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Landwehr in Borken

 
 
 
Die Siedlung Borken, die sich im 12. Jh. um die Pfarrkirche St. Remigius entwickelt hat, erhielt in der Amtszeit von Bischof Dietrich von Münster (1218-1226) städtische Rechte. Dies vermittelt eine spätere Urkunde Bischof Everhards von 1280, die einen interessanten Einblick in die Beziehungen zwischen dem Bischof und der Stadt Borken gibt: Damals hatten die Bürger gegen anfänglichen Widerstand des bischöflichen Stadtherrn Gärten im sumpfigen Gebiet vor den Stadttoren angelegt, ein deutlicher Hinweis darauf, dass der Ausgriff der Bürger bereits ein Umfeld jenseits des ihnen zugestandenen Rechtsbereiches betraf.

Hinweise auf die Stadtlandwehr suchen wir in der Urkatasteraufnahme der Stadt von 1824 vergeblich, doch ist sie in zwei Karten des ausgehenden 17. und des 18. Jhs. abgebildet, die die "Borcksche Landwehre“ westlich der Borkener Aa als Grenze zur Freigrafschaft Gemen zeigen. Namentlich zugewiesen werden können vier Schlagbäume, nämlich der Oldendorper Baum (1432) am Weg nach Burlo und Vreden, der Leppingbaum (1591) als Zugang in die westlichen Bauerschaften, der Dickhuserbaum (1424) an der Straße nach Bocholt und der Menninghäuser Baum (1419) als Durchlass nach Dorsten und Wesel. Vier Baumschließer werden zu 1504 in den seit 1484 vorhandenen Stadtrechnungen genannt, die Arbeiten am Hagen nahmen in diesem Jahr 32 Tagwerke in Anspruch. Sorgfältig sparte die Landwehr den zur Freigrafschaft Gemen gehörigen Oldendorper Freistuhl aus, dessen Gerichtsstätte nördlich auf dem Galgenberg lag.

Schwieriger gestaltet sich die Verlaufsrekonstruktion auf der Ostseite der Stadt: Die auf den Karten verzeichnete Wolters Landwehr, benannt nach dem zur Freigrafschaft Gemen gehörigen Hof Wolter sperrte die Landstraßen nach Ramsdorf/Coesfeld (Woltersbaum) und nach Dülmen, ohne dass eine Fortsetzung auf der Südseite der Stadt erkennbar wird. Archäologische Untersuchungen haben gezeigt, dass diese Landwehr aus einem Wall von 8-10 m Breite, beidseitig flankiert von Wasser führenden Gräben, bestanden hat. Da das Gebiet auf der Südseite der Stadt im Einzugsgebiet von Borkener Aa und Döringbach nachweislich sehr feucht war, könnte sich die Anlage einer Landwehr auf dieser Seite der Stadt aufgrund der Bodenbeschaffenheit erübrigt haben.

Für die Entwicklung der städtischen Landwehr auf der östlichen Seite der Feldmark ist eine Urkunde von 1357 von Bedeutung, die gleichzeitig den Erstbeleg für den Landwehrbau in Borken darstellt. In dieser verpflichtete sich die Stadt, der Johanniterkommende Borken eine jährliche Geldzahlung für zugefügte Beeinträchtigungen zu zahlen, die sie bei der Anlage von Landwehrgräben zwischen Becking und Keppelinck erlitten hatte. Beckingberg und Beckingbach unweit des Leprosenhauses geben eine Vorstellung davon, wo der Anfang dieser Landwehr gelegen hat, die nach Ausweis der Urkunde den im Urkataster südlich der Landstraße belegten weitläufigen Besitz der Johanniter durchschnitten hat. Entgegen der bislang vorherrschenden Rekonstruktion, die sich an den äußeren Grenzen der Stadtflur orientiert und die Wolters Landwehr einbezieht, ist nicht auszuschließen, dass die Landwehr von 1357 auf der Höhe des Leprosenhauses den Kommendebesitz in Nordsüd-Richtung durchschnitten hat. Hinweise auf diese zumindest anfangs engere Begrenzung der Borkener Feldmark ergeben sich aus verschiedenen Beobachtungen, so etwa aus der Lage des Leprosenhauses am Ausgang der Stadtfeldmark, dessen Entstehung in das ausgehende 14./15. Jh. gehört. Auch die Bezeichnung "Neue Kämpe“ für das an die Kommendebesitzungen östlich anschließende Land, die auf gleicher Höhe liegende Straßengabelung der Wege nach Velen und Heiden sowie die aus dem Urkataster erschließbare Lage der Ziegelei nahe dieser fiktiven Nordsüdlinie sind Anhaltspunkte für einen ursprünglich enger gezogenen Landwehrverlauf. Da bereits 1357 eine spätere Verfüllung der Gräben nicht ausgeschlossen wird, könnte dieser Fall später eingetreten sein und die Wolters Landwehr (mit Fortsetzung im Süden?) die Funktion der Anlage von 1357 im 15. Jh. übernommen haben.
Cornelia Kneppe

Landwehren im Fürstbistum Münster



 
Rekonstruktion der Stadtlandwehr von Borken auf der Ostseite der Stadt um 1357 auf der Grundlage der Urkatasterübersicht von 1824
 
 
Ein Blick auf die Gerichtsverhältnisse des Borkener Raumes zeigt, dass das Gebiet, in dem die Stadt die juristische Verfügungsgewalt besaß, aus den Freigerichten Gemen und Heiden sowie dem bischöflichen Gogericht Homborn herausgeschnitten war, und die Freistühle zum Oldendorp und zum Essekinch (im Südosten) markierten die Grenzen möglicher Erweiterung. Wann die Anfänge der städtischen Landwehr zu suchen sind, muss offen bleiben, da unterschiedliche Bedingungen westlich und östlich der Borkener Aa den Landwehrbau beeinflusst haben. Das beherzte Eingreifen der Borkener Bürger im Jahr 1323, die 84 geldrische Ritter besiegten, spricht für eine bereits damals gut ausgebildete Wehrorganisation der Stadt. Da ihre wichtigsten Ackerflächen auf der besonders gefährdeten Westseite lagen, ist eine Landwehrbefestigung auf dieser Seite bereits vor 1357 vorstellbar.
 
 
Literatur
Feldhaus, W.
Die Freigrafschaft Gemen, ihre Grenzen und Gerichtsstätten. Westmünsterland. Jahrbuch des Kreises Borken 1998, S. 255-264.

Heselhaus, A.
Die Borkener Landwehr. Unsere Heimat. Jahrbuch des Kreises Borken 1968, S. 94-97.

Siepe, B.
Archivalische Nachrichten über die Borkener Stadtlandwehr. Münsterländer Heimatkalender 1941, S. 138-140 (mit Rekonstruktionsversuch).

Wehling, F.
Die Landwehr um Borken. Urkundliche Belege aus dem Pfarr-Archiv. Heimatkalender des Kreises Borken 13, 1955, S. 721-723.


Abdruck aus: Cornelia Kneppe, Die Stadtlandwehren des östlichen Münsterlandes, Veröffentlichungen der Altertumskommission für Westfalen XIV, Münster 2004, S. 128f.