MEDIEN

(74 KB)   Ahnenauszug der Adelsfamilie von Fürstenberg / Münster, LWL-Medienzentrum für Westfalen/E. Uthmann   Ahnenauszug der Adelsfamilie von Fürstenberg / Münster, LWL-Medienzentrum für Westfalen/E. Uthmann
TITELAhnenauszug der Adelsfamilie von Fürstenberg


INFORMATIONIn zeitgenössischen Selbstdarstellungen Dietrichs von Fürstenberg (vgl.  Bild 2 und  Bild 8) fällt der genealogische, heraldische Nachweis seiner familiär-sozialen Herkunft auf. Sie demonstrierten die ständische Qualität seiner Familie und die Sippenkontinuität zur Legitimation von Rechten und Ansprüchen, zum Beispiel der persönlichen Freiheit", der Landtagsfähigkeit und Ritterbürtigkeit der Fürstenberger auf der Waterlappe im Unterschied zu den meist hörigen, unfreien Bauern. [1] Die Fürstenberger entstammten dem niederen Ministerial- oder Dienstadel. Ihre Vorfahren waren ursprünglich unfrei gewesen und hatten erst durch persönliche Dienste und Leistungen den standesmäßig niederen Adel erworben. Sie gewannen aber Ansehen und Einfluß durch eine umsichtige Familienpolitik (vorteilhafte Eheverträge, Erbschaften) und durch die erfolgreiche Bewirtschaftung neuerworbener Güter, zum Beispiel der landtagsfähigen Ritterburg auf der Waterlappe, wo sogar andere Adelige, Bürger und Geistliche als Lehnsleute verpflichtet waren. [2] Weil die ständische Abgrenzung des Ministerialadels vom rangmäßig ebenso niederen stadtadeligen Patriziat und bürgerlichen Honoratiorentum im 16. Jahrhundert noch unklar schien, verdienen die Bemühungen um Standeserhöhungen besondere Beachtung. So versuchten Paderborner Jesuiten, Gymnasiallehrer und Universitätsgelehrte, die angeblich hochadelige Abstammung der Fürstenberger von den Grafen von Oldenburg, bzw. von dem Sachsenherzog Widukind sowie andere ehren- und klangvolle Zusammenhänge nachzuweisen, um das Prestige, die hohe Autorität und den Ruhm des Fürstbischofs, seiner Familie zu vermehren. [3] (Erst 1659/1660 wurde den Fürstenbergern der Freiherrenstand zuerkannt. [4])

Die ständische Qualität familiärer Herkunft sicherte Rechts- und Erbansprüche, war Voraussetzung hoher, dem Adel vorbehaltener Kirchenämter und Pfründe. Darauf war eine gezielte Heiratspolitik der Verwandten im engen Familienkreis abzustimmen. Vor diesem Hintergrund ist zugleich die Anhäufung attraktiver, ertragreicher und leitender Kirchenämter zu verstehen, die der genealogischen, berufsbezogenen Übersicht der Fürstenberger auf der Waterlappe vor allem unter den Kindern Kaspars von Fürstenberg, eines Bruders des Fürstbischofs ersichtlich ist. Diese familiäre Amtstradition verdankte ihre Kraft und Dauer einem engen, ständisch orientierten Verwandtschaftskreis, innerhalb dessen Grenzen sie die Hochzeiten der Kinder und Amtsübergaben beschränkten, und der Anlehnung an eine machtvolle Staats- und Kirchenorganisation. Im geistlichen Kurfürstentum Köln, bzw. im zugehörigen Herzogtum "Westfalen", wo der Fürstenberger Grundbesitz in der Masse gelegen war (zum Beispiel Amt und Burg Bilstein / auf der Waterlappe, Gut Stirpe, Burg Höllinghoven, der Potthof bei Büderich, ein Haus in Hörde, Burg Schellenberg), hatten Kirchenämter für die regionale Entwicklung eine Schlüsselfunktion. ln ihr fielen geistliche und weltliche Aufgaben zusammen, so daß der Erwerb von Kirchenämtern besonders erstrebenswert war. Bei hohen, einflußreichen Kirchenpositionen war der Nachweis ausschließlich adliger, bzw. hochadliger Abstammung über mehrere Generationen von Vorteil. Attraktive Kirchenpfründe wurden bevorzugt, teils ausschließlich dem Hochadel - Fürsten, Herzöge, Grafen, Edelherren u.a. - zugewiesen.

Die mangelnde Unterscheidung von "Privat- und Amtssachen" erscheint als typisches Merkmal für das vorsäkulare und vorindustrielle Amtsbewußtsein und Lebensgefühl, die von Vorstellungen und Begriffen zum Beispiel der Kleinfamilie, der modernen Arbeitsteilung, der Alters(ver)sicherung oder der Unterscheidung von privaten und öffentlich-amtlichen Interessen und Vermögen noch völlig unberührt waren. [5] Erst in diesem Zusammenhang werden auch die persönlichen, halb privaten, halb amtlichen Stiftungen des Fürstbischofs Dietrich verständlich: u. a. 1604 Geschenk seiner Bibliothek an das Jesuitenkolleg, Armen- und Memorienstiftungen (insgesamt ca. 33.000 Taler), die Finanzierung einer Altarausstattung für die Kapelle seines Bruders Kaspar auf dem Schellenberg, die Wiedererrichtung der Paderborner Romkapelle vor dem Westerntor und deren Übergabe an die Jesuiten mit der Auflage, für das, Seelenheil der Fürstenberger Familie (!) zu beten. "So verflochten sich auch in der Sorge für das Jenseits Politik und Familiensinn ... " [6].

In dem Versuch, den Paderborner Bischofsthron seinem Neffen Friedrich, einem Sohn Kaspars von Fürstenberg, zu sichern, scheiterte er jedoch ebenso wie zuvor bei dem Bemühen seiner zusätzlichen Kandidatur 1590 für die Bischofswahl in Osnabrück. [7] Dennoch blieben Kirchenpfründe auch in der folgenden Zeit neben dem ererbten oder erworbenen Grundbesitz ein wichtiges Fundament familiärer, materieller Existenzsicherung. Dazu gehören zum Beispiel das Gut (Neu-)Fürstenberg bei Neheim und Gut Herdringen bei Rüsten, die Fürstbischof Dietrich 1615/1618 für seine Familie erwarb und die in der späteren Fürstenberger Geschichte und Schloß-Bautätigkeit eine zentrale Bedeutung erhielten. Herdringen dient bis zur Gegenwart als Familiensitz.

Der Ahnenauszug belegt die Versorgung beinahe aller nachgeborenen, unverheirateten Söhne und Töchter der Fürstenberg-Linie auf der Vaterlappe mit attraktiven Kirchenpfründen im kurkölnischen Herzogtum "Westfalen" und in angrenzenden geistlichen Territorien Münster und Paderborn. Diese ungewöhnliche Ämterhäufung in einer Familie war nur kraft einer zielstrebigen Vermischung von Familien- und Landespolitik möglich. Sie wurde gelegentlich als "Nepotismus" verurteilt. [8] Diese Kritik berücksichtigt freilich nicht die erwähnten sozialen Strukturen in den weitgehend noch von spätmittelalterlicher Lehns- und Ständeverfassung geprägten geistlichen Territorien. Das Bemühen, Einkünfte aus bestimmten Kirchen- oder anderen Ämtern und deren politischen Einfluß der eigenen Familie zu sichern, läßt sich in allen Ständen und Schichten, von der Bauernfamilie eines alten Hofes bis hin zum hochadeligen Grafenhaus nachweisen und ist keineswegs nur auf die katholische Konfession beschränkt. [9] Den Fürstenbergern gelang es in besonderem Maße, über mehrere Generationen ihren Kindern bedeutenden Grundbesitz, standesmäßig vorteilhafte Eheverträge oder attraktive Kirchenpfründe zu vermitteln. Unter diesem Gesichtspunkt wurde der Ahnenauszug hier ausgewählt Er zeigt zugleich die generationentiefe Verwurzelung der Fürstenberger im kurkölnischen "Westfalen" (vgl. Grundbesitz und Kirchenämter) und begründete die starke familien- und landespolitische Orientierung nach den Kölner Kurfürsten.


[1] Klocke / Theuerkauf, Fürstenbergsche Geschichte - Band 2, S. 1, 9ff.
[2] Klocke / Theuerkauf, Fürstenbergsche Geschichte - Band 2, S. 4f.
[3] Klocke, Friedrich von (Bearb.), Fürstenbergsche Geschichte, Band 1 (Die Geschichte des Geschlechts von Fürstenberg bis um 1400), Münster 1939, S. 1, 16ff.
[4] Klocke, Fürstenbergsche Geschichte - Band 1, S. 21f.
[5] Theuerkauf, Gerhard, Kaspar von Fürstenberg, in: ders., Lahrkamp, Helmut, Richtering, Helmut und Manfred Schöne (Beerb.), Fürstenbergsche Geschichte, Band 3, Münster 1971, S. 1ff.
[6] Theuerkauf, Dietrich von Fürstenberg, S. 39.
[7] Klocke, Fürstenbergsche Geschichte - Band 1, S. 30,38.
[8] Vgl. Rothert Hermann, Westfälische Geschichte, Band 2 (Das Zeitalter der Glaubenskämpfe), Gütersloh 1950, S. 115.
[9] Mitgau, Hermann, Geschlossene Heiratskreise sozialer Inzucht, in: Deutsches Patriziat 1430-1740, Band 3 der Schriften zur Problematik der deutschen Führungsschichten in der Neuzeit hg. i. A. d. Ranke Gesellschaft Vereinigung f. Geschichte im öffentl. Leben, Limburg / Lahn 1968, S. 2.
Vgl. Steinbicker, Klemens, Das Beamtentum in den geistlichen Fürstentümern Nordwestdeutschlands, in: Beamtentum und Pfarrerstand 1400 -1800, Büdinger Vorträge 1967, hg. v. Günter Franz, Band 5 der Schriften zur Problematik der deutschen Führungsschichten in der Neuzeit, hg. v. Günter Franz i. A. d. Ranke Gesellschaft Vereinigung f. Geschichte im öffentl. Leben, d. Instituts z. Erforschung historischer Führungsgeschichten, Limburg / Lahn 1972, S. 11. Vgl. Arnold Vogt, Die Pfarrerfamilien Simonis zwischen Reformation und Säkularisation, in: Beiträge zur westfälischen Familienforschung, Band 40, Münster 1982, S. 117-198.


FORMATjpg


FOTO-PROVENIENZMünster, LWL-Medienzentrum für Westfalen/E. Uthmann


QUELLE    Vogt, Arnold | Die Gegenreformation im Paderborner Land | Dia 03, S. 21f.
PROJEKT    Diaserie "Westfalen im Bild" (Schule)

SYSTEMATIK / WEITERE RESSOURCEN  
Typ95   Grafik, Schaubild, Diagramm
Zeit3.1   1500-1549
3.2   1550-1599
Ort2.28   Paderborn, (Fürst-)Bistum < - 1802>
DATUM AUFNAHME2004-02-26
AUFRUFE GESAMT4552
AUFRUFE IM MONAT308