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(72 KB)   Friedrich von Bodelschwingh mit Betheler Diakonissen / Bethel, von Bodelschwinghsche Anstalten / Hauptarchiv und Historische Sammlung / Münster, LWL-Medienzentrum für Westfalen/O. Mahlstedt   Friedrich von Bodelschwingh mit Betheler Diakonissen / Bethel, von Bodelschwinghsche Anstalten / Hauptarchiv und Historische Sammlung / Münster, LWL-Medienzentrum für Westfalen/O. Mahlstedt
TITELFriedrich von Bodelschwingh mit Betheler Diakonissen


INFORMATIONDas Diakonissenhaus "Sarepta" in Bethel war die 46. Gründung eines Diakonissenmutterhauses im deutschsprachigen Raum. Innerhalb von zehn Jahren hatte sich hier die Anzahl der Diakonissen verzehnfacht. Waren 1872 zunächst in der Pflege 27 Schwestern auf acht Stationen tätig, so wirkten 1882 über 260 Diakonissen auf 83 Stationen in den vielfältigen Pflegediensten Bethels. Einen solchen Zuwachs konnte kein anderes Mutterhaus verzeichnen. Die erste Oberin von Sarepta war die schlesische Pfarrerstochter Emilie Heuser (1822-1898), die von der Diakonissenanstalt Kaiserswerth nach Bethel gekommen war. Das Bild zeigt im Hintergrund ihr Bildnis.

Zunächst wollte Bodelschwingh der Tradition der Kaiserswerther Diakonissenanstalt und den Grundgedanken von Theodor Fliedner folgen. So wurden die Aufnahmebedingungen im wesentlichen von Kaiserswerth übernommen. Die Bewerberinnen sollten selbst über eine gute Gesundheit und über ein freundliches und gütiges Wesen verfügen. Um die belastende und körperlich anstrengende Arbeit verrichten zu können, wurde das Eintrittsalter auf 18 Jahre festgelegt. Die zukünftigen Diakonissen sollten aber nicht älter als 40 Jahre sein. In der Hausordnung und Dienstanweisung für die Diakonissen in Kaiserswerth wird auch das Selbstverständnis deutlich, das ebenso für die Schwestern in Bethel galt
"Was nun die Diakonissen für Krankenpflege zunächst betrifft, so haben sie, wenn sie diesen Beruf im evangelischen und apostolischen Geiste erfüllen wollen, vor allem zu bedenken, daß sie die Kranken pflegen müssen als Dienerinnen, was auch ihr Amtsname ('Diakonisse') bedeutet, und zwar: 1. als Dienerinnen des Herrn Jesu, 2. als Dienerinnen der Kranken, um Jesu willen, 3. als Dienerinnen untereinander." [1]

Jede Diakonisse sollte ihren Dienst im Sinne einer barmherzigen Samariterin verrichten und nicht auf irdischen Lohn achten. Der Krankendienst wurde als eine gläubige Liebespflege verstanden, die sich durch Erbarmen, Freundlichkeit, Sanftmut und Geduld auszeichnen sollte. Die Diakonissen der Anstalt verstanden sich darüber hinaus als eine Familie, in der untereinander kein Streit aufkommen sollte. Verlangt wurde aber Gehorsam gegenüber den Vorgesetzten:
"Ihren Vorgesetzten haben sie um Gottes und des Gewissens willen mit Ehrerbietung und Verleugnung eines eigenen Willens zu gehorchen, und gegen alle andern sich eines ernsten und würdevollen Betragens zu befleißigen." [2]
Von der Kaiserswerther Ordnung wich Bodelschwingh erstmals 1874 ab, als er die erforderliche Probezeit für die Diakonissen von nur sechs bis zwölf Monaten auf zwei bis drei Jahre ausdehnte. Ihre praktische Ausbildung begannen die Schwestern in einer von Bodelschwingh gegründeten Kleinkinder-Musterschule.

Bei der Aufnahme von Diakonissen spielten die konfessionellen Richtungen im deutschen Protestantismus keine Rolle. Sarepta verstand er als konfessionell übergreifende evangelische Schwesternschaft, während Wilhelm Lohe sein Diakonissenmutterhaus Neuendettelsau streng konfessionell-lutherisch ausrichtete. In einem 1877 in Lippstadt gehaltenen Vortrag zum Thema "Das evangelische Diakonissenamt, ein Beitrag zur Wegräumung von Vorurteilen gegen diesen schönen Lebensberuf der Frauen" verglich Bodelschwingh das Diakonissenamt mit den ersten Ämtern von Frauen im Urchristentum und verteidigte die besondere Verantwortung von Frauen für das diakonische Leben. Den selbstlosen Dienst der Diakonissen faßte er im Vorspann der Sarepta-Berufsordnung, die 1875 als Manuskript erschien, mit dem Diakonissenspruch von Wilhelm Löhe zusammen: "Was will ich? Dienen will ich. - Wem will ich dienen? Dem Herrn Jesus und Seinen Elenden und Armen. ... Mein Lohn ist, daß ich dienen darf! - Und wenn ich dabei umkomme? Komme ich um, so komme ich um." [3]

Die Diakonissen legten ein Gelübde ab, das für Bodelschwingh aber keine Nähe zu den katholischen Ordensgelübden haben sollte. Das Gelübde hatte nicht "auf ewig" Bestand, sondern war von der Lebensführung der einzelnen Diakonisse abhängig. Sie sollte sich ständig ihrer Erwählung bewußt sein und im Beruf ihr übertragenes Amt würdig ausführen. Die Ehelosigkeit wurde im Gelübde nicht abverlangt, doch die Berufsordnung von Sarepta verlangte einen freiwilligen Verzicht auf die Ehe, da der ehelose Stand vor Gott gesegnet sei. Die Ehelosigkeit der Diakonissen war für Bodelschwingh kein besonderer Verdienst, der über dem Ehestand steht. Er sah aber die Ungebundenheit der Diakonissen als Vorteil für ihre Aufgaben an. Eine spätere Heirat war demnach möglich, doch mußte dann das Diakonissenamt niedergelegt werden.

Die evangelischen Diakonissenhäuser standen für Bodelschwingh "in der Mitte zwischen den katholischen Orden und den verschiedenen freien der Krankenpflege gewidmeten Vereinen." [4] Die katholischen Gelübde lehnte er ab, weil diese einen Wiederaustritt unmöglich machten. Bei der freien Krankenpflege vermißte er die Einstellung des Pflegedienstes als Lebensberuf und das "Amt in der Kirche Gottes".

Wenige Jahre nach der Errichtung des Mutterhauses Sarepta wirkten Diakonissen bereits in mehreren Außenstationen in Westfalen. Schwesternstationen bestanden u.a. an den Krankenhäusern in Bad Driburg, Gelsenkirchen, Lippstadt, Dorstfeld, Hagen, Gütersloh, Lüdenscheid, Eilpe, Detmold und Dortmund. Um 1900 waren in fast allen westfälischen Städten, in denen überwiegend Protestanten lebten, Diakonissen aus dem Mutterhaus Sarepta tätig.


[1] Quellen zur Geschichte der Diakonie II: Reformation und Neuzeit, hg. v. Herbert Krimm, Stuttgart 1963, S. 221.
[2] Ebd. S. 222.
[3] Zit. nach Manfred Hellmann, "Es geht kein Mensch über die Erde, den Gott nicht liebt", a.a.O., S. 105.
[4] Friedrich von Bodelschwingh, Schriften II, a.a. O., S. 119.


TECHNIKFoto
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OBJEKT-PROVENIENZBethel, von Bodelschwinghsche Anstalten / Hauptarchiv und Historische Sammlung
FOTO-PROVENIENZMünster, LWL-Medienzentrum für Westfalen/O. Mahlstedt


QUELLE    Bernard, Johannes | Friedrich von Bodelschwingh | Dia 09, S. 35-37
PROJEKT    Diaserie "Westfalen im Bild" (Schule)

SYSTEMATIK / WEITERE RESSOURCEN  
Typ35   Bildmaterial (Reproduktion, Foto)
Zeit3.9   1900-1949
Ort2.1   Bielefeld, Stadt <Kreisfr. Stadt>
Sachgebiet8.4   Sozialfürsorge, Fürsorgeeinrichtungen
DATUM AUFNAHME2004-02-24
AUFRUFE GESAMT1258
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