MEDIEN

(89 KB)   Rathaus Attendorn / Münster, LWL-Medienzentrum für Westfalen/S. Sagurna   Rathaus Attendorn / Münster, LWL-Medienzentrum für Westfalen/S. Sagurna
TITELRathaus Attendorn


INFORMATIONIhre Wurzeln hat die Stadt Attendorn in einem gegen Ende des 8. Jahrhunderts an einer Furt der Bigge entstandenen Markt- und Pfarrort, auf dessen langsames Wachstum noch heute die unregelmäßigen Straßenzüge im Stadtkern hinweisen. Im Jahr 1072 übertrug Erzbischof Anno ll. von Köln den Haupthof und die Kirche zu "Attandarra" an die von ihm gestiftete Benediktinerabtei Grafschaft, und 150 Jahre später erhob Erzbischof Engelbert I. Attendorn zur Stadt, ließ sie befestigen und verlieh ihr das Stadtrecht nach Soester Vorbild.

Rasch entwickelte sich Attendorn im 13. und 14. Jahrhundert zu einer Stadt von weitreichender wirtschaftlicher und politischer Bedeutung. Als Mitglied der Hanse betrieb sie mit heimischen Tuchen sowie Eisen- und Stahlwaren vor allem über Köln einen ansehnlichen Fernhandel bis nach Flandern, England und dem Ostseeraum. Zugleich war Attendorn Mittelpunkt eines wichtigen kurkölnischen Territorialgebietes, worauf die Bewidmung der Städte Olpe, Drolshagen und Menden mit Attendorner Recht und die nachfolgende Oberhoftätigkeit hindeutet. Auch beteiligte sich die Stadt an verschiedenen Städtebündnissen: 1255 trat sie dem Rheinischen, 1270 dem Westfälischen Städtebund bei, und ab 1307 wirkte sie aktiv an landständischen Verträgen mit.

Das Wachsen der Wirtschaft und des Wohlstandes der Einwohner führte zu einer verstärkten Bautätigkeit in der Stadt. Mit dem Bau eines Rathauses begannen die Bürger vermutlich in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts, da dessen Maßwerkfenster im Obergeschoß auffällig denen des Chores der gegenüberliegenden Pfarrkirche ähneln, die nachweislich in der Mitte des Jahrhunderts entstanden sind. Das Rathaus, in dem sich heute das Kreisheimatmuseum befindet, steht am Marktplatz, dem Schnittpunkt der ehemaligen Heidenstraße (Köln-Kassel) mit dem Königsweg (Siegen-Soest). Seine ursprüngliche Gestalt ist nach zahlreichen Bränden im 18. und 19. Jahrhundert stark verändert worden. In den Jahren 1961-1967 wurde dieser älteste gotische Profanbau im südlichen Westfalen in seiner mittelalterlichen Erscheinungsform wiederhergerichtet, die auf einer Bildtafel in der Pfarrkirche überliefert ist. Während der Zeit der Gotik trat an die Stelle des romanischen Rundbogens der Spitzbogen, der die allgemein stark vertikale Tendenz gotischer Bauten noch betonte. Zudem begünstigte der Spitzbogen die Konstruktion der Bauten, da sein Seitenschub wesentlich geringer ist und auf diese Weise die Mauer entlastet wird, in die nun zahlreiche breite und hohe Fenstern eingefügt werden konnten.

Das traufenständige Rathaus aus verputztem Bruchsteinmauerwerk öffnet sich im Erdgeschoß der zum Markt gerichteten Traufenseite und an der westlichen Giebelseite in spitzbogigen Arkaden. Die Pfeiler sind durch vertiefte Wandfelder, Kreis- und Vierpässe gegliedert, wie sie ähnlich auch am Langhaus der Pfarrkirche zu beobachten sind. Bei der Restaurierung des Rathauses ist versucht worden, den Charakter der ehemaligen offenen Kaufhalle durch den Einbau von Glaswänden zwischen gegeneinander versetzte Betonstützen wiederherzustellen. Im Mittelalter befand sich im Erdgeschoß zusätzlich ein gesonderter Raum, die Eichkammer, in welcher der Rat die für den Markt notwendigen Meß- und Eichgeräte aufbewahrte und die später auch als Gefängnisraum genutzt wurde. Hinter den Maßwerkfenstern mit je einem Vierpaß und zwei Dreipässen im Obergeschoß lag ehemals der Rats-, Gerichts- und Tanzsaal. Die Schmalseiten des Rathauses sind mit schlichten Staffelgiebeln ausgestattet.

Auf der Marktseite befinden sich im Obergeschoß noch zwei Nischen, die westliche mit einem Dreipaß, die östliche mit einer Kreisöffnung innerhalb eines quadratischen grünen Sandsteins. In letzterer hat sich eine Besonderheit erhalten: Ein Lavabo, der mittelalterliche Vorläufer eines modernen Waschbeckens mit Wasserkran. In der Nische vor dem Fenster hängt über einer Abflußrinne, die ursprünglich wohl einen Wasserspeier nach außen besessen hat, ein bronzener Kugeltopf mit zwei Ausgußtüllen. Der Topf ist an einem Eisenstab beweglich aufgehängt, so daß er gekippt werden kann, um das Wasser herauslaufen zu lassen, das sich dann in der Querrinne unter dem Gefäß sammelt. Seinen Ursprung hat der besonders in der niederländischen Malerei auf zahlreichen Innenraumdarstellungen des 15./16. Jahrhunderts dargestellte Lavabo in der symbolischen Handwaschung des Priesters während der lateinischen Messe, doch wurde er für liturgische Handlungen, die im 14. Jahrhundert vor oder nach der Rats- bzw. Gerichtssitzung vollzogen wurden, auch im Rathaus genutzt.


Literatur

Attendorn 1222-1922
Festschrift zum 700-jährigen Bestehen der Stadt Attendorn, Attendorn 1922.

P. Pieper
Alte Kunst im kurkölnischen Sauerland von der Romanik bis zum Barock, 7. Aufl., Attendorn 1972, S. 12-13.


TECHNIKFoto
FORMATjpg


FOTO-PROVENIENZMünster, LWL-Medienzentrum für Westfalen/S. Sagurna


QUELLE    Killing, Anke | Historische Rathäuser in Westfalen | Dia 03, S. 18-20
PROJEKT    Diaserie "Westfalen im Bild" (Schule)

SYSTEMATIK / WEITERE RESSOURCEN  
Typ35   Bildmaterial (Reproduktion, Foto)
Ort1.9.1   Attendorn, Stadt
Sachgebiet3.11   Städte und Gemeinden, Ober-/Bürgermeister/Ober-Bürgermeisterin, Mitarbeiter
15.8   Architektur, Baudenkmäler, Architekt/Architektin
DATUM AUFNAHME2004-02-26
AUFRUFE GESAMT155
AUFRUFE IM MONAT50