LITERATUR

VERFASSERMarcus, Jan / Ferdinand, Marcus
TITEL"... und es waren Hirten in der Gegend auf dem Felde." (Lukas 2,8) Die Schafhaltung in Westfalen am Beispiel der traditionellen Schäferfamilie Schröer
ORTLippstadt (59555)
JAHR2001   Suche
INFORMATIONBeitrag für den "Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten" der Körber-Stiftung, Hamburg

Wettbewerbsjahr/-thema: 2001 Genutzt - geliebt - getötet: Tiere in unserer Geschichte

Inhaltsbeschreibung: Dass das Schäferleben alles andere als idyllisch war, beschreiben zwei Sch. am Beispiel der Familienchronik der Schäferfamilie Schröer in ihrer Region. Es handelt sich um eine anschaulich vermittelte Geschichte der Schafhaltung im Wandel der Zeiten und im Kontext großer Umbrüche und Veränderungen. So stellt diese Arbeit eine Sozialgeschichte des Schäferberufs im Lauf der Zeit dar, mit den ökonomischen und sozialen Veränderungen im Vordergrund. Ihre diesbezügliche Fragestellung wurde in der Auswertung der Sekundärliteratur entwickelt und auf das sehr vielschichtige Quellenmaterial übertragen. Eine zentrale Stellung nimmt hier die eigene Überlieferung der Schäferfamilie und die Interviews mit den einzelnen Familienmitgliedern ein. Die einzelnen Kapitel sind mit Sinnsprüchen überschrieben, so z.B. der Schlussteil mit "Er hat seine Schäfchen aufs Trockene gebrachte" oder zur Familie Schröer mit "Jetzt, da ich ein Schaf und eine Kuh habe, wünscht mir jedermann einen guten Morgen", ein Satz von Benjamin Franklin. Der Darstellungsteil beginnt mit einer knappen Übersicht über die Geschichte der Schafzucht:"Von den Anfängen der Schafzucht bis zur größten Schafdichte (ca. 1500-1864)" (S. 13 f.). Der deutliche Rückgang des Schafbestandes bis zum Ersten Weltkrieg (S. 15-18) geht einher mit dem Zurückdrängen der extensiven Viehwirtschaft und Pflügung sowie der Aufforstung früherer Brachflächen. Der "Schafhaltung in und zwischen den Weltkriegen (1914-1945)" (S. 19-24) sind Facetten des mühseligen Alltagslebens der Schäfer in ihrer Region zugeordnet, so z.B. das notwendige Waschen der Schafe im kalten Fluss. Im Kapitel zur "Schafhaltung während dem Wiederaufbau und Wirtschaftswunder" (S. 25 f.) zeichnen die Sch. nach, wie die Schafhaltung an Bedeutung verlor und sinkende Fleischpreise, andere Textilfasern und bessere Verdienstmöglichkeiten einen Rückgang der Schafwirtschaft mit sich brachten. Erst die wieder erkannte Notwendigkeit der Landschaftspflege durch die Schafherden, z.B. zur Deichpflege, stabilisierte bis heute die Berufsausübung. Diese Deichschäferei, so stellen die Verf. für die Familie Schröer fest, musste von ihnen gar nicht erst entdeckt werden, denn sie hatten diese Chance bereits früh erkannt ("Gegenwart und Zukunft", S. 27-33). Da die Schäferei eine flur- und gemarkungsüberschreitende Weidewirtschaft ist, bleibt es nicht aus, dass Hudestreitigkeiten eine gesonderte Berücksichtigung im Beitrag erfahren (S. 34-37). "Das Bild des typischen Schäfers" (S. 38-42) kann als Exkurs gelesen werden, der über volkskundliche Spruchweisheiten versucht, sich dem Ansehen des Schäfers zu nähern. Die Familienchronik, sofern ihre Sozialgeschichte nicht bereits Bestandteil der vorigen Darstellungsteile war, wird auf den S. 43-49 dokumentiert. Die Verf. finden heraus, dass die Schäferfamilie Schröer bereits ein Jahrhundert länger im Gewerbe tätig ist, als es einschlägige Heimatchroniken verzeichnen, und präsentieren einen erweiterten Stammbaum. Ihre mühevoll zusammengetragene Genealogie ist im Kontext der Themenstellung interessant, aber hinsichtlich der im Abschnitt "Das Bild des typischen Schäfers" begonnenen Beschreibung des Mensch-Tier-Verhältnisses nicht weiterführend (der Stammbaum als ein DIN A 3-Blatt, in: S. 43-47). Die abstrakte Fragestellung zum Vergleich von Schäferromantik und Schäferrealität, zum Selbstverständnis des Berufs und zu dem Mensch-Tier-Verhältnis bleibt gegenüber den Detailergebnissen als Ergebnis langwieriger Archivforschung im Hintergrund. Denkwürdig aber die Interviewaussage, dass der Schäfer mehr Zeit mit seinem Hund verbrachte als mit der Familie. Der Beitrag ist formal beeindruckend korrekt und kann aufgrund der entwickelten methodischen Konzeptionierung inhaltlich aufschlussreiche Ergebnisse präsentieren. Bemerkenswert sind einzelne Fotos (z.B. S. 21, 42) und die Grafiken zur Bestands- und Preisentwicklung (z.B. S. 16 f., 19, 27). Diese sind ästhetisch ansprechend und formal vorbildlich (Herkunftsnachweise, Betitelung, Datierung) in die Arbeit integriert.

Quellen: Stadtarchiv Lippstadt und Erwitte, Kirchenbücher, Zeitzeugeninterviews, private Fotosammlungen, Museumsbesuche, Ortsbesichtigung, zeitgenöss. landwirtschaftliche Fachpresse, Presseart., Behörden- und Verbandsinformationen, heimatgeschichtliche und volkskundliche Literatur, Internet.

Umfang: 61 S., ms., ill. mit hist. Fotos, Fotodokumentation, Quellen, Stammbaum, Krt., Grafiken

Schule/Klasse: 12. Klasse, Evangelisches Gymnasium, 59555 Lippstadt. - Tutor: Wolfgang Marcus

Preis: 3. Preis

Bestell-Nr.: Körber-Stiftung, 2001-0956
PROJEKT    Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten
SYSTEMATIK / WEITERE RESSOURCEN  
Typ180.1   Körber-Stiftung
Ort1.11.7   Lippstadt, Stadt
Sachgebiet10.10   Landwirtschaft, Landwirtin/Landwirt
DATUM AUFNAHME2004-07-14
DATUM ÄNDERUNG2010-04-26
AUFRUFE GESAMT1248
AUFRUFE IM MONAT148