abgaben, Zoll
6.8.1   Adel
DATUM AUFNAHME2004-09-23
AUFRUFE GESAMT365
AUFRUFE IM MONAT79