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(82 KB)   Die städtische Kriegsküche in Münster, 1916-1918, Foto aus: Eduard Schulte, Kriegschronik der Stadt Münster 1914-1918, Münster 1930 / Münster, LWL-Medienzentrum für Westfalen/E. Uthmann   Die städtische Kriegsküche in Münster, 1916-1918, Foto aus: Eduard Schulte, Kriegschronik der Stadt Münster 1914-1918, Münster 1930 / Münster, LWL-Medienzentrum für Westfalen/E. Uthmann
TITELDie städtische Kriegsküche in Münster, 1916-1918, Foto aus: Eduard Schulte, Kriegschronik der Stadt Münster 1914-1918, Münster 1930


INFORMATIONDie Stadt Münster stellte die Straßenbahn in den Dienst der Massenspeisung. Diese Wagen beförderten die in einer stationären Küche zubereiteten warmen Speisen zu verschiedenen Ausgabestellen. Zu diesem Zweck waren insgesamt fünf Straßenbahnwagen umgerüstet worden. Wie auf dem Foto zu erkennen ist, betreten einige Frauen mit Gefäßen in den Händen hinten den Wagen. Nachdem sie ihre Lebensmittelkarten abgegeben hatten, erfolgte die Essensausgabe im mittleren Teil. Auf der gegenüberliegenden Seite wurde nun der Wagen mit der zugeteilten Mahlzeit wieder verlassen. Gegessen wurde zu Hause.

Das über die Darstellung gelegte Diagramm zeigt die Anzahl der monatlichen Liter, die in Münster seit Juli 1916 ausgegeben wurden. Von Dezember 1916 bis Juni 1917 blieben die Kriegsküchen wegen zu geringer Nachfrage geschlossen. Verfolgt man den Kurvenverlauf, so war die Essensausgabe in den ersten beiden Jahren jeweils während der Sommermonate Juni und Juli sehr hoch. Sobald im August die neue Ernte einsetzte und mehr Nahrungsmittel auf den Markt kamen, sank das Interesse an der öffentlichen Massenspeisung. Hingegen wurden 1918 die Kriegsküchen das ganze Jahr hindurch ziemlich gleichmäßig beansprucht Da die Angaben über den jeweiligen Umfang der städtischen Kriegsküchen recht deutlich den Versorgungsstand widerspiegeln, muß sich die Ernährungslage der Stadt in diesem Zeitraum noch einmal verschlechtert haben.

Klagen über schlechtes Essen waren an der Tagesordnung. Dem einen waren die meist in Suppenform zubereiteten Gerichte zu dünn, dem anderen zu unsauber zubereitet, und wieder andere fanden das Essen überhaupt ungenießbar. Anfang November häuften sich die Beschwerden des münsterischen Publikums.

"Heute wurde das Vorhandensein von schwarzen Käfern in der Graupensuppe behauptet und von einer Frau durch eine Probe auch nachgewiesen. Ein alter früherer Soldat, der auch davon dort hörte, bemerkte, er habe während seiner Militärzeit sehr viel Graupensuppe aus der Menage gegessen und jetzt wegen Kurzsichtigkeit geglaubt, es schwämmen auch hier in Münster Speckstückchen in der Suppe, und dementsprechend mitgegessen; erst später habe er gehört daß es Käfer gewesen seien." [1]

Die Essensausgabe in Straßenbahnwagen war eine Besonderheit der Stadt Münster und fand in den übrigen westfälischen Städten keine Verbreitung. Hier wurden Schulen und andere städtische Versammlungsräume als Kriegsküchen genutzt, so daß zusätzlich die Möglichkeit bestand, das Essen auch "vor Ort" zu verzehren. Daneben gab es in allen Städten spezielle Küchen für Schulkinder, die von caritativen Vereinen getragen wurden. Zusätzlich zu den allgemeinen Kriegsküchen richteten besonders die Großstädte Mittelstandsküchen und die Industriebetriebe Fabrikküchen ein, die einem bestimmten Personenkreis vorbehalten waren.

Ein Vergleich der Besucherzahlen in Münster mit denen der übrigen Städte zeigt, daß die Beteiligung an den Massenspeisungen im Ruhrgebiet wohl auf Grund des größeren Anteils von Arbeitern sehr viel höher war; auch wurden hier die Küchen bereits 1915, ein Jahr eher als in Münster, eingerichtet. Sie blieben während des ganzen Kriegszeitraumes in Betrieb.

Im Jahresablauf wies die Inanspruchnahme der städtischen Kriegsküchen in Westfalen erhebliche Schwankungen auf. Während der Kartoffel- und Brotknappheit im Frühjahr waren die Besucherzahlen sehr hoch. Mit dem Einsetzen der Gemüseernte im Juni ging der Besuch etwas zurück, erreicht aber im Juli noch einmal einen Höhepunkt, um dann ab August mit dem Einsetzen der Kartoffel- und Getreideernte erheblich zu sinken. Erst der beginnende Winter verstärkte wieder das Interesse der Bevölkerung an der Massenspeisung, wobei im Dezember, vor dem Hintergrund des Weihnachtsfestes, wieder ein Rückgang der Besucherfrequenz festzustellen ist.

Öffentliche Kriegsküchen garantierten in Zeiten äußerster Nahrungsmittelknappheit einer breiten Bevölkerungsschicht eine sichere Mahlzeit. Daß diese Art der Versorgung nur eine Notlösung darstellte, zeigen die schwankenden Besucherzahlen. Sobald die Ernährungslage sich auch nur geringfügig verbesserte wurde wieder bevorzugt im Privathaushalt gekocht.


[1] Eduard Schulte, Kriegschronik der Stadt Münster 1914-1918, Münster 1930, S. 241.


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FOTO-PROVENIENZMünster, LWL-Medienzentrum für Westfalen/E. Uthmann


QUELLE    Roerkohl, Anne | Der Erste Weltkrieg in Westfalen | Dia 10, S. 40f.
PROJEKT    Diaserie "Westfalen im Bild" (Schule)

SYSTEMATIK / WEITERE RESSOURCEN  
Typ35   Bildmaterial (Reproduktion, Foto)
95   Grafik, Schaubild, Diagramm
Zeit3.9   1900-1949
Ort3.5   Münster, Stadt <Kreisfr. Stadt>
Sachgebiet9.4   Konsum, Nahrung
DATUM AUFNAHME2004-02-25
AUFRUFE GESAMT3354
AUFRUFE IM MONAT216