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(75 KB)   Büro der Ländlichen Centralkasse in Münster, um 1962 / Münster, Stadtarchiv/M. Lott   Büro der Ländlichen Centralkasse in Münster, um 1962 / Münster, Stadtarchiv/M. Lott
TITELBüro der Ländlichen Centralkasse in Münster, um 1962
DATIERUNG1962 [um]


INFORMATIONDie Nachkriegsjahre bedeuteten für die Frauen nochmals eine enorme Herausforderung ihrer Arbeitskraft. Der Wiederaufbau mußte in erster Linie von den Frauen bewältigt werden, da zahlreiche Männer gefallen, invalide heimgekehrt waren oder sich noch in Kriegsgefangenschaft befanden. Schutzbestimmungen, die von den alliierten Behörden erlassen wurden, bestanden vielfach nur auf dem Papier. De facto gab es keine Trennung zwischen Frauen- und Männerarbeit in der Wiederaufbauphase. Die Beanspruchung der Frauen ging erst mit der Heimkehr der Soldaten zurück. Wie schon 1918 wurde nun auch von den bestimmenden gesellschaftlichen Gruppen in Politik und Kirche die Wiederherstellung der tradierten Geschlechterordnung, die die Frauen auf Haushalt und Familie verwies, angestrebt. Vielen Frauen kam der Rückzug ins Private nach den jahrelangen Belastungen durchaus entgegen. Die Erschöpfung vieler Frauen führte dazu, daß sie sich der erneuten Verdrängung vom Arbeitsmarkt nicht nur nicht entgegenstellten, sondern sie sogar als Entlastung begrüßten.

Das in den 1950er Jahren geltende Frauenideal der treusorgenden Hausfrau erfuhr in den 1960er Jahren eine Umbewertung. Die Einschätzung der Berufstätigkeit und des Haushalts wandelte sich vor allem bei jungen Frauen.
"Hausarbeit wird nun als das erfahren, was sie unter den bestimmenden gesellschaftlichen Bedingungen ist: Als öde, langweilige, isolierte, kontakt- und anerkennungsarme unbezahlte Tätigkeit, deren Charakter durch das Wegfallen alter Ideale, das die Nachkriegsgesellschaft kennzeichnet, offenbar wird." [1]
Die Ursachen für die Neubewertung waren vielfältig. In den späten fünfziger und frühen sechziger Jahren war der Zuverdienst der Ehefrau vor allem notwendig, um an dem neuen Luxus des "Wirtschaftswunders" teilhaben zu können. Noch stand es außer Frage, daß die junge Ehefrau spätestens mit der Geburt des ersten Kindes aus dem Berufsleben ausschied. Das änderte sich in den sechziger Jahren. Frauen verstanden ihren Beruf nicht mehr nur als eine kurze Phase vor der eigentlichen Familienarbeit, sondern er gab ihnen Anerkennung und Selbstbewußtsein. Der Wandel von der vom Ehemann dominierten Ehe hin zu gleichberechtigter Partnerschaft war eine unabdingbare Voraussetzung für diese Entwicklung. Unabhängig von dieser Neubewertung weiblicher Erwerbstätigkeit blieben die Frauen auch weiterhin für die Versorgung der Kinder und des Haushaltes zuständig. [2] Die Berufstätigkeit der Frau sollte aber im Verständnis der Männer nicht der weiblichen Selbstverwirklichung dienen, sondern die Frau sollte durch die Erwerbsarbeit zu einer interessanteren, verständnisvolleren Partnerin werden. In einer bekannten Frauenzeitschrift hieß es 1960:
"Sie (die ehemals berufstätigen Frauen) wußten selbst genau, was es hieß, einen anstrengenden Berufstag mit Konferenzen und Sitzungen hinter sich zu haben, und sie verstanden darum ihren Mann sehr gut, der nach einem solchen Tag weder Lust zum Tanzen noch zum Kino hatte. Es gab überhaupt eine Menge Dinge, auf die sie in ihrer Ehe ziemlich leichten Herzens verzichteten, einfach, weil sie diese Dinge schon aus ihrer Junggesellinnenzeit kannten." [3]

Der Preis, den die Frauen für die gesellschaftliche Akzeptanz ihrer Erwerbstätigkeit zahlen mußten, war die Hinnahme der Doppelrolle als Hausfrau und Arbeitnehmerin. Die Konjunkturentwicklung der sechziger Jahre förderte die Ausweitung der Frauenerwerbsarbeit durch den erhöhten Bedarf an Arbeitskräften. Dennoch standen den Frauen weiterhin nicht alle Berufsfelder offen. Zu den wichtigsten Beschäftigungsfeldern gehörten seit der Weimarer Republik die Dienstleistungs- und Verwaltungsberufe. Gerade in einer zentralen Verwaltungsstadt wie Münster fanden Frauen in diesen Branchen Beschäftigung. Das Bild zeigt den Blick in ein Großraumbüro der Ländlichen Centralkasse in Münster zu Beginn der 1960er Jahre. In dem großen hellen Raum stehen die Schreibtische in zwei Reihen. An ihnen arbeiten ausschließlich Frauen. Keine der Frauen blickt in die Kamera, ihre Körperhaltung drückt konzentriertes Arbeiten aus. Das Großraumbüro verdeutlicht, daß die Frauen keine führenden Positionen einnahmen, sondern wieder auf der unteren und mittleren Ebene angestellt waren. An der Stellung der Frauen auf dem Arbeitsmarkt hatte sich noch nichts grundlegendes geändert. Ursächlich dafür war aber auch, daß die Frauen lange an tradierten Rollenvorstellungen festhielten und das Ausscheiden aus dem Berufsleben mit der Geburt des ersten Kindes vielfach Bestandteil des Lebensplanes blieb. Denn Mutterschaft und Beruf galten auch in den sechziger Jahren noch als unvereinbar. [4]


[1] Ch. Feldmann-Neubert: Frauenleitbild, S. 171.
[2] Ebd., S. 140ff.; U. Frevert: Frauen-Geschichte, S. 253ff.
[3] Zit. nach: Ch. Feldmann-Neubert: Frauenleitbild, S. 141.
[4] Vgl. ebd., S. 191ff.


TECHNIKFoto
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OBJEKT-PROVENIENZMünster, Stadtarchiv/M. Lott


QUELLE    Kurzweg, Martina | Frauenerwerbsarbeit im Wandel | Dia 08, S. 36-38
PROJEKT    Diaserie "Westfalen im Bild" (Schule)

SYSTEMATIK / WEITERE RESSOURCEN  
Typ35   Bildmaterial (Reproduktion, Foto)
Zeit3.10   1950-1999
Ort3.5   Münster, Stadt <Kreisfr. Stadt>
Sachgebiet6.8.8   Frauen
10.9.2   Arbeitswelt
DATUM AUFNAHME2004-02-25
AUFRUFE GESAMT407
AUFRUFE IM MONAT70