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(124 KB)   Schrein des Heiligen Liborius im Paderborner Dom / Münster, LWL-Medienzentrum für Westfalen/E. Uthmann   Schrein des Heiligen Liborius im Paderborner Dom / Münster, LWL-Medienzentrum für Westfalen/E. Uthmann
TITELSchrein des Heiligen Liborius im Paderborner Dom


INFORMATIONTrotz der Kämpfe um das Fürstbistum während des 30jährigen Krieges hatte der Protestantismus dort keine Chance. In dieser Zeit konnte Fürstbischof Ferdinand I. (Herzog von Bayern, 1618-1650) die letzten evangelischen Gemeinden beseitigen (u. a. Lügde und Pyrmont). Eine wichtige Hilfe fand er - in Westfalen während seiner Abwesenheit - in dem unerschrockenen Verfechter des katholischen Bekenntnisses Weihbischof Dr. Johannes Pelcking (1574-1642), unter dem die Reliquien des hl. Liborius nach Paderborn 1627 zurückgeführt wurden. [1] Sie waren zeitweilig im Kloster Marienforst bei Bonn aufbewahrt und von dort Anfang des Jahres 1627 nach Schloß Neuhaus gebracht worden. Ihre feierliche Rückführung nach Paderborn im neuen Glanz eines eigens neugeschaffenen Schreins wurde zu einem Triumph; denn das Material war aus dem von Christian von Braunschweig erbeuteten Paderborner Silber, bzw. aus den von ihm geprägten Christians-Talern" gewonnen worden. [2] So wurde schon wenige Jahre nach dem Raub und der Zerstörung des alten "mit wertvollen Steinen besetzten, vergoldeten Silberschreins" ein neuer kostbarer Schrein (von dem Künstler Hans Krako aus Dringenberg) geschaffen. [3]

Der neue Schrein hat die äußere Form eines langgestreckten Hauses, das auf einem breiten Plattensockel (135 x 50 cm) ruht Auf den beiden Dachflächen sind die Bistumspatrone St Kilian und St Liborius in vollem Bischofsornat und in halber Lebensgröße - zwischen Medaillons mit den vier großen lateinischen Kirchenlehrern (Ambrosius, Hieronymus, Augustinus, Gregor der Große) zu sehen. Die Längsseiten des Schreins sind durch freistehende Säulen gegliedert, zwischen denen die zwölf Apostel als Freifiguren stehen. Auf einer Giebelseite (s. linkes Bild) ist eine Darstellung des biblischen Geschehens auf Golgotha angebracht, ebenfalls zwischen freistehenden, zierlichen Säulen: vor dem Hintergrund einer türmereichen Stadt, vielen Soldaten und Zuschauern, im Flachrelief: Christus am Kreuz, Maria und Johannes als Freifiguren. Auf der anderen Giebelseite (s. rechtes Bild) trägt der Giebel eine sitzende Madonna mit Kind, umgeben von Ornamenten und Engelchen. Darunter befindet sich eine flache Rundbogennische, eingerahmt wieder von zwei freistehenden, zierlichen Säulen. Auf dem Mittelfeld ist eine lateinische Inschrift zu lesen, die sich mit den folgenden Worten übersetzen läßt
"Gott dem Allgütigen und Allerhöchsten und der Jungfrau Maria (geweiht)! Dieses neue Denkmal des hl. Liborius, des Paderborner Schutzpatrons, haben die Eheleute Wilhelm Westphal, Statthalter, und Elisabeth von Loe herstellen lassen, nachdem das alte von rasenden Soldaten in betrüblichen Zeiten mit unglücklichem Ausgang geraubt war, um seine (des hl. Liborius) Ehre und die bis dahin für verloren gehaltene Unversehrtheit der Heimat wiederherzustellen." [4]
Diese Inschrift läßt deutlich den Sühnegedanken erkennen. Sie erwähnt auch die Stifter, unter denen Elisabeth von Loe die frühere Witwe des calvinistischen Edelherren Joachim von Büren war (vgl.  Bild 12)! 24 Ahnenwappen der Stifter sind in der Sockelzone unterhalb der Apostel angebracht Zwischen den Stifterwappen wurde eine Fläche mit vorgebauten Löchern freigelassen, die wohl für das Wappen eines (vergeblich) ersehnten Stammhalters bestimmt war. In Erwartung eines Sohnes wurde der Schrein vermutlich in Auftrag gegeben, [5] so daß der Schrein ebenso eine Votivgabe für den Fortbestand der Familie darstellt Hier fällt wieder das enge Wechselspiel von Kirchen-/Landes- und Familienpolitik auf (vgl.  Bild 2,  Bild 3,  Bild 8).


[1] Hömberg, Landesgeschichte, S. 240. Brandt, Hans Jürgen und Karl Hengst, Die Weihbischöfe in Paderborn, Paderborn 1986, S. 99-106. Brandt/Hengst, Bischöfe von Paderborn, S. 232. Schröer, Kirche in Westfalen, Band 2, S. 137f., 142f.
[2] Richter, W., Paderborn, in: Ludorff, Bau- und Kunstdenkmäler, S. 87. Liborius im Hochstift Paderborn, seine Verehrung in Werken der Architektur und der bildenden Kunst, eine Ausstellung der Erzdiözese vom Erzbischöflichen Diözesanmuseum, Katalog, Münster 1986.
[3] Michels, Paul, Heraldik am Liborischrein zu Paderborn, in: Westfalen - Heft für Geschichte, Kunst und Volkskunde, Band 45, Münster 1967, S. 265. Siehe Becker, Schloß Neuhaus, S. 40: der Selige Meinwerk. St. Kilian (gest. um 689), Missionar in Franken, Bischof von Würzburg, Einsiedler und Märtyrer, seine Reliquien wurden 788 in Gegenwart Karls des Großen in den Würzburger Dom übergeführt.
[4] Die lateinische Inschrift lautet: "D.O.M. / V.M. / SANCTI LIBORII / PATRONI PADERBORNENSIS MO- / NVMENTVM HOC NOVUM / PRI- / ORE A VESANO MILITE PER / CALAMITOSA TEMPORA INFELICI EXITV SVPRETO, EIVS / HONORI ET PATRIAE HACTE- / NVS DEPLORATAE INCOLVMI- / TATI RESTAV- / RANDIS. WILHELMVS WESTPHAL / ARCHISATRAPA, ET ELISABETH / A LOE, CONIVGES FIERI FECERVNT / ANNO C | C [seitenverkehrt] | C [seitenverkehrt] C XXVII. [zu lesen als MDCXXVII]". Darunter: "DISE ARBEIT HABE ICH HANS KRAKO ZVM DRINGENBERG GEMACHT VON SOLGEN DALER ALS HIR VNDEN BIGELACHT SIND. A. 1627." Siehe Schmitz, Karl Josef, Die Kirchenbaukunst der Jesuiten in Westfalen, in: Jaszai, Monastisches Westfalen / Katalog, S. 479f.
[5] Michels, Heraldik, S. 266.


TECHNIKFoto
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FOTO-PROVENIENZMünster, LWL-Medienzentrum für Westfalen/E. Uthmann


QUELLE    Vogt, Arnold | Die Gegenreformation im Paderborner Land | Dia 11, S. 41f.
PROJEKT    Diaserie "Westfalen im Bild" (Schule)

SYSTEMATIK / WEITERE RESSOURCEN  
Typ35   Bildmaterial (Reproduktion, Foto)
Ort2.28   Paderborn, (Fürst-)Bistum < - 1802>
Sachgebiet16.2   Katholische Kirche
DATUM AUFNAHME2004-02-26
AUFRUFE GESAMT5503
AUFRUFE IM MONAT280