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Landwehr in Dülmen

 
 
 
Die Siedlung Dülmen, die sich um die karolingische Pfarrkirche St. Viktor und einen bischöflichen Haupthof entwickelt hatte, war aufgrund ihrer Lage am Schnittpunkt wichtiger Verkehrsverbindungen von Übergriffen der Grafen von der Mark bedroht. Nachdem die Verleihung von Stadtrechten durch Bischof Otto 1304 nicht wirksam geworden war, erfolgte unter dessen Nachfolger Ludwig von Hessen eine erneute Privilegierung 1311, die neben anderen Bestimmungen die Lösung der Bürger vom Gogericht vorsah.

Die Rekonstruktion der Stadtlandwehr von Dülmen beruht auf Nachweisen in den Urkatasterfluren VIII, Parz. 24-27; IX, Parz. 4; XIII, Parz. 174, 330. Auf sie zu beziehen ist auch das Teilstück "Wedhagen“ (XIV, Parz. 257) an der Straße nach Hausdülmen.

Die wenigen Teilstücke lassen sich im Süd- und Nordwesten, Westen und Osten in einem einheitlichen Abstand zur Stadt verfolgen. Im Südosten hat der Haselbach die Landwehr vermutlich auf einer längeren Strecke ersetzt, dann setzte die Landwehr bei Haus Engsterstein wieder ein. Die umfassende Rekonstruktion des Landwehrringes um die Stadt, die mit den nur wenigen Urkatasternachweisen allein nicht zu leisten gewesen wäre, orientiert sich an den Stadtgrenzen nach der Markenteilung 1827-1844. Ergänzt wurde sie durch die wertvollen Angaben einer 1809 vorgenommenen Scheidung des Stadtbezirkes von der übrigen Mitwicker Mark auf der Grundlage des Landwehrverlaufes (Stadtarchiv Dülmen Akten Nr. 729). Schon damals bestanden Unsicherheiten, weil die Landwehr bereits seit der Mitte des 17. Jhs. von der Stadt veräußert worden war. Deutlich wird, dass sie von jeher die Dülmener Stadtfeldmark von der Mitwicker Mark geschieden hat.

Aus dem Jahr 1408 stammt der bislang älteste bekannte Beleg für die Dülmener Stadtlandwehr (F.-W. Hemann), der ein Teilstück bei Gut Engsterstein betrifft. 1511 wurde zwischen der Stadt und dem Schwesternhaus Agnetenberg festgesetzt, dass dem Konvent kein zusätzlicher Besitzerwerb innerhalb der Landwehr gestattet wurde, eine Regelung, die die umfassende Einfriedung der Stadt erschließen lässt. Schlagbäume werden 1418 (Dovennych-Baum), 1442 (Wiesekens Baum) und 1505 (Vyftdicks Baum) genannt, von denen nur ersterer als Sperrbaum der Straße nach Olfen zu lokalisieren ist. 1809 waren noch der Kuhbaum und Krummenstraßenbaum in der südwestlichen Landwehr bekannt. Unbenamte Schlagbäume befanden sich 1809 an den Wegen nach Empte und Weddern, beim Weddeler Esch (Schlingbaum), bei Haus Engsterstein und an der Wewerinkenstraße.

Mit Ausnahme des bischöflichen Schultenhofes Hinderkinck lagen in der Neuzeit keine Höfe innerhalb der Feldmark, sondern nur das 1414 zuerst erwähnte Leprosenhaus, dessen zwischen 1438 und 1440 gestiftete Kapelle 1697 dem Neubau Kreuzkapelle diente, sowie die bis 1817 bewohnte Einsiedelei beim Hof Wewerink, 1812 Schauplatz der Entdeckung der Wundmale der Katharina Emmerinck. Hinzuweisen ist auf die 1480 genannte Pfeffermühle am Tiberbach, die Windmühle und den 1427 belegten Ziegelofen, der um 1500 aus der Stadt in die nördliche Feldmark verlegt wurde. Die Greinkuhle vor dem Lüdinghäuser Tor war Tagungsstätte des Gogerichtes Dülmen und soll um 1630 durch ein kleines Haus markiert gewesen sein. Ein städtischer Gerichtsplatz ist nicht eigens zu erschließen, so dass davon auszugehen ist, dass der Gerichtsplatz des Gogerichtes auf der Galgheide auch von der Stadt mitbenutzt wurde.
Die Landwehr markierte den der Stadt und den Straßengemeinschaften zugeordneten wirtschaftlichen Interessensbereich, dessen Verfügungsgewalt auf den Berechtigungen von (der Überlieferung nach 12) wüsten Höfen sowie des bischöflichen Richthofes beruhte.
Cornelia Kneppe

Landwehren im Fürstbistum Münster



 
Rekonstruktion der Stadtlandwehr von Dülmen auf der Katasterübersicht von 1827 nach W.-F. Hemann und C. Kneppe
 
 
Diese Hofstellen der ehemaligen Bauerschaften Lohusen, Bockholthusen, Korthusen und Gausebrock müssen noch relativ lange bestanden haben: Dies vermittelt die Kreditaufnahme von 100 Mark, die Bischof Ludwig von den "Butenbürgern“ 1335 als Schatzung erhielt. Ihre noch bestehenden Hofstellen wurden damals der Stadt zugerechnet. Erst nach Abschluss der Abwanderung der Hofbetreiber in die Stadt wird mit der Anlage der Landwehr zu rechnen sein, die Stadt und Land schied. Sie umfasste auch den Hof Hinderkinck, dessen Aufsitzer der Stadt 1404 einen Hausplatz am Markt zum Bau des Rathauses verkauften.

Eine Entstehung der Stadtlandwehr vermutlich im ausgehenden 14./frühen 15. Jh. legt nicht nur die späte Stadterhebung Dülmens 1311 nahe, sondern auch das von jeher sehr enge Verhältnis der Stadt zu den Bauerschaften bei der Nutzung der großen Mitwicker Mark. Schließlich sprechen auch die Angaben von A. Hölscher, zwischen Stadtmauer und Landwehr habe ursprünglich ein Hagen das Gartenland der Bürger geschützt (belegt 1442 vor dem Münstertor), für eine enger gezogene Vorstufe der späteren Landwehrbefestigung.
 
 
Literatur
Bielefeld, L.
Dülmen und seine Siedelstätten (Stadt Dülmen, Hausdülmen sowie die Bauerschaft Mitwick). Dülmen (1912).

Brathe, H. (Hrsg.)
Dülmen. Von der Bauerschaft zum zentralen Ort. Beiträge zur Geschichte der Stadt. Dülmen (1986).

Hölscher, A.
Geschichte der Wehrverfassung und des Schützenwesens. In: 400 Jahre Bürger-Schützenverein 1551 e.V. Dülmen. Jubiläums-Festschrift. Dülmen (1951), S. 12-20.

Kleimeyer, W.
Die 5 Straßengemeinschaften oder Sondergemeinden der Stadt Dülmen. Dissertation Münster (1940).


Abdruck aus: Cornelia Kneppe, Die Stadtlandwehren des östlichen Münsterlandes, Veröffentlichungen der Altertumskommission für Westfalen XIV, Münster 2004, S. 132f.